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31.8.15

Schätze im Kreisarchiv Rastatt:

Markgräfin Sibylla Augusta und die Äbtissin von Frauenalb - ein Rechtsstreit ohne Ende

(lkra) Das Kreisarchiv im Landratsamt Rastatt verwahrt nicht nur nüchterne, sachliche Unterlagen und Akten, die es zumeist von Kreisbehörden und den Ämtern aus dem eigenen Hause erhält. Das Gedächtnis des Landkreises beherbergt auch so manch Überraschendes zur Geschichte der Markgrafschaft Baden.

Als Gertrud von Ichtrazheim vor genau 300 Jahren im Jahr 1715 im Geheimen zur Äbtissin von Frauenalb gewählt wurde, nahm ein Streit seinen Anfang, der jahrelang die Gemüter in Mittelbaden bewegte. Namentlich vor allem das Gemüt der Markgräfin Sibylla Augusta.

Gertrud von Ichtrazheim verfolgte die Loslösung des Frauenklosters von der Markgrafschaft, obwohl dieses schon seit alters her unter der Schirmherrschaft der Markgrafschaft bzw. zuvor der Grafen von Eberstein stand. Das Kloster sollte in die unmittelbare Obhut des Reiches erhoben werden. Die Äbtissin gelangte letztendlich nicht zum Ziel. Auch wenn sie mit ihren Forderungen keinen Erfolg erzielen konnte, so ist es im Grunde ihrem Engagement zu verdanken, dass sich eine einzigartige gedruckte Quellensammlung aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erhalten hat.

Markgräfin Sibylla Augusta und Schloss Favorite. Postkarte 1903. Foto: Kreisarchiv Rastatt
Markgräfin Sibylla Augusta und Schloss Favorite. Postkarte 1903. Foto: Kreisarchiv Rastatt

So tauchte in der mittlerweile auf rund 20.000 Bände angewachsenen Bibliothek des Kreisarchivs ein zunächst unscheinbares Buch auf, das sich bei näherer Betrachtung nach Einschätzung von Kreisarchivar Martin Walter durchaus als ein „historisches Kleinod erster Klasse“ herausstellte. Es handelt sich um eine Zusammenstellung von Dokumenten, die Sibylla Augusta wegen des Rechtsstreites gegen das Frauenkloster in den 1720er Jahren zusammentragen ließ.

Auf insgesamt 428 Seiten stellte die markgräfliche Hofkanzlei die stattliche Anzahl von 344 Dokumenten zusammen. In der Tat eine Sisyphusarbeit. Gesammelt wurden Urkundentexte vom 12. Jahrhundert bis hin zu behördlichen Schriftwechseln des 18. Jahrhunderts.

Das wahrscheinliche Verlagsjahr des Buches ist 1723. Für den historisch Interessierten bietet diese bibliophile Kostbarkeit einen einzigartigen Einblick in ein lebendiges erstes Quartal des 18. Jahrhunderts. Darüber hinaus eröffnet sich beim Durchschauen des gewichtigen Druckerzeugnisses ein leicht zugänglicher Fundus zur Geschichte der Markgrafschaft und des Benediktinerinnenklosters Frauenalb.

Auch wenn die Markgräfin und die Kanzlisten jener Tage sicher beabsichtigt haben, dem Kloster den Wind aus den Segeln zu nehmen, so erfahren wir heute doch so manches, was sonst dem Vergessen anheimgefallen wäre. Der Rechtsstreit selbst zog sich über Jahrzehnte hinweg. Zu einem Ergebnis scheint es in diesem Prozess aber nie gekommen zu sein.

Nach der Zusammenlegung der beiden badischen Markgrafschaften 1771 publizierte der Karlsruher Verlag Macklot 1772 ein ähnliches Werk, das sich ebenfalls im Kreisarchiv befindet. Diese Publikation setzte sich vor allem zum Ziel, den „Aufsässigkeiten und Widersetzlichkeiten" ein Ende zu setzen. Denn nicht nur die Markgräfin, auch ihre beiden Söhne, die letzten baden-badischen Markgrafen Ludwig und August Georg mussten sich mit dem Reizthema Frauenalb auseinandersetzen.

 
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