7.11.14
Regierungspräsidium Karlsruhe stellt das geplante Naturschutzgebiet „Nüstenbachtal,
Hessental und Masseldorn“ vor
(rpk)
Das Regierungspräsidium Karlsruhe plant, im Nüstenbachtal
und in den angrenzenden Gewannen ein Naturschutzgebiet auszuweisen.
Am 13. November werden Beate Müller-Haug und Dr. Christoph
Aly das Gebiet und die geplante Verordnung der interessierten Öffentlichkeit
vorstellen. Im Anschluss wird dazu eingeladen, den Planungsvorschlag
mit den Referenten zu diskutieren. Der Planungsvorschlag befindet
sich derzeit in der Offenlage.
Das geplante Naturschutzgebiet umfasst auf circa 146 Hektar die
Lebensräume einer naturnahen Talaue und der angrenzenden Hangbereiche,
ein kleinstrukturiertes Mosaik aus wärmeliebenden Gebüschen,
mageren Wiesen, Halbtrocken- und Trockenrasen sowie ortsumschließenden
Streuobstwiesen.
Ein Drittel des Schutzgebietes sind Wiesen, die auf Grund ihrer
Ausdehnung und ihres Artenreichtums ein wertvolles Naturerbe sind.
In zusammenhängender Fläche sind in dieser Ausdehnung
artenreiche Wiesen im Neckar-Odenwald-Kreis sonst nicht mehr zu
finden.
Die nachgewiesene Artenfülle ist beeindruckend: Im Nüstenbach
lebt in Baden-Württemberg eine der letzten Populationen des
Steinkrebses, der bei uns durch die Krebspest stark gefährdet
ist, hier aber durch ein Wehr vor der Ansteckung geschützt
ist. 49 Brutvogelarten wurden nachgewiesen, darunter die stark
gefährdeten Arten Waldlaubsänger und Wendehals, die gefährdeten
Arten Baumpieper und Feldlerche sowie Grün- und Schwarzspecht.
Die Wiesen beheimaten nicht weniger als 59 Tagfalterarten, darunter
den Großen Feuerfalter sowie rekordverdächtige 19 Heuschreckenarten
(in intensiv genutzten Wiesen findet man heutzutage zwei oder drei
Arten). Sieben Fledermausarten leben im Nüstenbachtal, darunter
auch eine vom Aussterben bedrohte Art, das Graue Langohr. Das Regierungspräsidium
stuft daher das Nüstenbachtal als ein Naturschutzgebiet von
landesweiter Bedeutung ein.
Fast das gesamte Gebiet ist heute schon Landschaftsschutzgebiet,
80 Prozent sind heute bereits als Teil des europäischen Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebietsnetzes
geschützt. Zu 64 Prozent ist das Gebiet in privatem Besitz,
36 Prozent gehören der Stadt Mosbach, dem Land Baden-Württemberg
oder dem Naturschutzbund NABU.
Die geplante Verordnung soll den abstrakten Schutz der Flora-Fauna-Richtlinie
konkretisieren und anstelle des auf das Landschaftsbild ausgerichteten
Schutz des Landschaftsschutzgebietes auf den Schutz der vorhandenen
seltenen Tier- und Pflanzenarten fokussieren. Besucher sind weiter
auf den Wegen willkommen, bisher rechtmäßige Nutzungen
und Einrichtungen genießen Bestandsschutz. Auch das Skifahren
sowie die jährliche Mountainbike-Veranstaltung sind wie gewohnt
weiter möglich.
Zentrales Anliegen der Unterschutzstellung ist die langfristige
finanzielle Absicherung der Wiesenpflege. Ohne öffentliche
Mittel können artenreiche Wiesen nicht genutzt und dadurch
erhalten werden; sie werden entweder intensiviert und artenarm
oder nach Aufgabe der Nutzung zu Buschland und Wald. Diese Entwicklung
ist auf der überwältigenden Mehrheit unserer Wiesen und
in vielen Tälern des Odenwaldes zu beobachten. Sie soll und
wird hier aufgehalten werden. Als Naturschutzgebiet gehört
das Nüstenbachtal zur Kategorie der naturschutzfachlich wertvollsten
Kulturlandschafts-Lebensräume des Landes Baden-Württemberg,
die nicht mehr als drei Prozent der Landesfläche und nicht
mehr als 0,82 Prozent der Fläche des Neckar-Odenwald-Kreises
ausmachen. Das Gebiet wird deshalb auch in Zukunft von den finanziellen
Mitteln der Naturschutzverwaltung profitieren. |