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"Im Schutze mächtiger Mauern - Spätrömische Kastelle im Bodenseeraum"

Das Museum für Archäologie des Kantons Thurgau in Frauenfeld zeigte 2006 eine Sonderausstellung über die Spätantike (3. und 4. Jahrhundert nach Christus). Im Mittelpunkt stehen die Kastelle von Konstanz (Constantia), Arbon (Arbor Felix), Pfyn (Ad Fines) sowie Wehrbauten wie das Hafenkastell Bregenz (Brigantium) und ihre Funde und Befunde.

Die Entdeckung des spätrömischen Kastells Constantia im Jahre 2003 beim Münster Konstanz erregte grosses Aufsehen in der Öffentlichkeit. Nun war dieses nicht nur eine sensationelle Entdeckung, sondern die Mauern erwiesen sich als Teil eines grossartigen, militärischen Verteidigungssystems, das weiter die thurgauischen Kastelle Arbon (Arbor Felix), Pfyn (Ad Fines) sowie Wehrbauten wie das Hafenkastell Bregenz (Brigantium) umfasste. Die Befestigungen stellten ein Zeichen der Macht Roms dar, dennoch konnten sie den Zerfall der bröckelnden Grenzen des Imperiums nur gerade ein Jahrhundert lang aufhalten.

Die Sonderausstellung "Im Schutze mächtiger Mauern" behandelte die Römerzeit im Bodenseeraum im historischen Überblick und beschäftigt sich besonders mit dem Alltagsleben der damaligen Menschen in den Kastellen, der Armee und dem Münzwesen.

Diese Kastelle aus dem Bodenseeraum boten der römischen Armee und deren Angehörigen Schutz. Die wirtschaftliche Lage der Menschen im Bodenseeraum war damals so gut, dass ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung sich teure Güter wie Schmuck aus Gold, Silber, Bronze, Glas und Bein leisten konnte. In Pfyn fanden die Archäologen beispielsweise kunstvoll verzierte Haarnadeln, die auf prächtige Frisuren der damaligen Damenwelt schliessen lassen. Von den Soldaten stammen einige seltene Waffen und Ausrüstungsteile wie auch ein reich verzierter Offiziersstiefel aus Leder.

Die Ausgrabungen in Pfyn (Ad Fines)
Erstmals wird Pfyn im Jahre 760 n.Chr. in Urkunden erwähnt, im 16. Jahrhundert ist von römischen Ruinen, Münzen und anderen Funden die Rede. 1860 erscheint die erste genauere Bestandesaufnahme u.a. über die Kastellmauer.

Im Unterschied zu Arbon waren in Pfyn (Ad Fines zu deutsch "an der Grenze") die Ruinen des spätrömischen Kastells stets sichtbar, trotzdem ist der Kastellhügel bis 1976 ununtersucht geblieben. Die Mittel des Amtes für Archäologie erlauben nur Grabungen und Sondierungen, die ihm durch äussere Umstände, z.B. Bauvorhaben aller Art, aufgezwungen werden. So ist es schwierig, Befunde über grössere Flächen miteinander in Verbindung zu bringen.
Das Kastell liegt auf einem Moränenzug und hat eine ursprüngliche Länge von 220 m und eine mittlere Breite von ca. 68 m, was einer Innenfläche von ca. 1,5 ha entspricht. Im Abstand von 36 m war die Mauer mit halbrunden, vorspringenden Türmen verstärkt.

Heute noch sichtbar ist der nordwestliche Eckturm und Teile des nördlichen Mauerwerks. Leider sind im Laufe der Zeit Teile der Wehrmauer durch Bauarbeiten stark beschädigt worden.

Die ergiebigsten Grabungen wurden 1976, 1987 und 1991/92 durchgeführt, letztere, als das Schulhaus ausgebaut wurde. Zwar kamen weder römischen Steinbauten noch die südliche Kastellmauer zum Vorschein, hingegen wurden zahlreiche Pfostenlöcher, Schwellbalkennegative, Gruben, Werkplätze und ein Brunnen freigelegt. Dazu fand man den Eingang zum Nordwestturm I des Kastells. Im Anschluss an die Untersuchungen war es möglich, Teile der Kastellmauer und den Nordwestturm zu konservieren, zu rekonstruieren und die Westmauer des Kastells zu erhalten. Diese ist in der heutigen Aula noch sichtbar.

