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10.3.15

Rekordaufstieg am Fischpass Iffezheim

Kamerasystem in Iffezheim zeichnet im Jahr 2014 über 50.000 Fische auf - Wanderfische weiter im Vormarsch

(rpk) Beim Fischereisachverständigen Frank Hartmann vom Regierungspräsidium Karlsruhe sind noch viele Fragen zur Fischwanderung im Rhein offen, aber eines steht fest: So viele Fische wie 2014 sind im Fischpass Iffezheim seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 2000 noch nie aufgestiegen.

Vor allem die typischen Rheinfische wie die Barbe, die Nase oder die Ukelei waren im Jahr 2014 deutlich stärker vertreten als in den Vorjahren. Die Ukelei ist ein kleiner silberglänzender Schwarmfisch, von dem über 20.000 Tiere im vergangenen Jahr die Staustufe über den Fischpass überwunden haben. Für viele Fischarten war es das beste Aufstiegsjahr seit Aufzeichnungsbeginn, was auch an einer Verbesserung des Fischbestandes liegen könnte.
Hartmann erkennt auch eine klare positive Entwicklung bei den aus dem Atlantik kommenden Wanderfischarten Atlantischer Lachs und Meerforelle. Die Sensation im Jahr 2014 war allerdings die enorme Steigerung der Aufstiegszahl beim Maifisch, ebenfalls einer heimischen Art, die aus dem Meer kommend über den Rhein nach Baden-Württemberg schwimmt. Der Maifisch, eine heringsverwandte Fischart, wird am Rhein nach der Roten Liste von Baden-Württemberg seit vielen Jahrzehnten als vom Aussterben bedroht eingestuft. In den Vorjahren waren es jeweils nur einzelne Maifische, welche den Weg den Rhein aufwärts bis nach Iffezheim fanden. Im Jahr 2014 waren es 157 Maifische. „Wenn man sich vor Augen führt, dass ein einzelner weiblicher Maifisch etwa 400.000 Eier in sich trägt, dann kann man ahnen, welches hohe Potenzial diese Fischart für den Rheinbestand in Baden-Württemberg birgt“, erläutert Hartmann.

In historischen Zeiten stiegen Maifische zu Hunderttausenden den Rhein aufwärts bis Basel und teilweise sogar bis nach Laufenburg am Hochrhein auf und wanderten auch in die Seitengewässer Mosel, Main und Neckar ein. Große Maifischfunde aus dem vorletzten Jahrhundert sind auch für den Kocher dokumentiert. Die Grundlage für die Wiederkehr des Maifisches ist in erster Linie die inzwischen hohe Wasserqualität im Rhein und seinen Zuflüssen. Außerdem haben sich die Laichbedingungen für diese Art im Rhein selbst flussabwärts der Stufe Iffezheim durch eine regelmäßige Kieszugabe im Unterwasser der Staustufe Iffezheim deutlich verbessert. In Ergänzung dazu hat das Maifischprojekt des Landes Nordrhein-Westfalen mit seinen Besatzmaßnahmen eine Initialzündung gegeben. Eine natürliche Vermehrung des Maifisches im Rhein flussaufwärts von Karlsruhe konnte für die Jahre 2013 erstmals und für 2014 durch den Fund zahlreicher Jungfische in Baden-Württemberg erneut nachgewiesen werden. Die Fischereibehörde des Regierungspräsidiums geht davon aus, dass in den kommenden Jahren deutlich mehr Maifische am Fischpass registriert werden und der Bestand voraussichtlich in den kommenden Jahren stark zunehmen wird.

Jeder Fisch, der den Fischpass Iffezheim aufsteigt, wird durch eine Videokamera erfasst und aufgezeichnet. Dadurch ist es möglich, solche Entwicklungen im Fischbestand des Rheins zu verfolgen. Genau 52.066 Fische von insgesamt 25 Fischarten haben im Jahr 2014 den Weg durch den Fischpass Iffezheim gefunden. Hartmann geht jedoch davon aus, dass es weit mehr Fische sind, welche in den Fischpass einschwimmen, ihn jedoch nicht vollständig durchqueren. Das liegt daran, dass nicht alle Fische ausreichend schwimmstark sind, um den über 300 Meter langen Fischpass mühelos zu durchqueren. Hinzu kommt, dass nach dem Zubau einer weiteren Turbine am Rheinkraftwerk Iffezheim auch der Fischpass teilweise umgebaut werden musste. „Es gibt sehr klare Hinweise darauf, dass der Fischpass derzeit zu „wild“ ist, um allen Fischen eine gute Aufstiegsmöglichkeit zu bieten“, so Hartmann. An einer Lösung werde in einer deutsch-französischen Expertengruppe gearbeitet.

