9.11.16
Das Gold des Kaisers
Ausstellung des Wiener Münzkabinetts im Kunsthistorischen
Museum Wien (khm) Das Wiener Münzkabinett
präsentiert anlässlich der 125-Jahrfeier des Kunsthistorischen
Museums in einer Sonderausstellung ausgewählte Goldstücke
des kaiserlichen Numophylaciums, wie die Münzsammlung
des Kaisers auch genannt wurde. Bekannt für seine Größe,
Qualität und die Seltenheit der Münzen, verdankt
die weltberühmte Sammlung ihren Ruhm Generationen österreichischer
Herrscher, die sich als leidenschaftliche Sammlerpersönlichkeiten
erwiesen.
Von Goldmünzen des täglichen Geldumlaufs hin zu wahren
Goldgiganten – einzigartigen Sonderprägungen, die
der Kaiser für repräsentative Zwecke in Auftrag gab – und
Prunkmedaillen, die als Geschenke ausschließlich für
die Kaiser angefertigt wurden, widmet sich die Ausstellung
der bemerkenswerten Bandbreite historischer Goldprägungen
und beleuchtet „das Gold des Kaisers“ in allen
seinen glanzvollen Facetten.
Von der Antike bis zur Moderne
Als mit Abstand wertvollstes Metall besaß Gold bereits
in der Antike eine enorme Wichtigkeit für Handel und Wirtschaft.
Neben regulären Goldmünzen gab es bereits früh überschwere
Mehrfach-Münzwerte, sog. Multipla. Diese repräsentieren
nicht nur sehr hohe Geldwerte, häufig zeigen sie auch
speziell ausgewählte und aufgrund ihrer Größe
selbstverständlich auch detailreiche Bilder, was darauf
hindeutet, dass sie zum Teil als Geschenke für hohe Würdenträger
gedacht waren.
Eroberung von Smolensk durch Sigismund III.
Königreich Polen, Sigismund III. Wasa (reg. 1587–1632),
1611.
Unbekannter Künstler.
Guss, 315 Dukaten (1104,46 g).
Inv.-Nr. 276bß
Ø
135 mm. © KHM-Museumsverband
Prunkmedaillen
Ein Highlight der Ausstellung bilden die Prunkmedaillen. Da
sich im Laufe der Zeit immer weitere Kreise des Mediums der
Medaille bedienten, konnte der Bedeutung herausragender Empfänger
eben nur durch die Ausfertigung von Prunkmedaillen entsprochen
werden. Diese ragen durch ihre ungewöhnliche Größe,
ihr hohes Gewicht und die reichliche Verwendung von Edelmetall
markant heraus. Sie wurden in nur wenigen, manchmal gar nur
in einem einzigen Exemplar angefertigt und in der Regel dem
Herrscher oder anderen hochrangigen Persönlichkeiten gewidmet,
wodurch ihre Einmaligkeit geradezu Erfordernis war.
Einen Höhepunkt dieses zumindest über fünf Jahrhunderte
gewachsenen Sammlungsteils bildet die offizielle Huldigungsmedaille
der Stadt Wien zum 60-jährigen Regierungsjubiläum
Kaiser Franz Josephs (reg. 1848–1916) am 2. Dezember
1908 (Vitrine 5). Es handelt sich dabei um eine Medaille von
sehr flachem Relief, die also ganz im Stil jener Zeit gehalten
ist. Die Stadt Wien veranstaltete dafür einen Wettbewerb
unter geladenen Künstlern, den schließlich der Wiener
Medailleur Ludwig Hujer gewann. Es wurde lediglich eine einzige
Goldmedaille angefertigt und dem Kaiser am 30. November 1908
von einer Abordnung des Gemeinderates unter der Führung
von Bürgermeister Lueger überreicht. Das Stück
wurde kurz darauf vom Kaiser dem Münzkabinett übergeben
und bildet seit damals den Mittelpunkt dieses Sammlungsteils.
