7.3.19

Der Stiftsbezirk St.Gallen öffnet sich neu

(sbsg) Zum UNESCO-Weltkulturerbe Stiftsbezirk St. Gallen zählen nicht nur der weltberühmte barocke Bibliothekssaal und die prachtvolle Kathedrale. Dazu gehört auch das «Wunder der schriftlichen Überlieferung». An keinem Ort in Europa sind frühmittelalterliche Handschriften und Urkunden in nur annähernd vergleichbarer Dichte erhalten. In den kommenden vier Monaten werden drei neue Ausstellungen diesen einzigartigen Schatz einem breiten Publikum erschliessen. Stark ausgebaut werden dabei auch die Angebote für Kinder und Familien.

Einblicke in den barocken Bibliothekssaal des Stifts St. Gallen. Beide Fotos © Stiftsbibliothek St. GallenEinblicke in den barocken Bibliothekssaal des Stifts St. Gallen. Beide Fotos © Stiftsbibliothek St. GallenEinblicke in den barocken Bibliothekssaal des Stifts St. Gallen. Beide Fotos © Stiftsbibliothek St. Gallen

Die neuen Angebote werden im Rahmen eines Programm-Crescendos mit drei Eröffnungen eingeführt, die zwischen dem 20. Januar und 13. April 2019 stattfinden. Der Besucher wird dazu in modernen Inszenierungen angeregt, sich mit dem in 1400 Jahren in St.Gallen entstandenen «Wunder der Überlieferung» auseinander zu setzen, getreu dem neuen Leitbild des UNESCO Weltkulturerbes: «Werte zum Entdecken: zeitlos, einzigartig, inspirierend».

Seit dem 20. Januar 2019 zeigt die Stiftsbibliothek im neu eröffneten stimmungsvollen Gewölbekeller die neue Dauerausstellung «Gallus und sein Kloster». Sie spannt den Bogen vom Untergang der Antike über die klösterliche Überlieferung bis zur barocken Fürstabtei und zur Auflösung des Klosters in der Zeit Napoleons. Ein erster Schwerpunkt liegt auf der irischen Mission und dem Leben des heiligen Gallus. Ein zweiter Fokus gilt der karolingischen Gozbert-Basilika mit ihren aussergewöhnlichen Kapitellen. Höhepunkt ist das «Evangelium Longum» mit dem Prachteinband von Mönch Tuotilo, das um 895 entstanden ist und von vielen Experten als das schönste Evangelium der Welt bezeichnet wird. Keine zweite Handschrift dieser Zeit ist so gut erhalten und zeitnah so gut dokumentiert wie das «Evangelium Longum». Es trägt die grössten Elfenbeintafeln, die aus der Antike überliefert sind und einst Karl dem Grossen gehörten.

Am 12. März wird die Sommerausstellung der Stiftsbibliothek mit dem Titel «Vater für die Armen – Otmar und die Anfänge des Klosters St.Gallen» eröffnet. In diesem Jahr jährt es sich zum 1300sten Mal, dass Otmar im Jahr 719 als erster Abt die von Gallus gegründete Gemeinschaft zu einem eigentlichen Kloster ausgebaut hat.

Am 12. April eröffnet das Stiftsarchiv schliesslich die neue Dauerausstellung «Wunder der Überlieferung». Sie öffnet den Blick auf eine Lebenswelt, wie sie uns der reichste klösterliche Urkundenschatz Europas offenbart. Bedeutendstes Exponat ist der weltberühmte St.Galler Klosterplan. Es ist die weltweit älteste noch existierende Architekturzeichnung aus dem frühen Mittelalter und gilt als ältester noch vorhandener Bauplan Europas. Eine aufwendige Multivision erschliesst den Plan als Bühne klösterlichen Lebens. Erstmals wird die breite Öffentlichkeit dabei einen Blick auf das Original werfen können.

Parallel zu den Neu-Eröffnungen werden neue Vermittlungsformate und Programme lanciert. Dazu gehören neue und längere Führungsangebote sowie neue Attraktionen für Kinder, Familien und Schulen, wie zum Beispiel der Workshop «Schafe, Tintenklecks und Hexenschuss – Schreiben wie im Mittelalter». Ebenso werden die Shopangebote erneuert, das Personal erhält eine neue Bekleidung und bereits in Betrieb ist eine neue Webseite für die touristischen Angebote im Stiftsbezirk.

