Wem gehörte die Zunfttruhe mit der Lackmalerei?
Das prächtigste Exemplar unter den
Zunfttruhen im Kurpfälzischen Museum kommt laut Inventar
aus dem Besitz der Heidelberger Metzger. Es handelt sich um eine
Kassette, die reich mit Chinoiserien bemalt ist. Die von verkröpften
Profilen gerahmten Kissenfüllungen an der Außenseite
sind mit einer zinnoberroten Grundierung, mit lasierendem Schwarz
und mit einer schildpattimitierenden Oberfläche versehen.
Außerdem zeigt sie eine Bemalung mit Landschaftsstaffagen
und exotischen Vögeln mit Gold- und Silberfarbe, die zusätzlich
partiell radiert wurde. Zwischen goldfarbenen Blütenzweigen
tummeln sich fein gemalte Vögel und andere Tiere, teilweise
sind auch Lattenzäune und pagodenartige Häuser zu erkennen.
Ein bemerkenswertes Detail, das einen Hinweis auf die ursprüngliche
Nutzung der Truhe gibt, befindet sich oben auf dem Deckel. Die
Platte, die das Schloss verdeckt, zeigt einen aufgemalten Bohrer.
Bei diesem Bohrer handelt es sich nicht um ein herkömmliches
Handwerkszeug, sondern um ein medizinisches Gerät. Mit vergleichbaren
Bohrern führten Chirurgen im 18. Jahrhundert Schädeloperationen
durch.
Das genannte Detail legt den Schluss nahe, dass die Zunfttruhe
ursprünglich nicht für die Metzger, sondern für
die Wundärzte und Heiler bestimmt war. Die Truhe kann als
Zeugnis der Chinoiseriemode gelten, der genaue Ort der Herstellung
lässt sich allerdings nicht bestimmen. Im Anschluss an eine
vom Import bestimmte Phase, in der originale Lackmöbel aus
dem Fernen Osten eingeführt wurden, etablierte sich seit
etwa 1680 die Eigenproduktion von asiatisch anmutenden Lackarbeiten.
Karin Tebbe
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