28.9.15
Fünf deutsche Nominierungen für das UNESCO-Weltdokumentenerbe
(unesco) Frühe Schriften der Reformationsbewegung
und Johann Sebastian Bachs Autograph der h-Moll Messe sind in diesem
Jahr für das UNESCO-Register des Dokumentenerbes "Memory
of the World" aus Deutschland nominiert. Gemeinsam mit Partnern
aus weiteren Ländern wurde zudem ein Dossier zum Goldenen
Brief des birmanischen Königs Alaungphaya an den britischen
König George II. eingereicht. Deutsche Experten waren auch
an der Nominierung digitaler Sprachen-Sammlungen zur kulturellen
Vielfalt weltweit sowie an der Nominierung zu persischen und arabischen
Handschriften des Buches "Al-Masaalik Wa Al-Mamaalik" beteiligt.
Über die Aufnahme dieser Dokumente in das Weltregister
berät das Internationale Komitee für das Memory
of the World-Programm vom 4. bis 6. Oktober in Abu Dhabi,
Vereinigte Arabische Emirate. Insgesamt liegen 88 Nominierungen
für das Weltregister vor, darunter Aufzeichnungen
von Fjodor Dostojewski, koreanische Holzdruckblöcke
aus der Zeit von Konfuzius und das älteste Buch
Europas "Derveni Papyrus".
Deutsche Nominierungen
Das Nominierungsdossier zu den frühen Schriften
der Reformationsbewegung umfasst Manuskripte, Briefe
und Originaldrucke von Martin Luthers Schriften, darunter
ein Handexemplar Luthers der Hebräischen Bibelausgabe
und ein Plakatdruck der 95 Ablassthesen. Die Reformationsbewegung
im 16. Jahrhundert entfaltete ausgehend von Wittenberg
innerhalb kurzer Zeit eine kritische Überzeugungskraft.
Ein zunächst religiös-kirchlicher Impuls entwickelte
sich zu einer gesellschaftlichen Erneuerungsbewegung
mit grenzüberschreitendem Charakter. Das Nominierungsdossier
wurde vom Leibniz-Institut für Europäische
Geschichte in Mainz in Kooperation mit Lutherforschern
aus der ganzen Welt erarbeitet.
Das Manuskript der h-Moll Messe verfasste Johann Sebastian
Bach in den Jahren 1748 und 1749 kurz vor seinem Tod.
Die auf 99 Seiten niedergeschrieben Messe in h-Moll kann
als Summe des kompositorischen Werkes Bachs verstanden
werden. Sie ist ein Meilenstein der Musikgeschichte in
Bezug auf Satztechnik, Wort-Ton-Verhältnis sowie
auf ihre ästhetisch und theologisch durchdachte
musikalische Gesamtform. Die h-Moll Messe steht somit
in nuce für die Kompositionskunst Bachs. Als eines
seiner bekanntesten Werke hat es auch 250 Jahre nach
seiner Entstehung weiterhin Einfluss. Das Nominierungsdossier
wurde von der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer
Kulturbesitz erstellt.
Der rubin-besetzte Goldene Brief des birmanischen Königs
Alaungphaya an den britischen König George II. ist
Zeugnis der frühkolonialen Geschichte Asiens. Am
7. Mai 1756 sandte der birmanische König per Brief
handelspolitische Vorschläge an den britischen König.
Der Brief aus purem Gold ist das einzige erhaltene Schreiben
dieser Art aus Birma. Er wird in der niedersächsischen
Landesbibliothek in Hannover verwahrt. Die Nominierung
ist eine Gemeinschaftseinreichung der Gottfried Wilhelm
Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek,
des Kulturministeriums Myanmars und der Nationalbibliothek
des Vereinigten Königreichs.
Die Nominierung digitaler Sprachen-Sammlungen zur kulturellen
Vielfalt umfasst 64 digitale Sammlungen. Die audio-visuellen
und Textquellen zu 102 Sprachen und Kulturen aus der
ganzen Welt stellen einen Meilenstein der internationalen
Sprachdokumentation und Sprachwissenschaft dar. Die Sammlungen
enthalten Sprachdokumentationen, insbesondere von als
gefährdet eingestuften Sprachen, beispielsweise
in Form von Darstellungen von Mythen und Geschichten,
mündlich überliefertem Wissen oder persönlichen
Geschichten. Das Dossier wurde von dem Forschungsarchiv
Gefährdete Sprachen des Max-Planck-Instituts für
Psycholinguistik in den Niederlanden, der Königlichen
Akademie der Wissenschaften Niederlande, der Berlin-Brandenburgischen
Akademie der Wissenschaften und der Volkswagen Stiftung
auf Basis der Ergebnisse von zehn Jahren weltweiter Forschung
erarbeitet.
Das Buch "Al-Masaalik Wa Al-Mamaalik" ist
ein bedeutender geografischer Text des Abu Ishaq Ebrahim
b. Mohammad Farsi Istakhri aus dem vierten Jahrhundert.
Es enthält akkurate Beschreibungen der damaligen
sozio-ökomischen, kulturellen und politischen Verhältnisse
in islamischen Ländern – von Indien bis nach
Afrika. Die älteste persische Abschrift befindet
sich bei der Iranischen Nationalbibliothek Teheran, die älteste
arabische Handschrift des Buches in der Forschungsbibliothek
Gotha. Die Nominierung wurde seitens des iranischen Nationalkomitees
eingereicht und mit Beteiligung der Forschungsbibliothek
Gotha der Universität Erfurt erarbeitet.
Hintergründe
Das deutsche Nominierungskomitee für das Programm "Memory
of the World" hat die Nominierungen Luther-Schriften
der Reformationsbewegung, Johann Sebastian Bachs Autograph
der h-Moll Messe sowie den Goldenen Brief des birmanischen
Königs Alaungphaya an den britischen König
George II. fachlich begutachtet und begleitet. Das von
der Deutschen UNESCO-Kommission einberufene Expertengremium
erarbeitet, prüft und bewertet deutsche Vorschläge
für das Weltregister des Dokumentenerbes.
Das UNESCO-Register "Memory of the World" ist
ein globales digitales Netzwerk mit ausgewählten
herausragenden Dokumenten: Buchbeständen, Handschriften,
Partituren, Unikaten, Bild-, Ton- und Filmdokumenten.
Es wurde 1992 von der UNESCO ins Leben gerufen. Das Register
umfasst derzeit rund 300 Dokumente aus allen Weltregionen,
darunter die 21 Thesen der Solidarnosc, die Magna Charta
und der Azteken-Codex in Mexiko. Aus Deutschland stehen
derzeit 18 Dokumente im Memory of the World-Register,
darunter die Göttinger Gutenberg-Bibel, Beethovens
Neunte Sinfonie und die Himmelsscheibe von Nebra.
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