Familie und Herrschaft
Zu Beginn werden in einem Prolog die politischen Konstellationen
und die dynastischen Verbindungen der wichtigsten Protagonisten
aufgezeigt. Der Rückgriff auf die zeittypische Weltdeutung
durch die Astrologie (erinnert wird hier auch an Wallenstein
und Kepler) stimmt die Besucher auf einen wesentlichen Teil
des Denkens der Zeit in kosmischen Zusammenhängen ein.
Sofern sich keine zeitgenössischen Aufzeichnungen erhalten
haben, werden eigens moderne Horoskope erstellt. Kostbare astronomische
Instrumente der Zeit - darunter ein in Amsterdam 1594 gefertigter
Himmelsglobus, das weltweit einzige Stück dieser Art bilden
die Schaustücke für diesen Auftakt der Ausstellung.
Friedrich von der Pfalz begegnet gleich darauf persönlich.
Aus seiner Kinderzeit haben sich unter anderem ein calvinisches
Gebetbuch und sogar sein Lateinübungsheft erhalten. Heute
befinden sich diese Stücke in der Bibliotheca Vaticana
- als Kriegsbeute wurden sie mit der berühmten Bibliotheca
Palatina von Bayerns Kurfürsten Maximilian nach Rom geschenkt.
Einen ersten Höhepunkt höfischen Glanzes vermittelt
die Abteilung zur königlichen Hochzeit von 1613. Der 16-jährige
Kurprinz Friedrich ehelichte in London die gleichaltrige Elizabeth
Stuart, die Tochter des englischen Königs. Zu den prächtigen
Hochzeitsfeierlichkeiten gehörte auch die Aufführung
sogenannter "Masques", einer Mischform aus Schauspiel, Oper und
Ballett. Aufnahmen von zeitgenössischer Musik und theatralische
Inszenierungen entführen die Besucher in die Welt des englischen
Hofs. Die überaus prunkvollen Überfahrten von Großbritannien
auf das Festland leben in den großformatigen Gemälden
der "Schiffsbilder" wieder auf.
Anschließend werden die Herrschaftsgebiete des jungen
Kurfürstenpaares vorgestellt. Dies waren die territorial
stark zersplitterte Unterpfalz mit dem geographischen Schwerpunkt
der Residenz Heidelberg sowie das relativ homogene Gebiet der
Oberen Pfalz mit der Residenz Amberg. In der Abteilung zu Heidelberg
wird mit Modellen und zeitgenössischen Gemälden das
Schloss und der von Friedrich V. in Auftrag gegebene "Hortus
Palatinus" vorgestellt. Dieses Projekt eines neben dem Schloss
im schwierigem Gelände angelegten Renaissancegartens wurde
von Zeitgenossen als "achtes Weltwunder" gepriesen. In Amberg
wird Jacques Fouquieres hochrangiges Gemälde des "Hortus
Palatinus" gezeigt, das eigens vor der Ausstellung einer Restaurierung
unterzogen wird.
Die Oberpfalz
Die Obere Pfalz lieferte die finanziellen Grundlagen für
den Reichtum der Kurpfalz an Rohstoffen, vor allem durch das
Oberpfälzer Eisen. Die Residenz Amberg war zugleich das
Zentrum einer Bergbau- und Hüttenlandschaft, deren wirtschaftliche
Verbindungen insbesondere nach Böhmen sowie zu den Handels-
und Gewerbestädten Regensburg und Nürnberg reichten.
Die Besucher werden Eisenerz aus dem Amberger Erzberg ebenso
wie das böhmische Zinn, mit dem der Amberger Reichtum eng
verbunden war, "zum Anfassen" vorfinden. Ebenso wichtig wie diese
materielle Basis waren die geistigen Grundlagen der Herrschaft
Friedrichs: Als Calvinist führte er die protestantische
Partei im Reich. Eine Abtei-lung stellt die Grundzüge des
Calvinismus vor, unter anderem durch Abendmahlsgerät aus
dem Umkreis des damaligen kurpfälzischen Hofpredigers Abraham
Scultetus.
