11.3.21

Schloss Mannheim

Präsentation der berühmten Mannheimer Hofmusik am Originalschauplatz

(ssg) „Preussische Tactik und Mannheimer Musik setzen die Teutschen über alle Völker hinweg“, rühmte Lord Fordyce Ende des 18. Jahrhunderts. In der Tat gab Mannheim damals musikalisch den Ton an. Unter der Herrschaft von Kurfürst Carl Theodor spielte eine der größten, besten und zugleich innovativsten Hofkapellen Europas in der Kurpfalz. Musikliebhaber aus ganz Europa kamen damals nach Mannheim, um die Aufführungen des Hoforchesters mitzuerleben. Das Ausbildungssystem „Mannheimer Schule“ setzte neue Maßstäbe. Da dieses bedeutende Thema der Kurpfälzer Geschichte bislang in keiner Dauerpräsentation erlebbar ist, konzipierten die Staatlichen Schlösser und Gärten im Trabantensaal des Mannheimer Schlosses eine Dauerausstellung, die heute eröffnet werden konnte. Neben neun kostbaren originalen Streichinstrumenten der Hofkapelle werden Gemälde, Grafiken und ein Bühnenbildmodell der Hofoper zu sehen sein. Audiostationen und Filme erschließen eindrucksvoll die musikalische Glanzzeit – am Originalschauplatz ihres Wirkens.

Blick in den Trabantanesaan, den Standort der neuen Präsentation zur Mannheimer Hofmusik.Konservatorin Dr. Uta Coburger bei der Vorstellung der Musikpräsentation und der Veranschaulichung der Gehälter der Hofmusiker.Konservatorin Dr. Uta Coburger bei der Vorstellung der Musikpräsentation und der Veranschaulichung der Gehälter der Hofmusiker.Die neue Porträtwand im Trabantensaal des Mannheimer SchlossesLinks: Blick in den Trabantanensaal, den Standort der neuen Präsentation zur Mannheimer Hofmusik.

Darunter: Konservatorin Dr. Uta Coburger bei der Vorstellung der Musikpräsentation und der Veranschaulichung der Gehälter der Hofmusiker.

Ganz unten: Die neue Porträtwand

 

Erlebnisraum Hofmusik

Ab sofort hat die berühmte Hofmusik aus der Zeit von Kurfürst Carl Theodor einen besonderen Platz im Schloss: Heute eröffneten die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg die dauerhafte Ausstellung „Hofmusik“, die im „Trabantensaal“, dem ehemaligen ersten Vorzimmer des Kurfürstlichen Appartements in der Beletage, eingerichtet wurde. Neben den kurfürstlichen Förderern werden herausragende Musiker und Charakteristika der kurpfälzischen Hofmusik vorgestellt. Und vor allem wird Musik zu hören sein: von den Meistern der Hofmusik, aber auch von berühmten Besuchern, wie Wolfgang Amadeus Mozart und seine der Kurfürstin gewidmeten Sonaten für Hammerklavier und Violine. „Die Geschichte der Hofmusik in Mannheim ist ein außerordentlicher Schatz. Mit der Präsentation in einem eigenen Raum bieten wir unseren Gästen ein ganz besonderes Erlebnis dieses bedeutenden Aspekts der Schlossgeschichte“, sagte Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten.

