28.1.21

Erkenbert-Museum Frankenthal

„Objekt des Monats“ März: Notgeld mit religiöser Prägung

(emf) Auch im März stellt  das Erkenbert-Museum sein „Objekt des Monats“ ausschleßlich auf seiner Website vor. Diesmal richtet sich der Blick auf eine Bleiklippe aus dem Jahr 1623. Dabei handelt es sich um Ersatzgeld, das aus minder wertvollem Material gefertigt wurde.

Bleiklippe, 1623. Erkenbert-Museum Frankenthal. Foto: Museum.Bleiklippe, 1623. Erkenbert-Museum Frankenthal. Foto: Museum.

Eine Besonderheit des gezeigten Exemplars ist die Darstellung des Frankenthaler Ecksteins auf der Vorderseite. Diese ist dreiseitig umgeben von Strahlen, die aus Wolken hervorbrechen. Damit entfalten sich gleich mehrere Aspekte der Deutung des Frankenthaler Stadtwappens. Ursprünglich verwies es wohl als Abbild einer Pflugschar auf die landwirtschaftlich geprägten Region. Mit dem Zuzug der niederländisch-reformierten Glaubensflüchtlinge im 16. Jahrhundert trat jedoch eine religiöse Interpretation in den Vordergrund. Nun wurde das Symbol als der in der Bibel erwähnte Eckstein gedeutet, der das Fundament der Kirche bildet. Der Eckstein wurde mit Christus gleichgesetzt. Diese Deutung wird gestützt durch die lateinische Umschrift der Klippe, die übersetzt lautet: „Gott ist unser Eckstein.“ Die Wolken mit den Strahlenbündeln stehen in der christlichen Bildsprache für das Erscheinen Gottes, dessen göttliches Licht durch die Wolken bricht. Aber auch die Dreizahl verweist auf religiöse Inhalte. Die Dreifaltigkeit Gottes als Geheimnis christlichen Glaubens wird zum Schutz der bedrohten Stadt aufgerufen.

Die Anrufung göttlichen Beistands war, mitten im Dreißigjährigen Krieg, ein Gebot der Stunde. Im Jahr 1623 kämpfte der reformierte Pfälzer Kurfürst Friedrich V. erfolglos gegen die Truppen der Katholischen Liga unter Johann Tserclaes von Tilly. Im Sommer des Vorjahres hatte Tilly Heidelberg eingenommen, Mannheim kapitulierte im Spätherbst. Frankenthal war der letzte verbliebene Stützpunkt der Kurpfalz. Die „stärkste Festung links des Rheins“ wurde ein halbes Jahr lang belagert. Die Vorräte wurden knapp, die englischen Söldner, die die Stadt verteidigten, mussten bezahlt werden. Da prägten die Frankenthaler Gold- und Silberschmiede Notgeld. Sie beherrschten die Kunst des Stempelschneidens und Siegelgrabens und arbeiteten die Prägestempel für das neue Geld aus.

Klippen sind eckige Münzen, die vom Barren geschnitten wurden. Bis etwa 1623 herrschte eine Inflation an Klippen. Edelmetallmünzen verschwanden aus dem Umlauf, Lebensmittel wurden ständig teurer. Da Gold und Silber in Kriegszeiten kaum verfügbar waren und Geld zur Finanzierung der Heere benötigt wurde, mussten zusätzliche Zahlungsmittel geschaffen werden. In die hier vorgestellte Notklippe aus Blei ist nur auf einer Seite ein Stempel geschlagen worden, der Münzwert ist nicht explizit angegeben.

 

Mehr zum Projekt „Objekt des Monats“

Das „Objekt des Monats“ ist ein gemeinsames Projekt des Erkenbert-Museums und der Stadtbücherei, bei dem im Wechsel besondere Objekte des Museums in einer Vitrine im Eingangsbereich der Stadtbücherei ausgestellt werden. Hintergrund ist die derzeitige Schließung des Museums aufgrund anstehender Sanierungsarbeiten. Das Museum wird in dieser Zeit mit einer Reihe von Aktionen und Ausstellungen unter dem Motto „Das Museum in der Stadt“ für die Öffentlichkeit sichtbar bleiben.

Im Internet unter www.frankenthal.de/erkenbert-museum (Menüpunkt „Objekt des Monats“)

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