Nachrichten & Notizen
aus dem Kulturerbe

 
 

In Landeskunde online:

Schlösser & Gärten

   Nachrichten Landeskunde Kulturerbe Baden-Württemberg Museen Museum Heidelberg Mannheim Karlsruhe Freiburg Schlösser Gärten Denkmalschutz Badische Heimat
 

Einkaufen bei Landeskudne online

2.3.15

Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

Themenjahr Barock: Frauenschicksale im 17. und 18. Jahrhundert

(ssg) Siie hatten Macht, Einfluss, repräsentierten ihr Haus, sicherten die Thronfolge und vieles mehr: die Fürstinnen an den württembergischen und badischen Höfen. Wenig ist von ihrem Leben und Wirken überliefert. Von Frauen niederen Standes schweigt die Geschichtsschreibung fast ganz. Stellvertretend für andere Frauenschicksale im 17. und 18. Jahrhundert erinnern die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg anlässlich des Weltfrauentages am 8. März und passend zum Themenjahr „Barock“ an Liselotte von der Pfalz, Sibylla Augusta von Baden-Baden, Elisabeth Friederike Sophie von Oettingen-Oettingen, Maria Augusta von Württemberg und Wilhelmina von Grävenitz.

Liselotte von der Pfalz: eine Kurpfälzerin am Versailler Hof
Wenn sie Mannheim, Schwetzingen oder Heidelberg jemals wiedersehen sollte, so müsse sie vor Tränen vergehen: Das schrieb 1718 die 66-jährige Duchesse d’Orléans, auch als Liselotte von der Pfalz bekannt. Zu dieser Zeit lebte sie schon 47 Jahre in Frankreich. Prinzessin Elisabeth Charlotte von der Pfalz (1652–1722) wurde 19-jährig mit Philipp von Orléans, dem Bruder Ludwigs XIV., verheiratet und dadurch zur Schwägerin des Sonnenkönigs. Liselotte steht für die zahllosen adligen Frauen in absolutistischer Zeit, die politisch-dynastisch vorteilhafte Ehen eingehen und dafür sogar die Konfession wechseln mussten. Obwohl von ihren mehr als 36.000 Briefen nur ein Bruchteil erhalten ist, verdankt die Nachwelt der fleißigen Schreiberin detaillierte Schilderungen des Versailler Hoflebens samt seiner Intrigen. Ihre geliebte Kurpfalz hat Liselotte nie mehr wiedergesehen. Im Zuge des Pfälzischen Erbfolgekriegs nach dem Tod ihres kinderlosen Bruders, dem Kurfürsten Karl, hatten die Truppen des französischen Königs 1689 Heidelberg, Mannheim, Speyer, Worms und andere Orte dem Erdboden gleichgemacht. Besonders bitter: Liselottes Mann verteilte die Beute aus diesen Überfällen an seine Günstlinge.

Sibylla Augusta: Die Junge Witwe muss es richten
Sibylla Augusta von Baden-Baden (1675–1733) war nicht nur die kunstsinnige Bauherrin von Schloss Favorite, der Rastatter Schlosskirche und mehrerer Kapellen. Die fromme Katholikin aus dem Haus Sachsen-Lauenburg sanierte in ihrer Regierungszeit auch die Landeskasse. Mit dem Tod ihres Mannes, des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden-Baden, genannt Türkenlouis, war Sibylla Augusta mit 32 Jahren Witwe geworden – hoch verschuldet. Im Spanischen Erbfolgekrieg belagerten die Franzosen Rastatt. Um in ihrem Land präsent zu sein, flüchtete Sibylla Augusta mit ihren Kindern ins nahegelegene Schloss Ettlingen und nicht in die böhmische Heimat. Als 20 Jahre später ihr Sohn Ludwig Georg die Regierung übernahm, war die Markgrafschaft wieder aufgebaut. Seine Mutter hatte die Finanzen geordnet, mit viel Verhandlungsgeschick und persönlichem Einsatz. Damit ist Sibylla Augusta das Musterbeispiel einer klugen Strategin. Sie nutzte ihre Machtposition zum Vorteil ihrer Familie und zum Wohl der Markgrafschaft.

