28.7.15
Neue Sonderausstellung im Kreismuseum
St. Blasien:
Joseph Victor
von Scheffel als bildender Künstler (lkw)
Vom 9. Juli bis zum 1. November 2015 zeigt das Kreismuseum
St. Blasien in Zusammenarbeit mit dem Museum für Literatur
am Oberrhein (Karlsruhe) die Ausstellung „Joseph Victor
von Scheffel als bildender Künstler". Es handelt
sich dabei um eine repräsentative Auswahl von Scheffels
Werken. Im Rahmen eines Pressegesprächs stellten Landrat
Dr. Martin Kistler, Dr. Jürgen Oppermann (Museum für
Literatur am Oberrhein) und Kulturreferent Dr. Jürgen
Glocker die neue Ausstellung vor.
„Zu den besten Büchern, die ich gelesen habe",
zählte Theodor Fontane Joseph Victor von Scheffels (1826-1886)
Roman „Ekkehard" aus dem Jahr 1855. Dass der im
19. Jahrhundert äußerst populäre Karlsruher
Schriftsteller auch ein produktiver Zeichner und Maler war,
belegt der umfangreiche Nachlass an Zeichnungen, Aquarellen
und Lithografien im Oberrheinischen Literaturarchiv des Museums
für Literatur am Oberrhein in Karlsruhe. Landrat Dr. Martin
Kistler sagte, er freue sich, dass es auf der Basis der Zusammenarbeit
zwischen Professor Dr. Hansgeorg Schmidt-Bergmann (Museum für
Literatur am Oberrhein / Literarische Gesellschaft) und Dr.
Jürgen Glocker, der im Beirat der Literarischen Gesellschaft
tätig ist, gelungen sei, die Ausstellung nach St. Blasien
zu holen. Gerade im Vorfeld der neuen Präsentation Scheffels
in Bad Säckingen sei die Ausstellung ein wichtiges Signal: „Scheffel
ist aus der Kunst- und Literaturgeschichte unserer Region nicht
wegzudenken. Er gehört zu unserer Identität."
Dr. Oppermann sagte: „„Naturanlage und Neigung" waren
Scheffels Beweggrund, Maler werden zu wollen. Doch Erziehung
und Verhältnisse haben ihn bewogen, die juristische Laufbahn
einzuschlagen. Um der „Öde des Berufs" zu entfliehen
zieht er nach Italien in eine Künstlerkolonie der Deutschrömer.
Dort entdeckt er, dass sein größeres Talent im Verfassen
unterhaltsamer Erzählungen liegt. Die professionelle Malerei
gibt Scheffel, der nie eine Kunstakademie besucht hat, zu Gunsten
der dichterischen Karriere auf. Die vielen Zeichnungen, die
weiterhin vor allem auf Reisen entstehen, zeigen gleichwohl
sein großes Können in der Darstellung von Landschaft
und kulturhistorischer Architektur." Jürgen Glocker
ergänzte, die St. Blasier Präsentation könne
deutlich machen, dass Scheffel in der Tat eine echte Doppelbegabung
gewesen sei: „Text und Bild spielen bei ihm eine beinahe
gleichberechtigte Rolle. Ich freue mich sehr, dass wir Scheffel
in St. Blasien zeigen können."
Scheffel erhielt seine künstlerische Ausbildung bereits
in frühester Kindheit. Er setzte sie während des
Studiums und in Italien im Kreis der Deutschrömer bei
wichtigen Malern seiner Zeit fort. Alle seine literarischen
Werke entstanden in enger Verflechtung von Text und Bild. Gedichte
verfasste Scheffel häufig nach einer eigenen Zeichnung
und vielfach illustrierte er Texte mit Szenenbildern. Seine
Reisen unternahm er bevorzugt zusammen mit anderen Künstlern,
wie etwa Anselm Feuerbach oder Anton von Werner.
Joseph Victor Scheffel wurde am 16. Februar 1826 als erstes
Kind des Majors und Oberbaurats bei der Badischen Wasser- und
Straßenbaudirektion Philipp Jakob Scheffel (1789-1869)
und Josephine Scheffel (1803-1865), geb. Krederer, geboren.
Auf Wunsch des Vaters studierte Scheffel von 1843 bis 1847
an den Universitäten von München, Heidelberg und
Berlin Rechtswissenschaften. In Heidelberg war er zunächst
Mitglied der Burschenschaft Allemannia, dann der Burschenschaft
Teutonia und schließlich der Burschenschaft Frankonia.
In Berlin war er bei der Alten Berliner Burschenschaft aktiv.
1848 folgte Scheffel als unbesoldeter Legationssekretär
dem badischen Bundestagsgesandten Carl Theodor Welcker nach
Frankfurt zur Nationalversammlung und begleitete diesen auch
bei einer politischen Mission in das damals in Personalunion
mit Dänemark regierte Herzogtum Lauenburg. Nach der Rückkehr
legte Scheffel das juristische Staatsexamen in Heidelberg ab,
wo er im folgenden Jahr zum Doktor der Rechte promoviert wurde.
In der Folge arbeitete er an mehreren großherzoglichen Ämtern,
so in Säckingen (1850-1851) als Rechtspraktikant, 1852
im Sekretariat des Hofgerichts zu Bruchsal, wurde nach einem
Italienaufenthalt zum Referendar ernannt, gab die juristische
Laufbahn dann aber auf. Die finanziellen Verhältnisse
seiner Familie erlaubten es Scheffel, seinen literarischen
und künstlerischen Neigungen als freier Autor nachzugehen.
Im Jahr 1852 ging er nach Rom; dort entwickelte er sich zum
Schriftsteller. Bald debütierte er mit dem „Trompeter
von Säckingen" (1854). 1855 folgte „Ekkehard",
ein historischer Roman um den St. Galler Mönch Ekkehard
II.
Aus Anlass seines 50. Geburtstags wurde Scheffel in den persönlichen
Adelsstand erhoben. Noch zu Lebzeiten erhielt er die Ehrenbürgerschaft
von Säckingen (1875), Radolfzell (1876) und Heidelberg
(1886). Er starb am 9. April 1886 in Karlsruhe, wo er auf dem
Hauptfriedhof begraben wurde.
Als begleitende Literatur zur Ausstellung kann genannt werden:
Natalie Gutgesell: „Das Malen als eigenes volles in Farben
sich bewegendes Denken." Zu Joseph Victor von Scheffel
als Künstler. Halle und Karlsruhe 2015.
Das Museum und die Sonderausstellung sind dienstags bis sonntags
jeweils von 14:30 bis 17 Uhr geöffnet. |