2.12.19

Hans Baldung Grien – ein Ausnahmekünstler der Renaissance

(skk) 60 Jahre sind vergangen, seit die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe die letzte und weltweit bisher einzige große Ausstellung zu Hans Baldung Grien präsentierte. Nun widmet das Museum dem außergewöhnlichen Renaissancekünstler eine Große Landesausstellung Baden-Württemberg mit dem Titel „Hans Baldung Grien. heilig | unheilig“, die vom 30. November bis 8. März 2020 zu sehen ist.

Hans Baldung Grien. Zwei Hexen. 1523. © Städel Museum, Frankfurt. Foto: U. EdelmannHans Baldung Grien. Ungleiches Liebspaar. 1528. Staatl. Kunsthalle KarlsruheHans Baldung Grien. Der Tod und das Mädchen. Um 1520/25. Kunstmuseum Basel. PDHans Baldung Grien.

Links oben: Zwei Hexen. 1523. © Städel Museum, Frankfurt. Foto: U. Edelmann

Rechts oben: Ungleiches Liebspaar. 1528. Staatl. Kunsthalle Karlsruhe

Links: Der Tod und das Mädchen. Um 1520/25. Kunstmuseum Basel. PD.

Den tiefgreifenden Umwälzungen seines Zeitalters, geprägt durch Reformation, Bildersturm und Bauernkrieg, setzte Hans Baldung, genannt Grien (1484/85 – 1545) ein individuelles, oftmals exzentrisches Werk entgegen. Zwei Pole bestimmten sein Schaffen: Zum einen das Religiöse, das er in imposanten Altarwerken, leuchtenden Glasgemälden und intimen Andachtsbildern gestaltete. Zum anderen das Weltliche, so interpretierte er Geschichten aus Antike und Gegenwart, malte charaktervolle Porträts, schuf verrätselte Denkbilder, die seine humanistischen Auftraggeber zum Gespräch anregten, und sinnliche Akte, zu denen auch die berühmten Sündenfalldarstellungen und die drastischen Hexenszenen zählen.

Hans Baldung Grien, vermutlich geboren in Schwäbisch-Gmünd, wuchs als Sohn einer humanistisch geprägten Gelehrtenfamilie in Straßburg auf und ergriff als einziges Mitglied der Akademikerfamilie den Künstlerberuf. Einige Jahre war er Mitarbeiter der Werkstatt Albrecht Dürers. Hier setzte er den wichtigen Impulsen, die er aus dem Kreise Dürers empfing, eine eigenständige künstlerische Haltung entgegen. Der Weg führte ihn weiter nach Freiburg, wo er mit dem Hochaltar-Retabel des Münsters sein malerisches Hauptwerk verwirklichte. Von 1517 bis zu seinem Tod 1545 war Baldung erneut produktiv und erfolgreich in Straßburg tätig.

Die Kunsthalle breitet in der Großen Landesausstellung das heute bekannte Werk so vollständig wie möglich in seiner chronologischen Entwicklung und thematischen Vielfalt aus. 200 Exponaten Baldungs, darunter 62 Gemälde und 13 Glasgemälde, stehen 50 Werke von Zeitgenossen wie Dürer, Cranach und Schongauer gegenüber. Sie deuten den historischen Kontext an, in dem Hans Baldung Grien biografisch, künstlerisch und intellektuell verankert ist und in dem er sich behauptet hat.

„Die Werke von Hans Baldung Grien zählen seit Gründung des Museums zu den großen Schätzen der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Die Kunsthalle Karlsruhe habe sich um Baldung schon immer besonders verdient gemacht. „Seine Bilder faszinieren heute noch in mehrfacher Hinsicht. Sie zeigen eindrückliche Darstellungen sakraler Themen ebenso wie eine höchst lebenszugewandte Sicht auf das Sinnliche. Hans Baldung Grien hat seine grausame Gegenwart verstörend genau wiedergegeben. Es ist der Kern seiner Kunst, die Widersprüche der Zeit zu versinnbildlichen und neue Horizonte zu eröffnen.“

„Die Kunsthalle Karlsruhe besitzt eine der bedeutendsten Baldung-Sammlungen überhaupt. Darunter die frisch restaurierte, für die Geschichte des badischen Landesteils so immens wichtige Markgrafentafel aus der Zeit um 1510. Und nun auch drei Fragmente seines bisher weitgehend unbekannten Gemäldes ‚Lot und seine Töchter‘, die das Land aus Mitteln der Museumsstiftung und mit Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung und einer privaten Mäzenin jüngst erwerben konnte – gerade noch rechtzeitig, um sie in der Großen Landesausstellung präsentieren zu können“, so Petra Olschowski, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Es sei ein „besonderer Glücksfall“, dass das Land Baden-Württemberg diese Tafeln für die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe erwerben konnte. „Es ist gerade für Baden-Württemberg von besonderem Interesse, diese faszinierenden Werke in der Landesausstellung im Kontext weiterer Schaffensperioden erleben zu können.“

Prof. Dr. Pia Müller-Tamm, Direktorin der Kunsthalle: „Baldung hat ein schillerndes – nicht nur erbaulich-frommes, sondern auch dunkel-magisches, erotisch-provokantes und intellektuell anspruchsvolles – Werk hinterlassen. Die Ausstellung zeigt einen sinnlich sensiblen, reflektierten und gekonnt inszenierenden Künstler, der sich souverän im Spannungsfeld der gelehrten Diskurse seiner Zeit bewegte. Dies soll der Untertitel des Ausstellung ‚heilig | unheilig‘ andeuten. Er will keine dualistische Lesart nahelegen, sondern den Blick auf die unbestimmten Zonen des Dazwischen, die eigensinnigen Mehrfachkodierungen seiner Bilder lenken, denn allzu oft sind sie beides in einem – heilig und unheilig.“