Bild: Sibylla Augusta von Baden-Baden. © ssg/lmz

Elisabeth Friederike Sophie: Schicksalsjahre einer Durchlaucht
Dem Stande nach höher als ihr Mann Graf Carl Ludwig war Elisabeth Friederike Sophie von Oettingen-Oettingen (1691–1758) eine prägende Persönlichkeit in der Grafschaft Weikersheim-Hohenlohe. Nach sorgfältiger Erziehung heiratete die kunstsinnige Fürstin, eine Cousine der Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches, im Alter von 21 Jahren den deutlich älteren Grafen. Er war Erlaucht, sie dagegen Durchlaucht. Vier Monate nach ihrer Hochzeit erlitt Elisabeth Friederike Sophie eine Fehlgeburt. Drei Jahre später gebar sie einen gesunden Erben, der zum Kummer seiner Eltern und der gesamten Grafschaft im Alter von 28 Jahren bei einem Reitunfall starb. Die Gräfin hatte zuvor den Tod einer Tochter und weitere Fehlgeburten zu verkraften. Dass Elisabeth Friederike Sophie schwächlich und oft krank war – mit 51 Jahren hatte sie einen Schlaganfall erlitten –, bezeugt ihr Biograf. Wie sie selbst ihr Leben empfand, ist nicht überliefert.

Maria Augusta: Die Mutter Herzog Carl Eugens
Die Herzogin Maria Augusta von Württemberg (1706–1756) hat sich vor allem als Mutter des Herzogs Carl Eugen einen Namen gemacht. Dem Taktieren der mit 30 Jahren verwitweten Maria Augusta ist es zu verdanken, dass ihr Erstgeborener am preußischen Hof bei Friedrich II. erzogen wurde, eine vorteilhafte Heirat mit dessen Nichte einging, im Alter von 16 Jahren für mündig erklärt wurde und die Macht übernehmen konnte. Gedankt hat es ihr Herzog Carl Eugen nicht: Er drängte sie aus dem Stuttgarter Hofleben und zwang sie, auf ihrem Witwensitz in Göppingen zu leben. Beigesetzt wurde sie in der Gruft der Ludwigsburger Schlosskapelle.

Wilhelmina Von Grävenitz: Die „regierende Mätresse“
Von der Geliebten zur offiziellen Zweitfrau, schließlich verhaftet und in die Verbannung geschickt: Das Leben der Christina Wilhelmina von Grävenitz (1686–1744) war turbulent. Die aus Mecklenburg stammende Adelige stieg am Hof des Herzogs Eberhard Ludwig von Württemberg zur „regierenden Mätresse“ auf und fiel tief, als der Herrscher ihr die Gunst entzog, um den öffentlichen Erwartungen zu entsprechen. Dabei hatte das Paar schon so manche Hürde gemeinsam genommen: 1707 bekannte sich der Regent dazu, seine Geliebte geheiratet zu haben. Seine rechtmäßige Frau prangerte ihn als Bigamisten an. Doch schon vier Jahre später holte Eberhard Ludwig seine Liebe aus der Verbannung zurück, indem er für sie eine Scheinehe mit dem Grafen von Würben arrangierte. Bald hatte „die Grävenitz“ weitreichende Befugnisse und Mitspracherechte. Das war nicht nur den Mächtigen und dem Volk ein Dorn im Auge.

Frauenleben im Barock: Lückenhaft dokumentiert
Über die adligen Männer im Barock wurde und wird viel geschrieben. Deutlich weniger erfährt man über Gräfinnen, Herzoginnen und Prinzessinnen dieser Zeit. Häufig bezeugen nur ihre Korrespondenzen ihr Leben, kaum einmal ein längerer Bericht von Zeitgenossen. Frauenleben galten schlicht als nicht dokumentationswürdig. Mittlerweile interessiert sich die Forschung für das Wirken von Frauen. Doch die Quellenlage ist dünn. Was Zeugnis hätte geben können, hat nie existiert oder ist verloren gegangen. Am wenigsten weiß man über die Frauen niederen Standes und damit über einen großen Bevölkerungsteil früherer Zeit. Bäuerinnen und Mägde konnten weder schreiben noch besaßen sie wertvolle und damit haltbare Gegenstände, die noch heute mit ihnen in Verbindung gebracht werden könnten. Und so bilden Bäuerinnen, Handwerkerinnen, Dienerinnen oder Marketenderinnen einen Flickenteppich weißer Stellen in der historischen Aufbereitung der Barockzeit.

 
Startseite | Service | Aktuelles | ZUM
Texte der Veranstalter, ohne Gewähr © Badische Heimat/Landeskunde online 2015