Kurpfälzisches Museum Heidelberg:

Das Kunstwerk des Monats

Oktober 2003

Die Dossenheimerin und ihre Grabbeigaben

1955 entdeckten Archäologen in Dossenheim nahe Heidelberg ein Frauengrab, das sich deutlich abseits des Ortsfriedhofes befand. Es enthielt neben verschiedenen Grabbeigaben auch den Schädel einer nur 1,55 m großen grazilen Frau von etwa 70 Jahren.

Ihr Schädel war künstlich zu einer extremen Länge von mehr als 18 cm (gemessen von der Gegend über der Nasenwurzel bis zum entferntesten Punkt an der Hinterfläche) deformiert worden. Ihrem hohen Alter entsprechend besitzt die "Dossenheimerin" nur noch drei Zähne, alle anderen müssen ihr bereits vor ihrem Ableben ausgefallen sein. Aufgrund der Datierung ihrer Grabbeigaben ist sie eine der spätesten Belege für eine solche gewollte Schädeldeformation. Geboren wohl im späten 5. Jahrhundert galt sie zu ihren Lebzeiten für ihre Mitmenschen sicherlich bereits als Sonderling. Die Sitte solcher Schädeldeformationen geht auf eine mongolische Gruppe in Zentralasien zurück und wurde von den Hunnen nach Mitteleuropa eingeführt. Im fortgeschrittenen 5. Jhdt. verbreitete sie sich unter den mit den Hunnen verbündeten Völkern. Auch jene Franken, die zur damaligen Zeit in Dossenheim leben, kannten hunnische Sitten und Gebräuche und übernahmen die Deformation des weiblichen Schädels als eines ihrer Schönheitsideale. Gleichzeitig symbolisierte dieser Eingriff in den menschlichen Körper eine bewusste ethnische oder soziale Abgrenzung gegenüber anderen Gruppen.

.Textvorlage: Renate Ludwig

siehe auch: Sammlungsblatt
 

Die Dossenheimerin und ihre Grabbeigaben 6. Jhdt.n.Chr., gefunden: Dossenheim, Lorscher Weg / Alemannenweg (1955)

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