Der Ausstellungsrundgang – ein einzigartiger Einblick
in die Geschichte der modernen und zeitgenössischen Fotografie
Die Ausstellung „Weltstars der Fotografie – Die
Preisträger der Hasselblad Foundation“ präsentiert
auf einer Ausstellungsfläche von rund 800 m² über
250 Arbeiten renommierter Fotografen, die für ihr künstlerisches
Schaffen mit dem Hasselblad Award geehrt wurden.
Nach einer kurzweiligen Einführung in die Geschichte des
Hasselblad Awards beginnt der Ausstellungsrundgang mit den weltberühmten
Wissenschaftsfotografien von Lennart Nilsson. Er erhielt 1980
als erster die Auszeichnung. In chronologischer Reihenfolge stellt
die Ausstellung die einzelnen Preisträger vor, darunter
auch den in Mannheim lebenden Fotografen Robert Häusser,
der im Jahr 1995 die ehrenvolle Auszeichnung erhielt. Die Schau
endet schließlich mit den Arbeiten der diesjährigen
Preisträgerin Graciela Iturbide.
In einzigartiger Weise erhält der Ausstellungsbesucher
Einblick in die innovativen Veränderungen, die die klassische
Moderne und zeitgenössische Fotokunst geprägt haben.
Die in der Ausstellung präsentierte Auswahl an fotografischen
Arbeiten basiert größtenteils auf den Sammlungsbeständen
der Hasselblad Foundation. Obwohl es keinen festen Sammlungskriterien
folgen kann, da sich die Auswahl der Werke aus den Arbeiten der
jeweiligen Preisträger erschließt, hat der Bestand
der Hasselblad Foundation dennoch einen verbindenden Kern: Er
spiegelt das Neue in der Fotokunst des 20. und 21. Jahrhunderts
wider. Den Ausstellungsbesucher erwartet eine scheinbar unbegrenzte
Bandbreite sowie ein überzeugender Facettenreichtum
moderner Fotografie. Er begegnet der medizinischwissenschaftlichen
Fotografie eines Lennart Nilssons (1980), der Landschaftsfotografie
eines Ansel Adams (1981), der Modefotografie wie sie Richard
Avedon (1991), Irving Penn (1985) und William Klein (1990) prägten,
der Reportagefotografie eines Henri Cartier-Bresson (1982), Edouard
Boubat (1988), Hiroshi Hamaya (1987), Sune Jonsson (1993), Christer
Strömholm (1997), Malick Sidibé (2003) und einer
Graciela Iturbide (2008), dem Vertreter der Streetfotografie
Lee Friedlander (2005) und der sozialdokumentarischen Fotografie
eines Manuel Álvarez Bravo (1984), Josef Koudelka (1992),
Sebastião Salgado (1989), einer Susan Meiselas (1994),
eines Boris Mikhailov (2000), David Goldblatt (2006) und einer
Nan Goldin (2007), der künstlerischen Fotografie Robert
Häussers (1995), der experimentellen Fotografie Ernst Haas’ (1986),
Robert Franks (1996) und William Egglestons (1998) und der seriell-konzeptionellen
Fotografie eines Hiroshi Sugimotos (2001) und des Künstlerpaars
Ernst und Hilla Becher (2004) sowie der inszenierten Fotografie
Jeff Walls (2002) und Cindy Shermans (1999).
Jeder einzelne der genannten Fotografen entwickelte im Verlauf
seines künstlerischen Schaffens eine ihm eigene Sicht- und
Wahrnehmungsweise auf die ihn umgebende Welt. Sei es die klare
Formensprache eines Álvarez Bravo, der archäologisch
anmutende Blick des Künstlerpaares Bernd und Hilla Becher,
der respektvolle „coup de foudre“ eines Edouard Boubat,
Henri Cartier-Bressons Auslösen im „entscheidenden
Moment“, der experimentelle Umgang mit Farbfotografien
bei William Eggleston, die Spontanität eines Robert Frank,
die montageartigen Kompositionen eines Ernst Haas, die hintergründig-philosophische
Herangehensweise eines Robert Häusser, die Schonungslosigkeit
einer Nan Goldin oder die Bedeutung der Inszenierung bei Jeff
Wall und Cindy Sherman. Die künstlerischen Fotografien sind
keine bloßen Spiegelbilder der Realität, sondern präsentieren
in der ihnen eigenen Art und Weise die subjektive Perspektive
und Interpretation des abgebildeten Objekts.
