24.7.15
Archäologische Denkmalpflege
Mittelalterliche Bebauung auf dem Herbolzheimer
Kirchberg
(rps)
Im Bereich des von der katholischen Pfarrgemeinde St. Alexius
in Herbolzheim geplanten Gemeindezentrums werden im Bereich des
ehemaligen Friedhofs die Reste einer bislang unbekannten spätmittelalterlichen
Bebauung seit dem 6. Juli 2015 im Rahmen einer baubegleitenden
Rettungsgrabung untersucht. Dr. Bertram Jenisch, Referent für
Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit im Landesamt
für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, stellte
in der verganenen Woche in Herbolzheim gemeinsam mit Pfarrer
Sr. Stefan Meisert von der Seelsorgeeinheit Herbolzheim-Rheinhausen
die ersten
Ergebnisse
der archäologischen Ausgrabung auf dem Kirchberg vor.
Im Bereich der nach 1752 angelegten Friedhoferweiterung kamen
erwartungsgemäß zahlreiche Gräber zutage. Jenisch
erläuterte die charakteristische spätmittelalterliche
Bestattungssitte und ging auf einige der geborgenen Grabbeigaben
ein. Anhand einiger anthropologisch untersuchter Schädelfragmente
konnten aufschlussreiche Befunde zum Gesundheitszustand und zu
den Lebensumständen der damaligen Menschen erhoben werden.
Die eigentliche Überraschung der baubegleitenden Ausgrabung
ist der Nachweis eines großen, bislang unbekannten Gebäudes.
Seine 80 cm breiten Fundamente wurden auf einer Länge von
11 m erfasst. Bei dem wohl im 14. Jahrhundert errichteten und beim
Neubau der Kirche 1752 niedergelegten Gebäude handelt es sich
vermutlich um einen Teil des Wittumhofs (Wirtschaftshof des Pfarrers).
Unmittelbar nach der Vorstellung der Baustrukturen wurden die frisch
geborgenen Funde erläutert.
Jenisch betonte ausdrücklich, dass die Grabung des Landesamtes
für Denkmalpflege in enger Kooperation und Abstimmung mit
der katholischen Pfarrgemeinde St. Alexius durchgeführt wird.
Das kleine Grabungsteam des Freiburger Dienstsitzes wird von mehreren
ehrenamtlichen Mitarbeitern und zwei Bauarbeitern tatkräftig
unterstützt.
Der Herbolzheimer Kirchberg ist einer beiden alten Siedlungskerne
von Herbolzheim. Das Gebiet zwischen der Abdachung des Herbolzheimer
Bergs und der Landstraße war seit dem 13. Jahrhundert von
einer massiven, ca. 10 m hohen Wehrmauer umgeben. Diese hat sich
in der Rückwand der Gebäude am Südrand des Kirchbergs
erhalten. In dem südlich vorgelagerten Geländestreifen
zeichnet sich der im Tennenbacher Güerbuch genannte Kirchgraben
ab. In einem Güterverzeichnis wird am 31.1.1287 das „Tor
des kilchhofs“ erwähnt. Diese Kirchenburg war ursprünglich
im Besitz des Straßburger Bischofs.
Bereits beim Neubau der heute bestehenden St-Alexius-Kirche stieß man
1752 bei Planierarbeiten östlich der alten Kirche (unter dem
heutigen Chor der Kirche) auf älteres Mauerwerk. Nach einer
Beschreibung (durch den damaligen Pfarrer Machleid?) lagen die
Fundamente dicht unter der Geländeoberfläche. Die Mauern
wurden einer untergegangenen Niederlassung des Templerordens zugeschrieben.
Für diese gibt es in den Archivalien jedoch keinen Beleg.
Es handelt sich wohl eher um die baulichen Überreste des abgegangenen
Wittumshofs. Die Abspaltung vom Herrenhof diente zur Versorgung
des Pfarrers. Er wird im frühen 14. Jh. im Tennenbacher Güterbuch
genannt.
Bei der umfassenden Renovierung der Alexiuskirche im Jahr 1964
erfasste man beim Einbau einer Heizanlage im Langhaus auf die Fundamentreste
der 1752 niedergelegten Vorgängerkirche. Diese wurden nicht
fachgerecht dokumentiert und eingemessen, jedoch als Skizze in
den Bestandsplan eingetragen. Demnach war die Mittelachse der alte
Kirche abweichend vom heutigen Bau um etwa 10° nach Süden
gedreht. Die Rechteckkirche mit eingezogener halbrunder Apsis war
etwa 14 m breit und 25 m lang und damit etwa 1/3 kleiner als der
heutige Kirchenbau. |