15.5.17

Aus dem Generallandesarchiv Karlsruhe

„Man muss wie beim Schlittschuhlaufen einige Übung haben“

Wie Zeitgenossen die ersten Fahrversuche des Freiherrn von Drais erlebten | Bislang unbekannte Quelle des GLA schildert eine der ersten Draisinefahrten 1817

(labw) 2017 fährt alle Welt auf das Zweirad ab. Kein Wunder, feiert das Fahrrad doch seinen 200. Geburtstag. Auch die Heimattage Baden-Württemberg 2017, die in Karlsruhe stattfinden, stehen ganz im Zeichen der wegweisenden Erfindung des badischen Freiherrn von Drais. Wie dessen Zeitgenossen auf den Erfinder und seine ungewohnte Art der Fortbewegung reagierten, verdeutlicht eine bislang unbekannte Quelle aus dem Generallandesarchiv Karlsruhe, die dort den Mai über zu sehen ist.

Ein echter Fortschritt: das Drais’sche Laufrad von 18171817 berichtete Friedrich Ludwig Hoffmeister (1773-1853) dem Professor der Rechte an der Universität Heidelberg Johann Ludwig Klüber (1762-1837) über ein Erlebnis der besonderen Art. Der Mathematiker, Astronom und Kartograph war Augenzeuge geworden, wie Karl Drais sein „neues Fuhrwerk im Schloss“ in Mannheim vorführte – „ein Versuch, der sehr gut ausfiel“. Diese Präsentation fand exakt in dem Jahr statt, in dem Drais im Juni und Juli seine Zweiradfahrten von Mannheim in Richtung Schwetzingen und von Gernsbach nach Baden-Baden unternahm.

Ein echter Fortschritt: das Drais’sche Laufrad von 1817
Vorlage: GLA Karlsruhe N Klüber Nr. 209

Hoffmeister veranschaulichte seinen Bericht mit einer handgezeichneten Skizze, die das Drais’sche Laufrad exakt beschreibt. Die Räder seien „27 Zoll hoch“, über ihnen liege eine Stange, „auf der man reitet“. Bemerkenswert ist, mit welchen Begriffen der Augenzeuge die Draisinefahrt charakterisierte. Ihn erinnerte der fortschrittliche Drais’sche Lauf an die damals bekannten Formen, sich rasch fortzubewegen. Neben dem Reiten verglich er das etwas ungelenk anmutende Anschieben des Velozipeds mit dem Eislaufen: Mit den Füßen „tritt man also wie beim Schlittschuhlaufen und zieht sie dann in die Höhe, wo es [das Laufrad] 10 bis 12 Schritte fortrollt“.

Aufschlussreich sind zwei weitere Aspekte. Zum einen schildert Hoffmeister die jedem Radfahranfänger bekannte Angst, beim Fahren umzufallen, wenn man nicht wenigstens mit einem Bein den Boden berührt: „Wegen der schmalen Grundfläche (muss man) wie beim Schlittschuhlaufen einige Übung haben“, um das Gleichgewicht zu halten. Zum anderen weist sein Bericht auf ein Phänomen hin, das Jahre später bei den ersten Eisenbahnfahrten die Menschen umtrieb: der Rausch der Geschwindigkeit. Denn Drais soll „so geschwind auf den Platten und den Gängen des Schlosses“ in Mannheim davon gerollt sein, dass Hoffmeister „es kaum aushalten konnte… nebenher zu laufen“.

Die atemberaubende Fortbewegung fand noch bei der Vorführung spontane Nachahmer. Ein Dutzend Offiziere, die im Schlosshof Exerzierübungen abhielten, „machte größtenteils auch den Versuch mit“.

Die Quelle mit der Originalzeichnung Hoffmeisters ist während des Monats Mai dieses Jahres im Generallandesarchiv zu sehen. Neben ihr können noch das Konzept des Erfindungspatents für die Drais’sche Laufmaschine, eine erklärende Beschreibung von Drais zu seinem Laufrad mit Abbildung und das negative Gutachten des Ingenieurs und Rheinbegradigers Johann Gottfried Tulla (1770-1828) über die Drais’sche Laufmaschine betrachtet werden.

im Detail:  
siehe auch:  

Startseite | Service | zur ZUM | © Landeskunde online/ kulturer.be 2017
© Texte der Veranstalter, ohne Gewähr