Als am
7. Oktober 1905 das Neue Rathaus in Anwesenheit des sächsischen
Königs Friedrich August III. eingeweiht wurde, konnte Stadtbaurat
Hugo Licht (1841-1923) die Krönung seines umfangreichen Schaffens
der öffentlichen Nutzung übergeben. Das reich gegliederte,
funktional und ästhetisch gelungene Bauwerk ist noch heute
Sitz der Stadtverwaltung.
Mehr als 80 Jahre nach Lichts Tod, zum 100. Jahrestag des
Neuen Rathauses, wird erstmals in einer Ausstellung auf
über 1000 Quadratmetern Fläche mit rund 280 Exponaten das
Werk des Architekten gewürdigt, dessen Bauten das Leipziger
Stadtbild bis heute prägen. Ausstellungsort ist eineinhalb
Jahren nach dem Umzug des Stadtgeschichtlichen Museums in
den Neubau Böttchergäßchen wieder das nunmehr umgestaltete
und von störenden Einbauten befreite Obergeschoss des Alten
Rathauses.
Zum ersten Mal werden Entwurfszeichnungen, auch für zahlreiche
bislang unbekannte Bauten Hugo Lichts und seiner Mitarbeiter
der Hochbauverwaltung aus der reichen Plansammlung des Stadtarchivs
gezeigt. Das Stadtgeschichtliche Museum kann mit seinem
teilweise aus dem Nachlass Hugo Lichts stammenden Fotobestand
alle Hauptwerke des Architekten, vorwiegend von Hermann
Walter, präsentieren. Einblicke in Lichts Privatsphäre erlauben
Fotos und Dokumente, Briefe Lichts an seine Frau Clara und
die Tagebücher seiner Frau. Die im Mittelpunkt der Ausstellung
stehende Planungs- und Baugeschichte des Neuen Rathauses
wird anhand von wichtigen Dokumenten, bauplastischen Entwürfen,
Ausstattungsstücken und einer Auswahl der kostbaren Einweihungsgeschenke
veranschaulicht. Hugo Licht wurde 1879 ohne Ausschreibung
auf Empfehlung von Oberbürgermeister Otto Georgi die Leitung
des Hochbauamtes in Leipzig übertragen und der Titel eines
Stadtbaudirektors verliehen. Er wirkte 44 Jahre in Leipzig.
Sein Schaffen war auf vielfältige Weise mit der Architekturentwicklung
seiner Zeit verbunden. Auf dem Höhepunkt seiner künstlerischen
Kraft galt er als einer der bedeutendsten Architekten in
Deutschland und neben Friedrich von Thiersch oder Paul Wallot
als einer der bekanntesten Vertreter des Historismus. Als
Mitglied königlicher Akademien in Berlin und Dresden mit
Professorentitel war er ein gefragter Preisrichter und seit
1905 einer der ersten Ehrendoktoren unter deutschen Architekten.
Die Sorgfalt, mit der nach schweren Kriegsbeschädigungen
die Mehrzahl seiner Bauten wiedererrichtet wurde, spricht
für Lichts Wertschätzung in Leipzig - selbst zu einer Zeit,
als der Historismus als unschöpferische Epoche galt.
Die Ausstellung gliedert sich in 10 Abteilungen:
- Lebensstationen
- Ausbildung und Reisen
- Wohnhäuser
- Kirchen und Friedhöfe
- Publizistische Tätigkeit
- Zentrale Abteilung: Neues Rathaus (Planung und Wettbewerb,
Bau des Neuen Rathauses, Stadthaus - mit Modellen von Neuem
Rathaus und Stadthaus von Lothar Pötzsch, 2001/02)
- Bauten der Kultur & Bildung
- Denkmale
- Versorgungs- und Sozialbauten
- Epilog
Der Besucher wird beim Betreten der Ausstellung von vier
großen Wänden mit dem Rathausprojekt von 1897 empfangen.
Unter den 40 Gipsmodellen für den künstlerischen Bauschmuck
des Neuen Rathauses (die Sammlung befindet sich im Neuen
Rathaus; ausgewählt wurden die schönsten und interessantesten
Motive) zieht gegenüber vom Eingang die Darstellung Hugo
Lichts als Rübezahl die Aufmerksamkeit auf sich. Erwähnt
seien auch die 4 Jahreszeiten und besonders die Lipsia am
Nordende. Highlight am Südende ist das Blumenmädchen von
Max Klinger, ein Geschenk zur Einweihung des Neuen Rathauses.
Eine Vorstellung von Lichts Arbeitsumständen erlaubt das
Arbeitszimmer eines Architekten mit Lichts Personalakte,
einem Tisch mit Reißzeug, einem Bücherschrank mit Büchern
aus der Bibiliothek des Hochbauamtes sowie einem Foto, das
Licht in seinem Arbeitszimmer als Stadtbaudirektor zeigt.