Funde und Befunde in Pfyn

Wie auch die Nachbarkastelle Arbon, Oberwinterthur (Vitudurum) und Burg/Stein am Rhein (Tasgetium) wurde Pfyn den Funden nach 294 n.Chr. errichtet. Von den 748 aufgefundenen Münzen wurde der grösste Teil im 4. Jahrhundert n.Chr., während den Regierungszeiten der römischen Kaiser Konstantin und Valentinian geprägt. Die jüngsten Münzen stammen aus der Zeit von Arcadius und Honorius (zu Beginn des 5. Jahrhunderts). Weiter kamen Sporen und Beschlägteile zum Vorschein, was auf berittene Truppen zurückzuführen ist. Für die Präsenz von Infanteristen sprechen Geschossspitzen und diverse Schutzwaffen.

 

Eckturm des spätrömischen Kastells Pfyn mit anschließenden Mauerstücken.

Spätrömische "Antipersonenminen" - Fussangeln aus Eisen. Kastell Pfyn.

Spätrömische Haarnadeln aus dem Kastell Pfyn.

Alle Fotos: AATG, D. Steiner

Haar- und Gewandnadeln oder eine kleine Gliederpuppe aus Knochen belegen, dass auch Frauen und Kinder im Kastell lebten. Viele Keramikgefässe für den Haushalt wurden teils lokal hergestellt, teils aus dem rätischen/italienischen Raum importiert.

Das Kastell in Arbon (Arbor Felix)
Erst 1957 gelang es, den Standort des römischen Kastells beim heutigen Schloss zu lokalisieren. Die Grabungen von 1958 bis 1962 zeigten auf, dass die 2,6 m dicke Kastellmauer dem natürlichen Geländelauf folgt. Im Norden der Festung befand sich ein Tor. 1990 wurde 50 m vor der westlichen Mauerfront ein 8,8 m breiter und 3 m tiefer Graben freigelegt. An Innenbauten sind Gebäudereste im Schlosshof und unter der Martinskirche nachgewiesen. Die Nutzung des Kastellareals endete nicht mit der römischen Herrschaft im Bodenseeraum im Jahre 401 n.Chr., sondern bot u.a. im 7. Jahrhundert n.Chr. einer christlichen Gemeinde Unterschlupf.

Die Funde aus Arbon umfassen u.a. eine eindrucksvolle römische Badeanlage und organische Objekte wie Lederschuhe oder ein Holzfass, welche unter Luftabschluss im bis zum Grundwasserspiegel reichenden römischen Kastellgraben erhalten geblieben sind.

Die Funde und Befunde zu Burg/Stein am Rhein (Tasgetium)
Das Kastell befindet sich auf dem kleinen Hügel unmittelbar südlich der Rheinbrücke bei Stein am Rhein. Am Weg zur Kirche Burg sind die Kastellmauern gut sichtbar.

Die Festung gegenüber der Altstadt von Stein am Rhein liegt strategisch günstig auf einem Hügel über dem Rhein, rund 500 m rheinabwärts von der älteren Römersiedlung Tasgetium entfernt. Die Anlage umschliesst ein Parallelogramm mit einer Seitenlänge von 89 m und umfasst eine Fläche von ca. 7900 m2. Die 2,8 m mächtigen Mauern sind bis auf die Nordmauer und die Ecktürme noch gut erhalten. Nebst den vier polygonalen Ecktürmen besass die Anlage in der Ost- und Westmauer je zwei weitere Türme.

Über die Innenbebauung des Kastells ist kaum etwas bekannt. Im Zentrum, am Schnittpunkt der beiden Hauptstrassen, in leicht erhöhter Lage, befindet sich heute die Kirche "auf Burg". In einer Flächengrabung in der Nordwestecke (Grabung Mesmerhaus) entdeckte man kleinräumige Holzbauten mit Flechtwerkwänden auf Schwellbalken, Mörtelböden und Herdstellen, die als Wohnungen dienten. Nach einem Brand wurden diese Häuser durch Pfostenbauten ersetzt.

Eine Bauinschrift, als Bodenplatte in der Kirche gefunden, weist den Bau des Kastells in die Zeit des Kaisers Diocletian. 1986 gelang der Nachweis eines rechtsrheinischen Brückenkopfes. Für eine Rheinbrücke fehlen bislang die Belege; sie lag wohl wenig östlich der heutigen Brücke.

Rund 250 m südwestlich des Kastells befand sich der zugehörige Friedhof mit bisher 47 untersuchten Gräbern. Einfache Erdbestattungen dominieren. In mehreren Fällen lassen Eisennägel auf einen Sarg schliessen. Die beigabenführenden Gräber enthielten vor allem kostbare Glasgefässe und Lavezbecher, wenige Keramikgefässe und vereinzelt Schmuck.

Im Innern des wohl bereits zerfallenen Kastells wurde in frühmittelalterlicher Zeit (um 600 n.Chr.) eine Apsiskirche als monumentaler Grabbau einer Adelsfamilie errichtet. Die Kirchenbestattungen enthielten reiche Beigaben, unter anderem auch ein Goldblattkreuz.

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