Viele Hasselbladpreisträger beherrschen in der Regel mehrere
Genres der Fotokunst. Wie David Goldblatt, der zwischen professional
work – den Auftragsarbeiten für Zeitschriften und
Werbeagenturen – und personal work – dem künstlerischen
Arbeiten – unterschied, haben viele Fotokünstler auch
als Bildjournalisten oder Mode- und Reportagefotografen gearbeitet.
Mehr als die Hälfte der Preisträger weist starke bildjournalistische
Tendenzen auf: Soziokulturelle und ethno-kulturelle Aspekte spielen
in den Bildern eines Hamaya, Salgado, Koudelka, Mikhailov, Sidibé und
einer Iturbide eine wichtige Rolle. Ihre Bilder dokumentieren
gesellschaftliche oder politische Systeme und Ethnien in ihren
Alltags- und Lebenswelten.
Allgegenwärtig scheint in der Ausstellung die Frage nach
der Rolle und Bedeutung der Fotografie zu sein. „Die Fotografie
verleiht Dauer, sowohl dem Fotografen als auch dem Motiv. Sie
ist der Versuch, ein Stück Realität dem Strom der Erscheinungen
zu entreißen, die Zeit zu versiegeln und gegen ihr Verrinnen
anzugehen“, so Ausstellungskurator Dr. Claude W. Sui. Heute
ist das Fotografieren ein fester Bestandteil des Alltags geworden.
Kinderleicht ist der Umgang mit digitalen Kameras, auf denen
Unmengen an Daten private Ereignisse festhalten, die für
die einzelnen als Erinnerungsbild auf Festplatten gespeichert
werden, oder ausgedruckt in Bilderrahmen oder Fotoalben ihren
Platz finden. Die Fotografie dient heute jedermann als Instrument,
um Vergangenes vor dem Vergessen zu bewahren. Sie ist ein scheinbar
authentisches Abbild unserer Welt und dient als Informations-
und Dokumentationsträger.
Die Rolle des Fotografen kann tatsächlich beobachtend oder
dokumentierend sein, aber auch inszenierend und interpretierend.
Sie kann zurückhaltend, aber auch aggressiv einmischend
sein. Die Rolle des Fotografen kann auf den Betrachter der Bilder übergehen.
So beeinflusst der Fotograf nicht nur seine eigene Sichtweise
auf die Welt, sondern schärft, sensibilisiert und verändert
auch die des Betrachters seiner Bilder.
Die in der Ausstellung vereinten Preisträger der Hasselblad
Foundation haben die Geschichte der Fotografie entscheidend geprägt,
ihre stilgeschichtliche Entwicklung und künstlerische Emanzipation
beeinflusst. Der Ausstellungsbesucher wird daher auch Bildern
begegnen, die unauslöschliche Gedächtnisspuren hinterlassen
und sich in das kollektive Bildgedächtnis eingeprägt
haben. Bildikonen wie beispielsweise Ansel Adams „Mondaufgang“ oder
Richard Avedons „Dovima mit Elefanten“, Robert Häussers
verhüllter Rennwagen des Formel 1 Rennfahrers Jochen Rindt, Álvarez
Bravos toter streikender Arbeiter oder Salgados Goldminenarbeiter
in Brasilien sind heute Teil des gesellschaftlichen Bildgedächtnisses
geworden und machen den Ausstellungsbesuch zu einem unvergesslichen
Erlebnis.
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