15.5.14
Maifische pünktlich in Rhein und Neckar eingetroffen
In Baden-Württemberg mehren sich die Nachweise dieser vom
Aussterben bedrohten Fischart – sensationeller Fund im Neckar
(rpk) Bei einer Untersuchung der EnBW an einem Fischpass im Unteren
Neckar konnte am vergangenen Wochenende erstmals seit mehr als
80 Jahren wieder ein Maifisch gefangen werden. Sowohl Andreas Ness
als der mit der Untersuchung beauftragte Biologe als auch Frank
Hartmann von der Fischereibehörde des Regierungspräsidiums
Karlsruhe werten diesen Fang als Sensation. Bereits in den 20er
Jahren des vergangenen Jahrhunderts war der Maifisch im Neckar
durch den Ausbau des Neckars nahezu ausgerottet. Dass diese Fischart
nun wieder im Neckar auftaucht, ist ein gutes Zeichen für
die Gewässerentwicklung und ein Ansporn für die Wiederherstellung
der Durchgängigkeit am Neckar gleichermaßen. Zurzeit
plant die zuständige Bundeswasserstraßenverwaltung an
den Wehranlagen des schiffbaren Neckars funktionsfähige Fischaufstiegsanlagen.
Wanderfische legen bekanntermaßen sehr lange Strecken zurück,
um in ihre Laichgebiete zu gelangen. Prominentes Beispiel hierfür
ist der Atlantische Lachs, der schon seit längerem nach Baden-Württemberg
zurückkehrt und dabei tausende Kilometer vom Atlantik in die
Laichgewässer zurücklegt. Ein weiterer Hochleistungsschwimmer
ist der Maifisch, der im Rhein seit vielen Jahrzehnten nur als
seltener Sonderfund nachgewiesen oder gefangen werden konnte, jedoch
noch im vorletzten Jahrhundert in riesigen Schwärmen aus dem
Rheindelta kommend den Rhein und Neckar hochzog. Historische Aufzeichnungen
dokumentieren Massenaufstiege des Maifisches im Neckar bis Heilbronn
und im Rhein bis weit über Basel hinaus.
Der Energieversorger EnBW in Baden-Württemberg setzt sich
seit mehreren Jahren für umfangreiche Fischschutzmaßnahmen
am Rhein und an anderen Gewässern ein. An einem ihrer Kraftwerke
bei Karlsruhe wurde bereits im vergangenen Sommer im Rahmen von
Routineuntersuchungen ein besonderer Fang getätigt: Zwei junge
Maifische gingen ihr ins Netz. Seit vielen Jahrzehnten wurden keine
Jungfische mehr in diesem Rheinabschnitt nachgewiesen. Der aktuelle
Fund der Jungtiere belegt eindeutig, dass Maifische südlich
von Karlsruhe erfolgreich abgelaicht haben und sich aus dem Laich
auch Jungfische entwickelten. Frank Hartmann von der Fischereibehörde
im Regierungspräsidium Karlsruhe freut sich über diesen
Erfolg beim Maifisch und betont die erfolgreiche Zusammenarbeit
des Regierungspräsidiums Karlsruhe beim Fischartenschutz mit
Partnern beim Bund, bei Verbänden und bei der EnBW. „Der
Maifisch ist ein bedeutender Bestandteil der natürlichen Fauna
in Baden-Württemberg und findet durch gemeinsame Anstrengungen
am Rhein und am Neckar allmählich wieder einen geeigneten
Lebensraum vor.“
Das baden-württembergische Wanderfischprogramm unterstützt
die Rückkehr des besonders geschützten Maifisches, indem
es Strukturverbesserungen in seinen ehemaligen Lebensräumen
und die Wiederherstellung der Durchwanderbarkeit fördert.
Zusätzlich wird ein Monitoring zur Erfassung aufsteigender
Wanderfische am Fischpass Iffezheim durchgeführt.
Die jüngeren Maifischnachweise sind nach Auffassung der baden-württembergischen
Fischereiexperten offensichtlich auf einen natürlichen Restbestand
im Rhein zurückzuführen. Die Hoffnungen auf eine weitere
Zunahme von Maifischen im Rhein und seinen Nebengewässern
stützen sich jedoch auch auf das europäische Life+ Projekt
zur Wiederansiedlung des Maifischs unter der Federführung
von Nordrhein-Westfalen, welches seit einigen Jahren mit großem
Engagement umgesetzt wird. In den Jahren 2008-2013 wurden rund
8,5 Millionen Maifische im nordrhein-westfälischen und hessischen
Rheinabschnitt ausgesetzt. Neben dem Besatz junger Maifische, die
das Wiederansiedlungsprojekt bisher von wilden Muttertieren aus
der Garonne und der Dordogne in Frankreich gewonnen hat, soll künftig
die Nachzucht von Besatzfischen auch am Rhein sichergestellt
werden.
Durch die gebündelten Aktionen für den Maifisch entlang
des Rheins stehen die Chancen gut, dass der Maifisch eines Tages
im Rhein und im Neckar wieder dauerhaft heimisch wird.
Der vor wenigen Tagen bei Ladenburg gefangene Maifisch konnte
nach dem Fang wieder in den Neckar entlassen werden und hat sein
Streben
stromaufwärts zu den Laichgründen sofort fortgesetzt. Der zu den Heringsartigen zählende Maifisch (Alosa alosa)
bewohnt europäische Küstengewässer und wächst
dort bis zu einer Körperlänge von ca. 70 Zentimeter heran.
Maifische wandern in den Frühjahrsmonaten zum Laichen weit
die Zuflüsse hinauf. Dort pflanzen sie sich nachts in rasch
durchströmten Strecken mit kiesigem Untergrund fort. Vor hundert
Jahren stiegen Maifische noch den Rhein in großen Schwärmen
bis weit über Basel hinauf. Sie wurden auch in vielen Rheinzuflüssen
im Frühjahr sehr häufig gefangen und bildeten eine wichtige
Grundlage für die Berufsfischerei.
Der Maifischbestand brach aufgrund starker Überfischung und
durch fortschreitende Zerstörung von Laichgebieten, Errichtung
von Wanderungshindernissen und insbesondere durch die stark zunehmende
Gewässerverschmutzung vollständig zusammen. Es wurden
jedoch bis 1963 noch vereinzelte Maifische im Rhein gefangen. Als
die Wasserqualität des Rheins dank verstärkter Anstrengungen
bei der Gewässerreinhaltung wieder verbessert wurde, konnten
ab 1978 immer wieder einzelne Maifische im Oberrhein nachgewiesen
werden. Heute werden in den Fischpässen der Rheinstaustufen
Iffezheim und Gambsheim regelmäßig einzelne Maifische
festgestellt. Aktuell konnten für 2014 in Iffezheim sechs
aufsteigende Maifische erfasst werden. |