Projekt kulturer.be
25.3.21
(ssg) Besonders in der kalten Jahreszeit, wenn Bäume und Sträucher kahl oder wenig belaubt sind, fällt sie ins Auge: die Stechpalme. Mit ihren immergrünen Blättern und den leuchtend roten Früchten im Winter wirkt der „Baum des Jahres 2021“ wie ein exotischer Gast aus weit entfernten Gegenden. Dabei ist die Stechpalme seit Urzeiten in Europa beheimatet und seit langem eine beliebte Gartenpflanze. 1898 wuchsen im Garten von Schloss Heidelberg 25 Arten der Gattung Ilex, wie das Laubgehölz mit botanischem Namen heißt.
Die Stechpalmen auch Hülsen, Hulst, Winterbeeren, Christdorn oder auch Schradler genannt, sind die einzige Gattung der Pflanzenfamilie der Stechpalmengewächse innerhalb der Bedecktsamigen Pflanzen.
Von oben nach unten: Stechpalmen im Heidelberger Schlossgarten (2x, Foto A. Zobel/SSG), im Schwetzinger Schlossgarten (Foto G. Raap/SSG) und im Schlossgarten Favorite bei Rastatt (Foto Kai-Uwe Vonderschnitt/SSG).
Ilex im Garten von Schloss Heidelberg
Für den Heidelberger Schlossgarten wird der „Ilex aquifolium“, die Europäische Stechpalme, erstmals 1854 in einem Betriebsplan erwähnt. Laut diesem Dokument sollte die immergrüne Pflanze verwendet werden, um offene Mauerfüße zu bedecken. Für die 1880er- und 1890er-Jahre sind weitere Pflanzungen dokumentiert. Die Einführung der Europäischen Stechpalme im ehemaligen Hortus Palatinus ist auch im Kontext der Bemühungen von Professor Ernst Pfitzer zu sehen: Er wurde ab 1870 mit der Aufgabe betraut, dort systematisch immergrüne Pflanzen zu züchten. Das Botanische Institut der Universität nutzte bereits seit 1852 die Zwischenterrasse des Gartens, weshalb sie zeitweise auch als Universitätsterrasse bezeichnet wurde.
Ilex im Schlossgarten Schwetzingen
Für den Schlossgarten Schwetzingen findet sich im „Verzeichniß sämmtlicher Bäume, Glas- und Treibhauspflanzen“ von 1809 eine erste Erwähnung der Europäischen Stechpalme und über 15 weiterer Arten der Gattung Ilex. Herausgegeben wurde die Liste von Johann Michael Zeyher, der 1806 zum Gartenbaudirektor ernannt worden war. Zwei Jahre zuvor hatte man ihn als Nachfolger von Friedrich Ludwig von Sckell zum Hofgärtner in Schwetzingen berufen.
Unter Gartenbaudirektor Zeyher entstand ab 1804 im Bereich der ehemaligen Menagerie ein zweites Arboretum im Englischen Stil, in dem auch exotische Pflanzen zu finden waren. 1921 veröffentlichte Fritz Graf von Schwerin in den „Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft“ eine Liste der Gehölze im Schlosspark Schwetzingen, in der ein 70-jähriges Exemplar eines „Ilex aquifolium“ erwähnt wird. Abweichend von Zeyhers Verzeichnis aus dem Jahr 1809 nennt Schwerin keine weiteren Ilex-Arten.
Schmückendes Immergrün
Mit Palmen hat das Laubgehölz wenig gemein. Sein Name geht auf einen Brauch am Palmsonntag zurück, der auf den Einzug Jesu in Jerusalem verweist: Gottes Sohn wurde in der Heiligen Stadt der Überlieferung nach mit Palmwedeln begrüßt. Bei Prozessionen in Mitteleuropa behalf man sich mangels Palmen mit geweihten Stechpalmen-Zweigen. Zu Weihnachten und Silvester war der Ilex vor allem im 19. Jahrhundert eine äußerst beliebte Dekoration. Seit 1935 steht die wildwachsende Stechpalme in Deutschland unter besonderem Schutz: Sie darf weder kommerziell noch privat geschnitten oder ausgegraben werden. Daher geriet sie als Weihnachtsschmuck in Vergessenheit, anders als in Großbritannien und Nordamerika: Dort spielt sie noch immer eine wichtige Rolle. Es gibt sogar Stechpalmen-Plantagen, um die Nachfrage zu bedienen.
Verbreitung in Gärten und Parks
Besonders wegen ihres stacheligen immergrünen Blattwerks wurden Stechpalmen in Großbritannien als Hecken auf Weideflächen verwendet, aber auch, weil sie stark austreiben, wenn sie beschnitten werden. In Gärten und Parks hielt der Ilex als Ziergehölz seinen Einzug: der roten Beeren wegen, die ab Oktober zwischen den grünen Blättern leuchten – und für Vögel wie Amseln, Drosseln und Rotkelchen in der kalten Jahreszeit beliebte Nahrung sind. Die Europäische Stechpalme bietet Vögeln einen geschützten Platz zum Brüten; im Sommer ist sie eine Nahrungsquelle für Bienen und andere Insekten. Für Menschen sind Blätter und Früchte leicht giftig – beim Spaziergang durch den Garten von Schloss Heidelberg ist daher Vorsicht im Umgang mit den Pflanzen geboten.
Relikt aus einem anderen Erdzeitalter
Ursprünglich bevorzugte „Ilex aquifolium“die subtropische Waldgesellschaft, wie sie heute in Europa nur noch auf den Kanarischen Inseln zu finden ist. Vor zwei Millionen Jahren war diese Art von Vegetation auf dem damals deutlich wärmeren Kontinent weit verbreitet – und mit ihr die Stechpalme. An das nach und nach kälter werdende Klima konnte sich die Pflanze an günstigen Standorten anpassen. Ihr heutiges natürliches Verbreitungsgebiet ist das vom Atlantik beeinflussten Westeuropa, gekennzeichnet durch milde feuchte Winter und nicht zu trockene Sommer.
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