Christian
Xeller, 1784 in Biberach an der Riß in Oberschwaben als Sohn eines
Weißgerbers geboren, besuchte 1804 bis 1806 die Düsseldorfer Akademie,
wo er seine erste eigentliche künstlerische Ausbildung erhielt.
Entscheidend für ihn wurde die Freundschaft mit Peter von
Cornelius, mit dem er 1811 den Taunus bereiste, mit dem er auch
nach Rom ging, wo er Aufnahme in den Lukasbund fand und zum katholischen
Glauben konvertierte. 1813 nach Deutschland zurückgekehrt ließ
er sich 1817 für mehrere Jahre in Heidelberg nieder. In dieser
Zeit entdeckte er seine Begabung für die Gemälderestaurierung
und fand schließlich eine feste Anstellung in der Sammlung der
Brüder Boisserée. Mit seiner Berufung als Restaurator an die Königlichen
Museen in Berlin verlegte er 1825 seinen Wohnsitz nach Berlin
und blieb bis zu seinem Tod 1872 in diesem Metier.
Heidelbergs Umgebung und der rege Austausch mit den ansässigen
Künstlern inspirierten Xeller zu verschiedenen Landschaftszeichnungen.
Auf einer im Herbst des Jahres 1818 mit einigen Freunden unternommenen
Rheinreise entstanden einige davon, mit großer Präzision und Liebe
zum Detail minutiös ausgeführt. Eine dieser Ansichten zeigt den
Rheinlauf, Geisenheim mit dem "Rheingauer Dom" und in der Ferne
Schloss Johannisberg.
Im Vordergrund mit seiner liebevoll bis ins kleinste Detail gezeichneten
üppigen Vegetation und Staffage (zwei Wäscherinnen auf dem Weg
zum Fluss) rahmen zwei senkrecht aufstrebende Bäume den Blick
in die Ferne. Zudem "führt" von links ein parabelförmiger Weg
den Betrachter gewissermaßen in die Ansicht hinein. Seine Entsprechung
findet der Pfad in der im Mittelgrund gegenläufig angelegten Rheinschleife,
die dem Fuß- und Fahrweg auch Reise und Transport zu Wasser, die
Rheinschifffahrt gegenüberstellt. Vor der Stadt erstrecken sich
neben Kuhweiden auch Bleich- und Trockenwiesen, die Xeller mit
zahlreichen Staffagefiguren liebevoll erzählerisch und sehr lebendig
gestaltet. Geisenheim selbst mit dem prominenten Kirchbau schiebt
sich links in Bild. Zeitlich vor dem Abriss des alten Westwerks
entstanden, zeigt Xellers Zeichnung noch die ursprünglichen romanischen
Westtürme der Kirche. Die sich hinter der Stadt erhebende Hügellandschaft
scheint mit ihren zarten Schraffuren in der Ferne leicht zu verschwimmen
und verstärkt so den Eindruck räumlicher Tiefe. Dort auf einer
Kuppe, leicht aus der Mitte gerückt, erhebt sich Schloss Johannisberg.
Xellers Ansicht von Schloss Johannisberg offenbart seine souveräne
Beherrschung des kompositionellen Aufbaus weitgefasster Landschaftsräume
und seinen Blick für Details, die er mit dem spitzen Bleistift
mit herausragender Akkuratesse festhält. Die druckgraphische Umsetzung
für Engelmanns Sammelband kann der Feinheit und dem Detailreichtum
der Zeichnung nur teilweise gerecht werden.
Anja-Maria Roth
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