23.7.18

Schloss Favorite Rastatt

Repräsentation und Rückzug. Ausstellung über die einzigartige Eremitage

Eremitage der Markgräfin Sybilla Augusta von Baden-Baden im Schlosspark Favorite(ssg) Im Jahr 2018 feiert ein faszinierendes Bauwerk Jubiläum: Die Eremitage im Garten von Schloss Favorite bei Rastatt wird 300 Jahre alt. Markgräfin Sibylla Augusta von Baden-Baden (1675–1733) ließ das kleine Bauwerk von ihrem Hofarchitekten Michael Ludwig Rohrer erbauen. Mit karger Ausstattung und mystischer Atmosphäre war die Eremitage der Gegenpol zum nahe gelegenen reich ausgestatteten Schloss: Privater Rückzug, stille Buße und fromme Andacht standen der höfischen Pracht und den Lustbarkeiten des Schlosses gegenüber. Jetzt widmen die Staatlichen Schlösser und Gärten ihr eine Ausstellung und eine umfangreiche Publikation. Die Ausstellung, begleitet von einem Vortrag und Führungen, ist vom 21. Juli bis zum 21. Oktober in Schloss Favorite zu sehen.

Ausstellung ab dem 21. Juli in Schloss Favorite
Die Eremitage im Garten von Schloss Favorite ist einzigartig: Das Bauwerk, errichtet in den Jahren 1717 und 1718, ist weitgehend original erhalten, nur gering im 19. Jahrhundert verändert. Wenige solcher höfischen Eremitagen, vergängliche Kunstwerke, sind heute noch erhalten – und bei der Rastatter Eremitage ist der Zustand ganz ungewöhnlich komplett. Auch das ist ein Ergebnis der Forschungsarbeit, die der Ausstellung zum 300-jährigen Jubiläum des Bauwerks vorausgingen. „Wir verdanken viele Erkenntnisse im Rahmen der Vorbereitung der herausragenden Kooperation mit der Universität Leipzig“ erklärt Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. Die Kunsthistorikerin Dr. Nadja Horsch konnte als Kuratorin für die Ausstellung gewonnen werden: Die Professorin am Leipziger Institut für Kunstgeschichte widmet ihre Forschungen diesem Thema. Die Vorbereitung für Ausstellung und für die umfangreiche Publikation, die im Michael-Imhof-Verlag erscheint, ergaben viel an neuer Erkenntnis. „Damit wird sich auch unsere Arbeit verändern. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg stehen im engen Austausch mit Forschungsreinrichtungen – und ebenso wichtig ist es für uns, die wissenschaftliche Aufarbeitung der Monumente des Landes immer gleich als Teil der Präsentation in Führungen und in Veröffentlichungen umzusetzen.“

Zentraler Raum in der Eremitage mit Darstellungen der Passionsgeschichte. Wachsfiguren mit Stoffkleidern.Zentraler Raum in der Eremitage mit Darstellungen der Passionsgeschichte. Wachsfiguren mit Stoffkleidern.Oben: Eremitage im Schlossgarten Favorite

Lins und unten: Zentraler Raum in der Eremitage mit Darstellungen der Passionsgeschichte. Wachsfiguren mit Stoffkleidern.

Einsiedeleien faszinieren die vornehme Welt
„Eremitagen“ waren künstliche Einsiedeleien. Geistliche wie weltliche Würdenträger ließen sich von der Idee faszinieren, im eigenen Garten die Lebenswelt eines frommen und bedürfnislosen Einsiedlers zu inszenieren. Man weiß von solchen Bauwerken schon seit dem Ende des Mittelalters. Nach dem Vorbild echter Einsiedeleien wurden sie betont einfach gestaltet – zumindest im Äußeren. Im Inneren entsprachen sie hingegen oft dem gewohnten Luxus der vornehmen Auftraggeber. Es gab sie an vielen Orten, sie waren beliebte Kulisse für den Hof. Die vornehme Welt ergötzte sich an der Einfachheit und Rohheit und am scharfen Gegensatz zu Glanz und Pracht und Anspruch des Hofes - und genoss die fromme Ermahnung zur Bescheidenheit, die damit verbunden war. Doch blieben sie oft Kulisse und Staffage für ländliche Inszenierungen.

