Mythos Ritter

Mythos Ritter.
Adel und Burgen am Mittelrhein

Sonderausstellung der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz im Landesmuseum  Koblenz

12.6. - 09.11.2008

Themenkomplexe der Ausstellung

   

Mythos Ritter. Adel und Burgen am Mittelrhein - Vorstellung und Realität

Burgen und Burgruinen auf den Anhöhen beiderseits des Flusslaufes prägen maßgeblich die Landschaft am Mittelrhein. Mit diesem einmaligen Panorama sind seit der Romantik untrennbar Bilder von edlen Rittern und tugendhaften Burgfräulein verknüpft.
Die Ausstellung geht der Frage nach, wie diese Vorstellungen entstanden sind und was sie mit der Realität von Adel und Burgen am Mittelrhein gemein haben.
Schon im Hochmittelalter, der Blütezeit des Rittertums in Europa, entwarfen Dichter ein idealisiertes Bild der Ritter. Aus streitlustigen und nicht selten rücksichtslosen Kämpfern wurden strahlende Helden, die die Armen und Schwachen schützten und treue Diener der Kirche waren.
Im Spätmittelalter (1250 - 1525) verloren einerseits die "echten" Ritter ihre tragende Bedeutung im Kriegswesen, andererseits entfaltete der Mythos vom Rittertum eine enorme Wirkung. Selbst Könige und Kaiser wollten als Ritter angesprochen werden und die Kultur der Ritterlichkeit galt als Inbegriff der feinen Lebensart.
Das 19. Jahrhundert griff diesen Mythos mit Macht wieder auf. Dabei ging es nicht nur um historische Forschung, sondern in einer sich rasant verändernden Zeit auch um die Rückversicherung einer idealisierten Vergangenheit.
Wenn in der Gegenwart mit erneuter Begeisterung ritterliches Leben nachempfunden und auf zahllosen Mittelalterveranstaltungen in Szene gesetzt wird, ist die Vorlage in der Regel dieses idealisierte Ritterbild des 19. Jahrhunderts.

Krieg und Fehde
Kriegerische Auseinandersetzungen waren im Mittelalter nicht ungewöhnlich. Als schwere gepanzerte Reiter waren die Ritter im Hochmittelalter von entscheidender militärischer Bedeutung.
Eine offene Feldschlacht mit Hunderten von Rittern suchte man nach Möglichkeit zu vermeiden. Die Kosten dafür waren immens und eine Niederlage in der Regel kriegsentscheidend. Eine Zermürbungstaktik das bevorzugte Kampfmittel. Dabei wurden gegnerische Ortschaften überfallen, Felder verwüstet und Verkehrswege zerstört. Die Hauptlast des Krieges hatte damit die ländliche Bevölkerung zu tragen.
Ähnlicher Methoden bediente sich der Adel bei seinen Fehden. Im Mittelalter gab es noch kein Gewaltmonopol. Vielmehr sah es der Adel als sein legitimes Vorrecht an, sich gegen erlittenes persönliches Unrecht nach angemessener Ankündigung mit Waffengewalt zur Wehr zu setzen. Die Möglichkeit, Ansprüche auf dem Rechtsweg geltend zu machen, entwickelte sich nur langsam.

Das Turnier
Das Ritterturnier war zunächst eine Art Manöverübung für Reiter. Trotz vereinbarter Regeln gab es häufig Tote, weshalb die Kirche bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts immer wieder Verbote gegen das Turnierwesen aussprach. Als Preis durfte der Sieger die Ausrüstung des Besiegten behalten oder ein Lösegeld einfordern.
Austragungsort der Turniere waren meist freie Plätze in der Nähe von Städten, denn nur hier war es möglich, mitunter Hunderte von Teilnehmern mit ihren Bediensteten und Pferden sowie die Zuschauer, darunter zahlreiche Damen, unterzubringen. Am Mittelrhein wurden neben dem bedeutendsten Turnier 1184 bei Mainz auch Schaukämpfe in Boppard, Koblenz und Andernach ausgetragen.
Im 14. Jahrhundert verlor das Turnier zunehmend seine militärische Bedeutung, es wandelte sich zu einer sportlichen Veranstaltung mit strengem höfischem Zeremoniell. Der "alte" Adel nutzte die Zulassung zum Turnier als Abgrenzung gegenüber Aufsteigern aus dem städtischen Bürgertum. So prüften die Herolde bei der "Helmschau" vor Beginn des Turniers die Teilnehmer beispielsweise auf ihre Ritterbürtigkeit, ihre Abstammung von mehreren Turnierteilnehmern und die Zulässigkeit der mitgebrachten Waffen.