Weshalb die neuen Angebote

Der Stiftsbezirk St.Gallen ist als UNESCO-Weltkulturerbe identitätsstiftend für Stadt, Region und Kanton St.Gallen und ein zentraler touristischer Anziehungspunkt mit aktuell knapp 140'000 Besuchern, davon einem Grossteil an Touristen aus der ganzen Welt. Im Wissen darum engagieren sich Kanton, Stadt, Katholischer Konfessionsteil, das Bistum und St.Gallen Bodensee Tourismus seit Jahren gemeinsam für dessen Entwicklung. So präsentierten sie im Jahr 2016 den Management-Plan für den Stiftsbezirk, der die Ziele zum nachhaltigen Schutz, dem Erhalt und der Vermittlung des Weltkulturerbes festlegt und entsprechende Massnahmen definiert. Mit den zwei neuen Dauerausstellungen und den damit erfolgten Anpassungen in der betrieblichen Struktur wird ein wesentlicher Teil der Umsetzung des Managementplanes abgeschlossen.

Zum neuen Gewölbekeller

Das älteste Gallus-Bild, um 895, Rückseite des Prachteinbandes des Evangelium Longum. Das Detail zeigt die Legende von Gallus und dem Bären. (© Stiftsbibliothek St.Gallen)

Evangelium Longum. St.Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 53, Vorderseite (© Stiftsbibliothek St.Gallen)Ausstellung im Gewölbekeller (© Stiftsbibliothek St.Gallen, Fotograf: Chris Oswald / www.chrispix.ch)Gallus-Figurine (© Stiftsbibliothek St.Gallen, Fotograf: Chris Oswald / www.chrispix.ch)Oben: Das älteste Gallus-Bild, um 895, Rückseite des Prachteinbandes des Evangelium Longum. Das Detail zeigt die Legende von Gallus und dem Bären. (© Stiftsbibliothek St.Gallen)

Links: Evangelium Longum. St.Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 53, Vorderseite (© Stiftsbibliothek St.Gallen)

Darunter: Ausstellung im Gewölbekeller (© Stiftsbibliothek St.Gallen, Fotograf: Chris Oswald / www.chrispix.ch)

Unten: Gallus-Figurine (© Stiftsbibliothek St.Gallen, Fotograf: Chris Oswald / www.chrispix.ch)

 Im neu renovierten Gewölbekeller (vorher Lapidarium) führt die Dauerausstellung «Gallus und sein Kloster» anhand von Originalhandschriften und Objekten durch 1400 Jahre europäische Kulturgeschichte, von der Pilgerfahrt des Gallus bis hin zum UNESCOWeltkulturerbe Stiftsbezirk St.Gallen. Sie stellt den Beitrag der Klöster an die kulturelle Entwicklung Europas dar, in den Bereichen Schrift, Sprache, Musik, Architektur, Kunst und Spiritualität.

Konzipiert und entwickelt wurde die neue Dauerausstellung vom bekannten Ausstellungsmacher Peter Jezler zusammen mit Szenograf Raphael Barbier und dem Wissenschaftsteam der Stiftsbibliothek St.Gallen.

Ein Glanzlicht der neuen Ausstellung im Gewölbekeller bildet das «Evangelium Longum».

Es ist ein Prachteinband, der um 895 vom St.Galler Mönch Tuotilo mit Gold, Edelsteinen und Elfenbein geschaffen wurde. Die beiden Elfenbeintafeln, die Tuotilo mit der Szene von Gallus mit dem Bär schnitzte, vermitteln erstmals bildlich die Gründungslegende von St.Gallen. Ein Film folgt den Spuren des heiligen Gallus auf seiner Missionsreise von Irland an den Bodensee bis ins Steinachtal.

Ergänzt wird die neue Dauerausstellung durch die bedeutenden Kapitelle und archäologischen Funde aus der 837 eingeweihten Gozbertbasilika. Diese stehen für die frühmittelalterliche Architektur in der Zeit des St.Galler Klosterplans. Sie werden von der Kantonsarchäologie zur Verfügung gestellt.

In einer eigenen Vitrine mit wechselnden Leihgaben des Stadtarchivs der Ortsbürgergemeinde St.Gallen wird die Beziehung des Reichsklosters zur Reichsstadt St.Gallen thematisiert. Kostbarkeiten aus dem Domschatz und der Kuriositätensammlung sowie das Modell der Klosterkirche spannen den Bogen der Ausstellung bis in die Blütezeit des Barocks.

Dauerausstellung «Gallus und sein Kloster» im Gewölbekeller

Sommerausstellung der Stiftsbibliothek «Vater für die Armen – Otmar und die Anfänge des Klosters St.Gallen», 12. März - 17. November 2019

Dauerausstellung im Stiftsarchiv «Wunder der Überlieferung».ab 12. April

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