7.11.23

Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim

Kinderträume

Spannende Einblicke in Spielen, Lernen und Leben um 1900

Ausstellung 10.9.2023 – 26.5.2024, Museum Zeughaus C 5

(rem) Von Puppenküchen und Kaufläden geht eine besondere Faszination aus. Sie wecken Erinnerungen an die eigene Kindheit und laden durch ihren Detailreichtum zum Entdecken ein.

Spielzeugkaufladen mit Schubladenregal und ThekeSpielzeugnähmaschine mit aufgesetzter FadenrolleZwei historisch gekleidete Damen vor einer Spielzeug-KasseSpielzeugkaufladen mit Schubladenregal und Theke. Foto: Jana Lupus, rem

Spielzeugnähmaschine mit aufgesetzter Fadenrolle. Foto: Rebecca Kind, rem

Ausstellungsimpression mit historisch gekleideten Besucherinnen. Foto: Rebecca Kind, rem

Diese Bühnen spielerischer Inszenierung scheinen einer idealisierten Welt zu entspringen und bilden doch mehr Realität ab, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. In der Sonderausstellung „Kinderträume“ präsentieren die Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim vom 10. September 2023 bis 26. Mai 2024 einen besonderen Schatz: rund 100 historische Puppenküchen und Kaufläden aus einer hochkarätigen Privatsammlung. Der Fokus liegt auf der Zeitspanne von den 1870er bis in die 1920er Jahre. Die Miniaturwelten zeichnen gemeinsam mit vielfältigen Spielzeugen und Alltagsgegenständen ein facettenreiches Bild von Spielen, Lernen und Leben um 1900.

Im Spiel erfüllte sich der Traum der Kinder wie Erwachsene zu sein. Erwachsene führten die Kinder hingegen spielerisch an ihre späteren Aufgaben und die traditionellen Geschlechterrollen heran. Für Mädchen gab es vor allem Puppen, Puppenküchen und Haushaltsgeräte wie Herde oder Nähmaschinen in Miniaturform. Auf diese Weise wurden sie auf ihre kommende Rolle als Hausfrau und Mutter vorbereitet. Die Spielzeuge für Jungen waren variantenreicher: Baukästen, Modelleisenbahnen, kleine Dampfmaschinen, Schaukelpferde oder Zinnsoldaten. Hier sollten technische Begabung, Unternehmergeist aber auch das Ideal des tapferen Soldaten vermittelt werden. Mit Kaufläden spielten beide Geschlechter und erlernten so wichtige Kenntnisse über Handel und Verkauf, Produktauswahl, Münzen, Maße und Gewichte. Zuerst waren Spielwaren Kindern aus wohlhabenden Familien vorbehalten. Mit der fortschreitenden Industrialisierung und seriellen Produktion stieg ab der Mitte des 19. Jahrhunderts die Auswahl und die Preise sanken, sodass breitere Bevölkerungsschichten an der Spielewelt teilhaben konnten.

Die in der Ausstellung präsentierten Puppenküchen und Kaufläden sind liebevoll eingerichtet und stecken voller faszinierender Details. Jede Miniaturwelt besteht aus bis zu 200 Teilen. Sie spiegeln im Kleinen die Einrichtung und Ausstattung um 1900 wider. An den Puppenküchen kann man beispielsweise den Wandel und das Aufkommen neuer Geräte und Moden ablesen – von dunklen und fensterlosen Räumen, in denen über offenem Feuer mit Rauchfang gekocht wurde, zu hellen Jugendstil-Küchen mit geschlossenen Eisenherden und modernem Emailgeschirr.

Eisschränke hielten Einzug und es gab teils schon fließendes Wasser und Elektrizität. Auch vor den Kaufläden machte der technische Fortschritt nicht halt. Hier können die Besucherinnen und Besucher neben gut gefüllten Regalen und Schaufenstern erste Registrierkassen und Telefone entdecken. Die angebotenen Marken und Produkte geben Auskunft über gesellschaftliche Themen wie Hygiene, Gesundheit, Industrialisierung und Kolonialismus. Die Küchen und Läden sind nicht nur ein nostalgischer Ausflug in die Vergangenheit. Sie sind wertvolle Zeitzeugen.

Lebendig und anschaulich erzählen sie vom Alltag unserer Vorfahren.

Die Ausstellung öffnet ein Fenster in ein bedeutendes Kapitel der deutschen Geschichte. Die Jahrzehnte zwischen der Gründung des Deutschen Reichs 1871 und dem Ende der „Goldenen Zwanziger“ waren eine Zeit des Wandels, der sozialen Gegensätze und neuer technischer Errungenschaften. Deutschland wurde vom Agrarland zur größten europäischen Industrienation.

Als Kolonialmacht strebte man nach Prestige und Einfluss. Das wohlhabende Bürgertum lief dem Adel immer mehr den Rang ab und ließ sich repräsentative Villen errichten, während für die rasant anwachsende Arbeiterschaft wenig einladende Mietskasernen entstanden. Die zunehmende Urbanisierung und Industrialisierung veränderten nicht nur die Gesellschaftsstrukturen, sondern auch in vielfältiger Weise die Lebenswelten der Menschen. Der 1. Weltkrieg sorgte für eine einschneidende Zäsur und beendete die wirtschaftliche Hochkonjunktur. Auf die Monarchie folgten die turbulenten Jahre der Weimarer Republik, die von Aufbruchsstimmung aber auch innenpolitischen Unruhen geprägt waren.

Die Sonderausstellung „Kinderträume“ ist vom 10. September 2023 bis 26. Mai 2024 im Museum Zeughaus der Reiss-Engelhorn-Museen zu sehen. Zur Schau gibt es ein abwechslungsreiches Begleitprogramm mit Führungen, Workshops, Lesungen und Aktionstagen. Die reich bebilderte Begleitpublikation ist im Verlag Nünnerich-Asmus erschienen.

www.rem-mannheim.de

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