Schatzfunde
Die meisten der antiken Multipla, also den Vielfachen gängiger
Münzwerte, stammen aus spektakulären Schatzfunden,
darunter wahre Goldgiganten. Der wohl bedeutendste Fund spätantiker
Goldmünzen ist jener aus Szilágysomlyó in
Siebenbürgen (Rumänien), der 1797 angekauft wurde.
Er enthielt unter anderem den größten je bekannt
gewordenen Goldmedaillon der Antike, der über 400 Gramm
wiegt.
Weiters werden zu Schmuckstücken umgearbeitete Goldmünzen
aus dem 1805 geborgenen Fund von Petrijanec (Kroatien) gezeigt
sowie zwei spätantike Goldbarren aus dem 1887 entdeckten
Fund von Czófalva (Rumänien). Letztere kamen 1906 über
die Sammlung des Barons Karl Bachofen von Echt als Geschenk
in die kaiserliche Sammlung.
Johann Zoffani (1733-1810):
Herzog Franz Stephan I. von Lothringen (1708-1765),
1776/77.
Leinwand 232 x 149 cm. © KHM-Museumsverband Sammlerpersönlichkeiten
Bereits um 1800 galt das Wiener Münzkabinett neben jenem
von Paris unbestritten als die bedeutendste Münzsammlung
Europas. Der Bestand an modernen Münzen und Medaillen
wurde überhaupt als einzigartig angesehen. Die Sammlung
wird bis heute von zwei Sammlerpersönlichkeiten geprägt:
Einerseits Kaiser Karl VI. (reg. 1711–1740) und andererseits
Kaiser Franz I. Stephan (reg. 1745–1765). Ersterer sammelte
vor allem Medaillen. Letzterer brachte eine neue Facette in
die kaiserliche Münzsammelpolitik. Er legte sein Hauptaugenmerk
auf damals moderne Prägungen und schuf eine Sammlung,
deren Reichtum einzigartig in Europa war. Als nach dem Tod
des Kaisers auf allerhöchsten Befehl die verschiedenen
Sammlungen vereinigt wurden, bedeutete dies die Geburt des
Wiener Münzkabinetts in seiner heutigen Form. Die daraufhin
1766 durchgeführte Gesamtzählung ergab beinahe 50.000
Objekte, darunter allein 21.000 antike Münzen.
Das Gesicht der Sammlung wurde damit bis heute zwar geprägt,
jedoch kamen noch weitere einzigartige Bestände hinzu.
Als Beispiel für eine private Sammlung wird jene des Staatskanzlers
Wenzel Anton Graf, seit 1764 Fürst Kaunitz-Rietberg (1711–1794),
vorgestellt, der allein an russischen Goldmedaillen Prägungen
im Gesamtgewicht von 4.117 Dukaten (mehr als 14 Kilogramm)
besaß, welche über seine Erben ins Kabinett kamen.
Weiters wird auf die Bestände Kronprinz Rudolfs von Österreich-Ungarn
(1858–1889) eingegangen, die eindrucksvoll dokumentieren,
welch Fülle an bedeutenden Widmungs- und Erinnerungsstücken
Personen von hohem Stand versammeln konnten.
Die Geburtsstätte der Numismatik
Im späteren 18. Jahrhundert entstanden umfassende Kataloge
der Sammlung, sowohl der antiken wie auch der modernen Teile.
Auf diese Weise wurden die Bestände einerseits der internationalen
Fachwelt zugänglich gemacht, andererseits erlangte die
Qualität der wissenschaftlichen Beschreibungen einen hervorragenden
Ruf. Die erarbeiteten Ordnungskriterien und Systematisierungen
besitzen bis heute Gültigkeit, daher gilt das Münzkabinett
Wien mit Fug und Recht als Geburtsstätte der Numismatik
als eigene Wissenschaftsdisziplin.
Lade
mit böhmischen Goldmünzen der Kaiser
Rudolf II. (reg. 1576–1612) und Mathias (reg.
1608/12–1619) © KHM-Museumsverband |