Böhmen
Wenn man das Territorium der Ober- und Unterpfalz mit dem Gebiet
der böhmischen Länder (zu Beginn des 17. Jahrhunderts
Böhmen, Mähren, Schlesien, die Ober- und die Niederlausitz)
vergleicht, so erkennt man den Anspruch, der mit der Übernahme
der Krone Böhmens durch Friedrich verbunden war. Zeitgenössische
Gemälde und Gegenstände aus der Prager Burg zeigen
den Reichtum Böhmens vor dem Dreißigjährigen
Krieg. 1618 erschütterte eine Revolution nicht nur Böhmen,
sondern auch Europa: Die böhmischen Stände entledigten
sich der Statthalter des Hauses Habsburg im "Prager Fenstersturz" und
gaben sich 1619 in der "Confoederatio Bohemica" eine neue Verfassung.
Als ihren König wählten sie Friedrich von der Pfalz.
Warum entschied sich Friedrich für das Wagnis Böhmen?
In einer Black-Box-Inszenierung werden die vielfältigen
Stimmen der Ratgeber laut und man kann erfahren, wie offen der
Ausgang und wie schwierig die Entscheidung für den jungen
Kurfürsten war.
Die Schlacht am Weißen Berg
Der Waffengang wurde von einer umfangreichen Medienkampagne
um den "Winterkönig" begleitet: Zu wenigen Themen gab es
in der frühen Neuzeit vergleichbar viele Flugblätter
und Flugschriften wie zu den Geschehnissen um Friedrich V. Dieser "Krieg
der Federn", der eine wichtige Station in der Geschichte der
Massenkommunikation bedeutet, wird nicht nur mit originalen Flugblättern,
sondern auch in modernen Medienstationen präsentiert.
Die Folgen
Die Folgen der Schlacht am Weißen Berg betrafen Böhmen,
die Oberpfalz und die Unterpfalz in besonderem Maße. Böhmen,
Mähren und Schlesien wurden eng an das Haus Habsburg gebunden.
Sachsen erhielt die Ober- und Niederlausitz. Die Unterstützer
der böhmischen Ständeregierung traf ein schweres Strafgericht;
viele Familien mussten das Land verlassen oder ihre Konfession
wechseln. Bis heute wirken die öffentlichen Hinrichtungen
auf dem Altstädter Ring in Prag 1621 als nationale Demütigung;
in der Ausstellung werden originale Zeugnisse von diesen Ereignissen
zu sehen sein. Eine teilweise vergleichbare Entwicklung ist auch
in der Oberpfalz festzustellen, die zunächst als Pfandbesitz
an Maximilian I. übergeben wurde, der sie 1628 endgültig
Bayern einverleibte. Mit Hilfe der Jesuiten setzte Kurfürst
Maximilian I. die Rekatholisierung des Gebietes durch. Wie gründlich
man vorging, zeigt auch die Verbrennung von reformatorischer "Ketzerliteratur".
In der ehemaligen Amberger Jesuitenbibliothek haben sich allerdings
noch einige der "Ketzerbücher" erhalten, mit deren Hilfe
hier die drei Konfessionen in drei Musterbibliotheken vorgestellt
werden können. Die Neuausstattung der in calvinistischer
Zeit leeren Kircheninnenräume wird durch Altarbilder, die
geistliche Theaterkultur der Jesuiten durch Theaterprospekte
und Theaterstücke der Jesuiten vor Augen geführt.
