Mit der Besitznahme des Landes durch die Römer hielten an Rhein
und Neckar zahlreiche zivilisatorische Neuerungen Einzug. Zu den
technischen Errungenschaften, die bis heute in Gebrauch sind,
gehört die Verwendung von Baustoffen aus gebranntem Ton: Aus Backsteinen
wurden Mauern gesetzt, mit Hohlziegeln Fußboden- und Wandheizungen
konstruiert, und mit Dachziegeln schützte man Gebäude vor Regen,
Schnee und Feuersbrünsten. In Heidelberg sind zahlreiche Exemplare
der beiden Elemente für die Dachhaut unversehrt erhalten geblieben:
Die 'tegula' ist eine flache, rechteckige Platte mit seitlichen
Leisten, die auf den hölzernen Sparren des Dachstuhls in Reihen
verlegt wurde. Dort, wo sich die Leisten seitlich berührten, entstand
eine Stoßfuge, die mit einem gewölbten 'imbrex' wasserdicht abgedeckt
wurde. Die ausgewählten tegulae tragen jeweils einen Stempel.
Dabei handelt es sich um Namenskürzel zweier 500 Mann starker
militärischer Einheiten, die nacheinander im Neuenheimer Kastell
stationiert waren und eigene Ziegeleien betrieben: Die '24. Kohorte
freiwilliger römischer Bürger' wurde um 100 n. Chr. von der 'zweiten
berittenen Kohorte, genannt 'die Erhabene' aus der Cyrenaica'
abgelöst. Letztere Kohorte war in Libyen ausgehoben worden und
umfasste ein Kontingent von 120 Kavalleristen.
Drei der vier ausgestellten Beispiele stammen aus Gräbern der
großen Nekropole von Neuenheim. Dort wurden die sterblichen Überreste
mit den Beigaben gelegentlich in Kisten oder unter schützenden
Dächern aus zweitverwendeten Ziegelplatten deponiert. Dabei handelt
es sich um einen aus Italien übernommenen Bestattungsbrauch, der
z.B. in den Nekropolen von Ostia bei Rom häufig praktiziert wurde.
Andreas Hensen
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