Auch reagieren manche Fischarten empfindlich auf zu turbulentes Wasser. Wenn es Fischen in den einzelnen Becken des Fischpasses zu turbulent wird, drehen sie einfach um. Das ist ungünstig, denn flussaufwärts von Iffezheim gibt es zahlreiche Zuflüsse, wie die Ill und die Bruche auf französischer Seite oder die Kinzig auf deutscher Seite, welche hervorragende Lebensräume und Laichbedingungen für Wanderfische bieten. Es ist daher auch von Bedeutung, dass möglichst viele Fische den Weg durch den Fischpass Iffezheim finden, um sich erfolgreich zu vermehren. Seit vielen Jahren arbeiten die französischen, schweizerischen und deutschen Fischereiverwaltungen am Oberrhein zusammen, um den heimischen Fischarten wieder einen angemessenen Lebensraum zu bieten. Durch Begradigung, Uferverbau und Stufenbau wurde der Lebensraum der Wanderfische großräumig vernichtet und die Wanderwege unterbrochen. Nahezu alle Wanderfischarten sind in den künstlich abgetrennten Rheinabschnitten oder im gesamten Rhein ausgestorben. Nun kehren bis auf den Stör alle Wanderfische dank gemeinsamer Anstrengungen langsam wieder zurück und müssen dabei als erstes Wanderhindernis im Rhein den Fischpass Iffezheim durchschwimmen.

Bis in die Schweiz sind nach Iffezheim noch weitere sechs Stufen zu überwinden. An diesen sechs Wanderbarrieren wird die Durchgängigkeit ebenfalls angestrebt: Der Fischpass Gambsheim ist bereits seit 2006 in Betrieb, der Fischpass Straßburg wird dieses Jahr fertig und für Gerstheim liegt die Planung vor. Bei den verbleibenden drei Barrieren existieren Konzeptstudien von Fischpässen, die aktuell in Fachgremien diskutiert werden. In der Schweiz ist man bereits auf Hochtouren damit beschäftigt, die Rheinzuflüsse für die Wanderfische im ehemaligen Verbreitungsgebiet vorzubereiten. Fische und vor allem Wanderfische sagen viel über die Qualität von Fließgewässern aus. Die Fischaufstiegsbeobachtung des Regierungspräsidiums Karlsruhe ist daher eine wichtige Kontrolleinrichtung, um die europaweit gemeinsamen Anstrengungen zur Verbesserung der Wasserqualität und der Gewässerstruktur im gesamten Rhein und seinen Zuflüssen zu verfolgen.

Hintergrundinformationen:

Der Fischpass Iffezheim ist ein deutsch-französisches Gemeinschaftsprojekt auf der Grundlage eines Staatsvertrages aus dem Jahr 1969. Nach dem Staustufenbau von Iffezheim im Jahr 1977 endete die Aufwärtswanderung für Fische im Rhein nach etwa 660 Rheinkilometern. Im Juni 2000 ging der Fischpass Iffezheim, als einer der größten Fischwanderhilfen in Europa, nach etwa zweijähriger Bauzeit in Betrieb und ermöglicht seither den Fischaufstieg. Über 37 durchströmte Becken, welche jeweils über durchgehende Schlitze miteinander verbunden sind, überwinden aufwärtsstrebende Rheinfische den Fischpass Becken für Becken und erreichen so nach rund 300 Meter Länge und insgesamt elf Meter Höhendifferenz das sogenannte Oberwasser des Wehrs. Von dort aus können Fische entweder weiter den Rhein aufwärts ziehen bis nach Gambsheim, linksrheinisch die französische Ill erreichen oder auf der gegenüberliegenden Seite in die Rench einwandern.

Seit 2002 führt eine deutsch-französische Arbeitsgruppe mit dem Landesfischereiverband Baden e.V. (LfV Baden) und der Association Saumon Rhin (ASR), unter Leitung und fachlicher Koordination der Fischereibehörde am Regierungspräsidium Karlsruhe die Zählung von aufsteigenden Fischen am Fischpass durch. Die Aufstiegszahlen am Fischpass Iffezheim werden monatlich vom Regierungspräsidium verteilt sowie auf der Homepage der Wanderfische Baden-Württemberg e.V. (WFBW.de) veröffentlicht.

 
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