Zwischen 1620 und 1622 eroberten spanische und bayerische Truppen
die links- bzw. rechtsrheinische Pfalz mit Heidelberg. Die Truppen
des bayerischen Feldherren Tilly plünderten drei Tage lang
die Stadt Heidelberg. Eindrucksvolle Spuren dieser pfälzischen
Leidenszeit, die sich bis zum Ende des Dreißigjährigen
Krieges hinzog, zeigt der erst kürzlich gehobene sogenannte
Heidelberger "Tilly-Schatz", der zugleich Einblicke in das Soldatenleben
der damaligen Zeit gewährt. Es handelt sich um Ausgrabungen
aus ehemaligen Kriegslagern, die vor der Landesausstellung in
Amberg noch nie in größerem Umfang der Öffentlichkeit
präsentiert wurden. Die Pfalz verlor die Kurwürde an
Maximilian I. von Bayern. Dieser hatte sein Land zielstrebig
zu einem innerlich gefestigten, nach außen selbständig
agierenden Machtfaktor in Konkurrenz zu Habsburg werden lassen.
Unterschiedlichere Herrscherfigurenals Friedrich von der Pfalz
und Maximilian von Bayern sind kaum denkbar. Und doch markie-ren
beide Protagonisten die zeittypischen "Möglichkeiten von
Herrschaft". Bevor die Besu-cher dem "Winterkönig" ins niederländische
Exil folgen, werden deshalb anhand einiger exemplarischer Objekte
die Herrschaftsrepräsentation, die Kunstpolitik, die Landesherrschaft
und der Frömmigkeitsstil Maximilians skizziert.
Das Exil
Dank seiner engen verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Statthaltern
der Niederlande - Friedrichs Mutter Louise Juliane war die Schwester
des Statthalters Maurits von Oranien - sowie der konfessionellen
und politischen Verbindungen fand der geächtete "Winterkönig" mit
seiner Familie 1621 Aufnahme in Den Haag. Finanziell unterstützt
von den Niederlanden und dem englischen Königshaus führten
Friedrich und Elizabeth dort schon bald einen eindrucksvollen "Böhmischen
Hof" und errichteten in Rhenen eine prächtige Sommerresidenz.
In der Abteilung "Exil" soll dem Besucher vor allem ein lebendiger
Eindruck des Lebensstils, den die Winterkönigsfamilie und
ihr Hof in den Niederlanden pflegte, vermittelt werden. Höhepunkte
der Abteilung werden dabei einige hochrangige Gemälde der
niederländischen Malerei sein, die beispielhaft für
die umfangreichen Kunstaufträge des Winterkönigs und
der Winterkönigin stehen. Zudem sind einige seltene dreidimensionale
Exponate aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts abgerissenen Königshaus
in Rhenen zu sehen.
Die Kinder
Zum Abschluss des Ausstellungsrundgangs rücken die Kinder
des Königspaares in den Mittelpunkt. Sechs von ihnen, deren
Lebensläufe sich fast romanhaft entwickelten, werden in
einzelnen kleinen Kabinetten vorgestellt. Der erstgeborene Sohn
Friedrich Heinrich starb als Knabe bei einem tragischen Schiffsunglück,
der in Prag geborene Rupert "the cavalier" erzielte als Admiral
für England militärische und diplomatische Erfolge.
Karl Ludwig konnte 1649 wieder als Kurfürst in Heidelberg
einziehen. Die nach dem Gastland benannte Louise Hollandine,
eine begabte Malerin, von der auch Werke in der Ausstellung vertreten
sein werden, floh vom Hof ihrer Mutter, konvertierte und wurde Äbtissin.
Durch Zufälligkeiten der Erbgänge wurde Sophie schließlich
Stammmutter des englischen Königshauses Hannover.
Ganz am
Schluss tritt in einem Epilog nochmals die Familie des Winterkönigs
in ihrer Gesamtheit in einem großformatigen Gemälde
des Hofmalers Honthorst auf - eine Familie, die den politisch
so erfolglosen König Friedrich in seinen Nachkommen zu einem
der Stammväter verschiedener europäischer Herrscherhäuser
machen sollte. |