„Baldung war ein empfindender und denkender Künstler, entsprechend schuf er Bilder zum Nach-Empfinden und Nach-Denken. Seine Werke sind anrührend und tiefgründig. Er stellt Grundfragen des Lebens und interessiert sich auch für dessen Abgründe, für das Werden und das Vergehen, die Liebe und den Tod, die freudvollen und die leidvollen Momente unserer Existenz. Sie befassen sich mit dem Diesseits und dem Jenseits, zeigen Gottes Zorn, Christi Erbarmen und den Dämon, der allzu oft in uns selber steckt“, so Dr. Holger Jacob-Friesen, Kurator der Ausstellung.

„Die Ernst von Siemens Kunststiftung unterstützt die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe seit vielen Jahren bei der Bewahrung, Erforschung und Weiterentwicklung der eigenen Sammlung an Arbeiten Hans Baldung Griens: die Restaurierung der Markgrafentafel, der Erwerb des fragmentierten Gemäldes von Lot und seinen Töchtern und nun der große Retrospektive – fast eine halbe Million Euro, welche die Stiftung der Kunsthalle hierfür bereit gestellt hat. Bereits für sich sind alle drei Projekte im Sinne unseres Stifters Ernst von Siemens, dem der Erhalt von herausragender Kunst für die Öffentlichkeit am Herzen lag. Ergänzen sich Restaurierungen, Ankäufe und Ausstellungsprojekte so großartig wie in diesem Fall, ist dies für die Stiftung ein dreifacher Grund zur Freude.“, so Dr. Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung.

Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Es ist an der Zeit und daher verdienstvoll und erfreulich, dass die Kunsthalle Karlsruhe sich mit der Großen Landesausstellung erneut der 40jährigen Schaffenszeit von Hans Baldung Grien widmet. In den vergangenen Jahren hat sich die Forschung zu dem Werk dieses großen Renaissancekünstlers vielfältig entwickelt. Es ist wichtig, diese neuen Erkenntnisse der Öffentlichkeit im Rahmen einer solchen Ausstellung zu vermitteln.“

Für die Ausstellung „Hans Baldung Grien. heilig | unheilig“ hat die Kunsthalle rund 170 Leihgaben aus nationalen und internationalen Sammlungen zusammengetragen, so aus dem Rijksmuseum in Amsterdam, dem Kunstmuseum Basel, den Staatlichen Museen zu Berlin, den Gallerie degli Uffizi in Florenz, dem Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid, den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen aus München, dem Metropolitan Museum of Art in New York oder dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Die Leihgaben werden in Verbindung mit den umfangreichen Sammlungsbeständen der Kunsthalle zu Baldung und der Kunst der frühen Neuzeit präsentiert. Kurator der Ausstellung ist Dr. Holger Jacob-Friesen, der von der Ko-Kuratorin Dr. Julia Carrasco und der wissenschaftlichen Volontärin Dr. Johanna Scherer unterstützt wurde.

Die Große Landesausstellung „Hans Baldung Grien. heilig | unheilig“ steht unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, und dem Präsidenten der Région Grand Est, Jean Rottner. Sie wird gefördert durch das Land Baden-Württemberg sowie durch die Ernst von Siemens Kunststiftung und die Kulturstiftung der Länder. Weitere Förderer sind die Région Grand Est und die Erzbischof Hermann Stiftung. Hauptsponsor ist die
L-Bank – Staatsbank für Baden-Württemberg.

Hans Baldung Grien. heilig | unheilig

Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen, 10:00–18:00 Uhr
1.1.2020, 13:00–18:00 Uhr / 6.1.2020, 10:00–18:00 Uhr
Montag (außer feiertags) und am 25.2.2020 geschlossen

Einzelticket: 12 Euro / ermäßigt 9 Euro / Schüler*innen 3 Euro
Gruppenticket: 9 Euro pro Person (nur mit Anmeldung ab einer Gruppengröße von 10 Personen)

Kombi-Ticket mit der Großen Landesausstellung im Badischen Landesmuseum „Kaiser & Sultan“
Einzelticket: 20 Euro / ermäßigt 16 Euro
Gruppenticket: 16 Euro pro Person (nur mit Anmeldung ab einer Gruppengröße von 10 Personen)

Multimedia-Guide in deutscher, englischer und französischer Sprache
4 Euro / Schüler*innen 2 Euro

Öffentliche Führungen
täglich (außer montags), 15:00 Uhr
samstags, sonntags, feiertags, 11:00 / 13:00 / 15:00 Uhr
Führungsentgelt: 4 Euro / Schüler*innen 2 Euro jeweils zuzüglich Eintritt

Führungen in französischer Sprache
samstags und sonntags, 14:30 Uhr

Familien-Führungen
sonntags, 14:00 Uhr
Teilnahmebeitrag: 10 Euro pro Familie

Kurator*innen-Führungen
Dienstag, 7. und 28. Januar, 4. und 18. Februar, 3. März, 19:00 Uhr

Alle Termine und Themen unter kunsthalle-karlsruhe.de/kalender.

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