Absolute Sonderstellung in Favorite
Ganz anders die Eremitage im Garten der Favorite: Das Bauwerk war keine höfische Kulisse, sondern enthielt in ihrem Zentrum eine der Heiligen Magdalena geweihte Kapelle. „Sie diente der frommen Markgräfin zum Büßen und Beten“, erklärt Dr. Petra Pechacek, die Konservatorin von Schloss Favorite. Auch das sei eine deutliche Erkenntnis: Die Eremitage der Sibylla Augusta war ernstgemeint. Die fromme Markgräfin zog sich in ihrer Magdalenenkapelle zurück – allein in der stillen Gesellschaft der Heiligen Familie. Am rohen Holztisch und in Gegenwart dieser lebensgroßen Wachsfiguren aß die Landesherrin ihre einfachen Mahlzeiten. Noch heute atmet die Kapelle diese tiefe Frömmigkeit.

Verborgener Ort des Rückzugs im Fasanengarten
Was sich ebenfalls zeigte: Die Eremitage war bewusst angelegt als eine Art „Anti-Favorite“, als Gegensatz zum festlich-fröhlichen Lustschloss, das bis heute die kostbaren Sammlungen der Markgräfin birgt. Zwar war das ländliche Schloss auch schon Rückzugsort – vom zeremoniellen Leben in der Rastatter Residenz. Die Eremitage aber bot nun die stille Abkehr von allem weltlichen Glanz. Zu Zeiten der Markgräfin war dieser Charakter der Abgeschiedenheit noch viel deutlicher zu spüren: Denn damals war die Kapelle ganz verborgen im Dickicht des Fasanengartens, erreichbar nur über schmale und verschlungenen Pfade.

Leihgaben aus vielen Orten
Die Ausstellung in den sechs Erdgeschossräumen des Lustschlosses zeigt anhand von zahlreichen Exponaten und Abbildungen die Geschichte und Bedeutung eines kulturgeschichtlichen Phänomens. Eindrucksvoll sind die Leihgaben, die für die Ausstellung zur Verfügung gestellt wurden: etwa ein historisches härenes Bußgewand der Herzogin Renata von Lothringen aus der Kirche St. Michael in München oder das Ölgemälde einer büßenden Maria Magdalena aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Weitere Leihgeber sind u.a. die großen Landesbibliotheken in Karlsruhe und Stuttgart, das Generallandesarchiv in Karlsruhe, Kloster Einsiedeln in der Schweiz, das Stadtmuseum Görlitz, das Wehrgeschichtliche Museum Rastatt, die Städtische Galerie Backnang, die Staatsbibliothek Bamberg, die Universitätsbibliotheken von Tübingen, Heidelberg, Leipzig und München, private Leihgeber und die befreundeten Schlösserverwaltungen in Hessen und Bayern.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.

Repräsentation und Rückzug
Die Eremitage von Schloss Favorite Rastatt
Ausstellung in Schloss Favorite. 21. Juli bis 21. Oktober 2018

Der Besuch der Ausstellung ist im Schlosseintritt von 8,00 € enthalten.

Dienstag – Sonntag und Feiertage 10.00 – 18.00 Uhr

Die Eremitage kann mit dem regulären Schlossticket oder einem Einzelticket von 2,00 € an folgenden Tagen mit Kurzführung besucht werden:
Sonntag, 22. Juli, 14.00 -17.00 Uhr
Sonntag, 5. August, 14.00 -17.00 Uhr
Samstag, 18. August, 10.00 -13.00 Uhr
Sonntag, 19. August, 14.00 -17.00 Uhr
Sonntag, 2. September, 14.00 -17.00 Uhr
Sonntag, 16. September, 14.00 -17.00 Uhr
Samstag, 29. September, 10.00 -13.00 Uhr
Sonntag, 30. September, 14.00 -17.00 Uhr
Sonntag, 14. Oktober, 14.00 -17.00 Uhr

Führungen durch Ausstellung und Eremitage
Start jeweils um 14.00 Uhr. Dauer ca. 1,5 Stunden
Sonntag, 12. August 2018
Sonntag, 26. August 2018
Sonntag, 23. September 2018
Sonntag, 7. Oktober 2018
12,00 €, Ermäßigte 6,00 €, Familien 30,00 €

Vortrag
18. Juli 2018, 19.00 Uhr
Bequeme Einöden
Die Eremitage der Favorite und die Typologie höfischer Einsiedeleien
Prof. Dr. Nadja Horsch, Universität Leipzig
Die Kuratorin der Ausstellung „Repräsentation und Rückzug. Die Eremitage von Schloss Favorite Rastatt" gibt eine Einführung ins Thema.
Residenzschloss Rastatt, Wehrgeschichtliches Museum. Gartensaal

Service Center Schloss Rastatt
Telefon +49(0)62 21. 6 58 88 15
service@schloss-favorite.de

Foto: Schlossverwaltung Rastatt/ssg

 

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