Innovation und Brillanz

Die Bedeutung der Mannheimer Schule lag in einem herausragenden Ausbildungssystem, einer außergewöhnlichen fürstlichen Unterstützung und zahlreichen Innovationen. Vieles des „Mannheimer Systems“ war äußerst modern: Teamgeist und Teamarbeit, Begabtenförderung durch Stipendien, faire Sozialleistungen, leistungsorientiertes Gehalt oder Gratifikationen bei Bedürftigkeit sowie musikalische Innovationen. Grundsteine der modernen Oper wurden in Mannheim gelegt, ebenso wie die Einführung eines einheitlichen Bogenstrichs im Orchester - heute eine Selbstverständlichkeit - ein neues Klangbild ergab. „Unsere Medienstationen machen zusammen mit den Exponaten wie den Instrumenten, Gemälden und Grafiken die Mannheimer Spielkultur hör- und sehbar“, erklärt Dr. Uta Coburger, die für Schloss Mannheim zuständige Konservatorin der Staatlichen Schlösser und Gärten und Kuratorin der Ausstellung. Wissenschaftliche Beratung erhielt sie beim Erstellen des Konzeptes und der Musikauswahl durch Dr. Bärbel Pelker, die von 1990 bis 2015 zur kurpfälzischen Hofmusik an der „Forschungsstelle Südwestdeutsche Hofmusik“ der Heidelberger Akademie der Wissenschaften geforscht hatte.

Kurfürstliche Mäzenaten

Die Anfänge der berühmten Hofmusik liegen in den Düsseldorfer und Innsbrucker Kapellen des Kurfürsten Carl Philipp, doch das Fundament für die Mannheimer Schule legte die „Mediceische Stiftung“ seiner Schwägerin, der Kurfürstin Anna Maria Luisa de‘ Medici, im Jahr 1743. Dank jährlicher Zuwendungen konnte die Hofmusik aufgebaut werden. Carl Philipps Nachfolger, der sehr gut Flöte und Cello spielende Kurfürst Carl Theodor, förderte zunehmend deutschsprachige Werke, während Kurfürstin Elisabeth Auguste für Theater- und Opernaufführungen verantwortlich war. Die hohe Wertschätzung der Musik durch das Kurfürstenpaar, das einzigartige Fördersystem und die soliden Arbeitsbedingungen zogen Musiker aus ganz Europa nach Mannheim, die ihre Musikeinflüsse mitbrachten. Umgekehrt absolvierten Mannheimer Musiker bejubelte Konzertreisen nach Paris oder London oder wurden, wie Franziska Danzi-Lebrun, als Primadonna für die Eröffnung der Mailänder Scala gebucht.

Plastische Umsetzung in der Ausstellung

Viele Besonderheiten der Hofmusik wurden in einem anschaulichen Vermittlungskonzept umgesetzt. Das Fördersystem der kurpfälzischen Hofmusik wird beispielsweise in einer der Vertiefungsstationen spielerisch dargestellt: Münzstapel zu den Gehältern der einzelnen Musiker im Vergleich zu den damaligen Kosten eines Huhns oder der jährlichen Apanage Elisabeth Auguste verdeutlichen die materiellen Aspekte. Videos zeigen den „einheitlichen Bogenstrich“ oder lüften das Geheimnis der „verborgenen Geigenzettel“.

Musikgeschichte greifbar

Auch die Mannheimer Hofoper, die sich unter der Regentschaft Carl Theodors zu einem Opernzentrum von europäischem Rang entwickelte, wird vorgestellt: Ein Bühnenbildmodell, der Entwurf des Bühnenvorhangs und ein Blätterbuch lassen die Hofoper wiedererstehen. Weitere Schwerpunkte der Ausstellung sind das Ausbildungsmodell „Mannheimer Schule“, die Orchestererzieher, die Kapellmeister, einzelne Virtuosen, etwa der Flötist Johann Baptist Wendling, sowie das Thema Mozart und Mannheim. Mozart erhielt zwar keine Anstellung in Mannheim, aber seine dort geknüpften freundschaftlichen Kontakte bewährten sich dennoch: Mit Hilfe des Kapellmeisters Christian Cannabich und des Tenors Anton Raaff erhielt er den ehrenvollen kurfürstlichen Auftrag, die Oper Idomeneo für München komponieren zu dürfen, die 1781 im dortigen Residenztheater uraufgeführt wurde.

