26.7.18

Ergebnisse einer Rettungsgrabung im Neubaugebiet Möwenweg, Bad Buchau (Kreis Biberach)

(rps/LAD) Anlässlich der derzeitigen Rettungsgrabung im Vorfeld der Erschließungsarbeiten lud das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (LAD)  in das Neubaugebiet Möwenweg in Bad Buchau zu einem Pressetermin ein. Dr. Julia Goldhammer, Referentin für Feuchtbodenarchäologie, und der technische Grabungsleiter vor Ort Wolfgang Hohl, beide vom LAD, erläuterten die Befunde sowie Funde und standen für Fragen zur Verfügung.

Die Grabungsfläche in Bad Buchau Möwenweg mit den Überresten der Pfahlstruktur aus der Luft. (Quelle: P. Scherrer, LAD)

Mit dem Staubsauger im Einsatz: Ein Grabungsarbeiter bereitet die Reste des Holzbauwerks für die Fotodokumentation vor. (Quelle: W. Hohl, LAD)Oben: Die Grabungsfläche in Bad Buchau Möwenweg mit den Überresten der Pfahlstruktur aus der Luft. (Quelle: P. Scherrer, LAD)

Links: Mit dem Staubsauger im Einsatz: Ein Grabungsarbeiter bereitet die Reste des Holzbauwerks für die Fotodokumentation vor. (Quelle: W. Hohl, LAD)

Die Archäologinnen und Archäologen untersuchen neben einer kleinen Fischfanganlage eine mächtige Pfahlstruktur. Bei letzterer handelt es sich um die Reste eines gut erhaltenen, hölzernen Überwegs auf Pfählen aus prähistorischer Zeit. Interessante Fundobjekte wie Werkzeuge aus Stein, Knochenspitzen und Keramikscherben aus dem Umfeld können dem Pfyn-Altheimer Horizont zugeordnet werden. Dieser datiert zwischen 3900–3500 v. Chr. Nimmt man an, dass die Fundobjekte beim Bau oder beim Überqueren des Steges verloren gingen, ist dieses Bauwerk somit über 5500 Jahre alt.

Die Hölzer, von denen es sich bei vielen um Eichen handelt, werden derzeit noch im Dendrochronologischen Labor des Landesamts für Denkmalpflege in Hemmenhofen analysiert, um ein genaues Schlagdatum der Pfähle zu erhalten. Derzeit ist noch nicht abzusehen, ob es sich bei der Holzkonstruktion um eine Brücke handelt, die eine offene Wasserfläche überspannte, oder ob es eine direkte Zuwegung zu einer Siedlung war, die bislang noch unbekannt ist. Fest steht, dass das Holzbauwerk am Ende seiner Nutzung marode wurde und alle Stützpfähle schließlich Richtung Nordosten umknickten, als das Bauwerk in sich zusammenbrach. Seine Reste haben sich exzellent erhalten und stammen aus einer Zeit, von der am Federsee bisher noch keine Steg- oder Weganlage überliefert ist. Solche Bauwerke aus der Jungsteinzeit in einer solch guten Erhaltung sind in Europa äußerst selten. Ein ähnlich altes Beispiel wurde mit dem sogenannten Sweet Track aus einem Sumpfgebiet im Südwesten Englands entdeckt.

Überreste eines hölzernen Überwegs. Über 800 Pfosten und hölzerne Bauteile wurden während einer Rettungsgrabung freigelegt. (Quelle: W. Hohl, LAD)Sichel aus Plattenhornstein. Das Rohmaterial stammt vermutlich aus einem steinzeitlichen Bergwerk bei Regensburg. (Quelle: M. Erne, LAD)Überreste eines hölzernen Überwegs. Über 800 Pfosten und hölzerne Bauteile wurden während einer Rettungsgrabung freigelegt. (Quelle: W. Hohl, LAD)

Sichel aus Plattenhornstein. Das Rohmaterial stammt vermutlich aus einem steinzeitlichen Bergwerk bei Regensburg. (Quelle: M. Erne, LAD)

Die menschliche Besiedlung Oberschwabens in der Pfyn-Altheimer Zeit ist bereits mehrfach belegt. In Alleshausen/Seekirch-Ödenahlen im nördlichen Federseeried wurden Reste eines Dorfes aus der Zeit um 3700 v. Chr. untersucht. Dieses Dorf bestand vermutlich aus 20 bis 30 Häusern. Bei den Gebäuden handelte es sich um sogenannte Stelzbauten – die Fußböden lagen etwa 60–70 cm über dem Untergrund. Weitere Hinweise auf Ansiedlungen der Pfyn-Altheimer Gruppe kommen aus Riedschachen III bei Bad Schussenried-Steinhausen sowie vom Fundplatz Bachwiesen II in Bad Buchau. Einzelne Funde, die der Pfyn-Altheimer Gruppe zuzuweisen sind, stammen außerdem aus dem Taubried zwischen Bad Buchau und dem Henauhof.

Die Dörfer der Zeit waren in uferparallele Häuserreihen gegliedert und in manchen Fällen von Palisaden umgeben. Die Ackerbauern und Viehhalter verarbeiteten bereits Kupfer und stellten Beil- und Dolchklingen daraus her. Für die Bearbeitung des Überwegs vom Möwenweg haben sie jedoch nach bisherigem Kenntnisstand noch Steinbeile genutzt.

Die Rettungsgrabung am Möwenweg ist ein wichtiger Puzzlestein, die Lebensweise der Menschen von damals zu verstehen und gibt Einblick in die Zimmermannskunst von vor über 5500 Jahren. Die Stadt Bad Buchau sowie das Landesamt für Denkmalpflege finanzieren die Dokumentation des außergewöhnlichen Befunds. Nach Abschluss der archäologischen Arbeiten wird das Baugelände für die Erschließung freigegeben.

Das Grabungsteam bietet am Montag, 30. Juli 2018, um 16.30 Uhr eine öffentliche Führung auf der Grabung an.

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