Projekt kulturer.be
21.9.20
Mein Onkel schenkte mir eines Tages den berühmten Roman von Jozef Ignacy Kraszewski über das traurige Schicksal der Gräfin Cosel, der Mätresse des sächsischen Kurfürsten August des Starken, über die Frau, die ihre Möglichkeiten überspannte und von ihrem Fürsten lebenslang eingekerkert wurde. Ich weiß nicht mehr, was genau mich am Schicksal dieser Frau berührte, bewegte und faszinierte, aber die Gräfin Cosel ist mir seither ein fester Begriff. Nach Dresden zu fahren und nicht Burg Stolpen, wohin sie verbannt war, zu besuchen ging also schon mal gar nicht.
Burg Stolpen ist im Ursprung eine mittelalterliche Anlage des frühen 13. Jahrhunderts und war im Besitz des Bischofs von Meißen, der hierher auch im 15. Jahrhundert eine seiner Residenzen verlegte und die Burg ausbaute. 1559 zwang Kurfürst August von Sachsen den Bischof, ihm die Burg zu übergeben und ließ sie als Festung ausbauen. Um 1675 folgten weitere großzügige Festungsbauten. Dann aber begann die Zeit des Niedergangs. 1723 wurde das Schloss bei einem Brand der Stadt beschädigt, 1756 schleiften die preußischen Truppen im Siebenjährigen Krieg die Festungsanlagen, verfiel aber nach der Rückeroberung durch Sachsen nach 1758 zusehends. Die Zerstörung vollendeten französische Truppen 1813, die vor ihrem Rückzug aus Sachsen die übrig gebliebenen Festungsanlagen sprengten.
Gräfin Constantia von Cosel betrat die Burg 1716 als Gefangene des Kurfürsten und verließ sie nicht mehr, bis sie 1765 85jährig starb. Ihr Quartier in den herrschaftlichen Räumen des Zeughauses musste sie nach einem Brand dort 1743 verlassen, die folgenden zwei Jahrzehnte bewohnte sie den als Wohnturm umgebauten Johannisturm, der auch heute noch steht.
Schon beim Betreten der Burg fallen die Basaltsäulen auf, sie stammen von dem vor Urzeiten hier tätigen Vulkan, und der fünfeckige Grundriss der Säulen kommt von der kristallinen Struktur des Erstarrungsgesteins. Alle Mauern der Festung sind praktischerweise auf diesem Gestein. Dass sie mit dieser dunklen Farbe ziemlich schaurig und drohend aussehen, war vermutlich ein willkommener Nebeneffekt. Das einzige Freundliche war der weiß verputzte einstöckige runde Barockpavillon an Tor, vermutlich ein Wachhäuschen.
Das Zeughaus ist Ruine, ebenso wie die Schlosskirche. Ein kleines Museum über die Gräfin, ihr Leben, ihre Verwicklungen in das sächsische Staatsinteresse und über ihren Aufenthalt hier ist allerdings nicht in „ihrem“ Turm, sondern im Schösserturm in der Nähe des Zugangs zur Burg eingerichtet.
Der Name „Stolpen“ kommt vom slawischen Wort für Säule, stolp, und bezieht sich auf die Basaltsäulen des Burgbergs, die unmittelbar vor dem Zugang zur Burg sichtbar sind.
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