Ereignis Hoforchester

Im Zentrum der Präsentation stehen die historischen Instrumente des Leihgebers Matthias Kohl, Geigenbaumeister aus Heidelberg. Sieben Streichinstrumente der kurpfälzischen Hofinstrumentenmacher Rauch, Gülich und Langer stellt der leidenschaftliche Sammler von historischen Instrumenten den Staatlichen Schlössern und Gärten für den Hofmusikraum zur Verfügung. Zwei weitere Instrumente, die nachweislich von Hofmusikern gespielt wurden, ein Cello und eine Geige, ergänzen die außergewöhnliche Sammlung.

Bilder der Kurpfälzer Galerie für den Hofmusikraum

Es handelt sich dabei um vier Gemälde der ehemaligen Kurpfälzer Galerien Mannheim und Düsseldorf, die die Förderinnen und den Förderer der Hofmusik zeigen: die Kurfürstin Anna Maria de‘ Medici, Prinzessin Elisabeth Auguste Sophie sowie Kurfürst Carl Theodor. Die in der Düsseldorfer Residenz von Kurfürst Johann Wilhelm 1709 gegründete Galerie, zu der neben Gemälden auch Marmorfiguren, Barometer und Uhren gehörten, war teilweise 1731 mit Kurfürst Carl Philipp in das neue Schloss nach Mannheim umgezogen. Im Zuge der Übersiedlung Carl Theodors nach München kamen die meisten Gemälde dorthin – nun kehren vier von ihnen als Dauerleihgaben der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen an ihren früheren Standort zurück.

Kurfürstliche Standuhr: Kunstwerk aus Messing und Stahl

Eine weitere Kostbarkeit für den neuen Raum der Hofmusik konnten die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg bei einer Auktion im vergangenen Jahr sichern: eine Bodenstanduhr mit Glockenspiel aus dem Besitz von Kurfürst Carl Theodor. Nachdem das komplizierte Uhrwerk aus dem 18. Jahrhundert von Uhrmachermeister Christian Schnurbus restauriert wurde, kann sie nun an ihrem ursprünglichen Standort wieder erklingen. Das Spielwerk ist von höchster Qualität: Es spielt zwölf Tanzmelodien auf vierzehn Glocken. Jede Melodie dauert etwa 45-50 Sekunden und kann stündlich, zu einem selbst gewählten Zeitpunkt oder auf Auslösung von Hand erklingen. Eine große Messingwalze, die oberhalb des Uhrwerkes quer gelagert ist, besitzt Hunderte winzige Messingstifte, die die Hämmer in Bewegung setzen – eine Meisterleistung, solche exakten Melodienfolgen auf so wenig Platz unterzubringen.

Der Trabantensaal

Der Trabantensaal des Mannheimer Schlosses ist einer der wenigen Räume, der nach dem Krieg beim Wiederaufbau des Schlosses rekonstruiert wurde. Die Ausstellungsgestalter von Space4 Stuttgart haben auf Basis der Vorgaben von Dr. Uta Coburger ein sensibles Präsentationskonzept geschaffen, das Elemente des Raumes ebenso wie die Interieurs der Prunkräume aufnimmt. Die Präsentation fügt sich dadurch harmonisch in die Appartements ein. Die verwendete Technik ist energiesparend und nachhaltig und zahlreiche Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen und Musikhören ein.

Schloss Mannheim

Nach der aktuellen Corona-Verordnung des Landes ist Schloss Mannheim noch bis einschließlich Mittwoch, den 17. März 2021 geschlossen. Die Öffnung aller Monumente ist abhängig von der Entwicklung der Inzidenzzahlen im jeweiligen Stadt- oder Landkreis. Alle Öffnungen geschehen gemäß der neuen Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg; es gelten die aktuellen Hygiene- und Abstandsregeln. Das Tragen einer FFP2- oder OP-Maske in den Gebäuden ist verpflichtend. Aktuelle Informationen bezüglich der Öffnungszeiten für Schloss Mannheim unter: www.schloss-mannheim.de.

* Die Bezeichnungen "von der Pfalz" in den Titeln der Gemälde wurden als historisch falsch getilgt.

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