Rüstung und Bewaffnung
Rüstung und Pferd sind die typischen Erkennungszeichen eines Ritters. Dabei handelte es sich bis ins 12. Jahrhundert bei der Rüstung nur um ein knielanges Kettenhemd mit Kapuze, über der ein Helm getragen wurde. Zusätzlichen Schutz bot der Schild. Über den Rumpf konnte der Ritter einen Waffenrock in seinen Wappenfarben ziehen.
Verbesserungen in der Waffentechnik erforderten nach und nach eine Verstärkung des Kettenhemds mit Eisenplatten. Im Spätmittelalter fertigten spezialisierte Handwerker aus Eisenplatten den Plattenpanzer an, der heute untrennbar zum Ritter-Mythos gehört.
Die typische Angriffswaffe des Ritters war die Lanze. Für den Nahkampf trug er zudem ein Schwert und einen Dolch, die auch wichtige Statussymbole waren. Eine bedeutende Rolle spielte daneben das Pferd, dessen Ausrüstung mit Sattel, Satteldecke, Zaumzeug und im Spätmittelalter auch einer eigenen Panzerung Reichtum und Macht des Besitzers spiegelte. Goldene Sporen sind in der Dichtung sogar zu einem Sinnbild für die Ritter geworden.
Ritter kämpften nicht nur gegen andere Ritter, sondern auch gegen Fußsoldaten und Bauern, die als unritterlich verachtete Waffen benutzten. Die Soldaten des Spätmittelalters waren meist mit Kurzschwertern bewaffnet, auch ein Schutz durch Harnisch und Helm war üblich. Die Bauern kämpften mit gefährlichen Schusswaffen wie Bogen und Armbrust, im Nahkampf mit Spießen, Streitäxten und Streitkolben.

Höfisches Leben
Im 11. Jahrhundert entstand an den großen französischen Adelshöfen eine verfeinerte höfische Kultur. Dazu gehörte ein Idealbild des Ritters, der zahlreiche Tugenden in sich zu vereinigen hatte. Bald verbreiteten sich diese Vorstellungen auch im römisch-deutschen Königreich.
Ein Ritter hatte sich in Demut und Treue gegenüber der Kirche und seinem Lehnsherrn zu üben. Christlicher Glaube, Weisheit, Gerechtigkeit, Mäßigung und Tapferkeit waren die Leitlinien für sein Handeln. Gleichzeitig sollte er von edler Herkunft und schöner Gestalt sein sowie die feinen Sitten beherrschen.
Dieses von Dichtern wie Wolfram von Eschenbach vielfach besungene Ideal hatte häufig nur wenig mit der Realität gemein. Vermutlich wird in der höfischen Dichtung vielmehr ein Gegenbild zu den tatsächlich oft rauen Sitten entworfen. Der bis heute lebendige Ritter-Mythos hat hier seinen Ursprung.

Der Niederadel
Der Adel ist im Mittelalter keine in sich geschlossene und fest gefügte Schicht. Der Aufstieg in diese soziale Gruppe und auch der Abstieg waren nichts Ungewöhnliches.

Im Hochmittelalter waren unfreie Dienstleute, die Ministerialen mit verschiedensten Aufgaben betraut. Dazu gehörte die Wahrnehmung der lokalen Verwaltung ebenso wie die militärische Sicherung des Reichsgutes. Einigen von ihnen gelang im 13. Jahrhundert der Aufstieg in den Niederadel, den Reichsministerialen von Falkenstein 1397 sogar die Erlangung des Grafentitels..

Mit der Erblichkeit ihrer Stellung entwickelten sich um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert Familiennamen und damit Geschlechterzugehörigkeiten. Trotzdem waren die Ministerialen nach wie vor persönlich unfrei. Einigen von ihnen gelang es im 13. Jahrhundert, sich nach und nach aus der Abhängigkeit und Unfreiheit zu lösen. Im 14. Jahrhundert bildeten diese erfolgreich aufgestiegenen ehemaligen Dienstleute zusammen mit Angehörigen der alten Adelsgeschlechter schließlich eine niederadlige Schicht aus.

Im Spätmittelalter demonstrierten diese früheren Ministerialen ihre zunächst angemaßte, dann tatsächliche Zugehörigkeit zum Adel auf vielfältige Art und Weise. Sie führten zum Beispiel ein Wappen, erbrachten den Nachweis der adligen Abstammung in Form von Wappenbriefen oder Wappentafeln und ließen aufwändige Grabmale anfertigen.

   

im Detail:

weiter:

 

siehe auch:

 

zurück:

Übersicht
Startseite | Geschichte | Service | Aktuelles | zur ZUM | © Badische Heimat/Landeskunde online 2008