24.7.14
Haus am jüdischen Friedhof Laupheim eröffnet
(hdgbw) - Ein einmaliger Ort des Erinnerns und Lernens ist in
Laupheim eröffnet worden: „Das Haus am jüdischen
Friedhof ist ein Zeichen der gemeinsamen Vergangenheitsbewältigung
und ein humanitäres Projekt für die Zukunft“, sagte
Bürgermeister Rainer Kapellen am Mittwoch, 16. Juli 2014,
in einem Pressegespräch. Die Stadt hat das ehemalige jüdische
Leichenhaus in enger Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz für
rund 330.000 Euro aufwendig saniert, davon stammen 198.000 Euro
aus dem Landessanierungsprogramm. Das Haus der Geschichte Baden-Württemberg
richtete in dem Gebäude eine Ausstellung ein.
„Die Nationalsozialisten haben den jüdischen Deutschen
ihre Heimat geraubt, sie vertrieben und ermordet, ihre Gotteshäuser
zerstört und versucht, sie aus unserer gemeinsamen Geschichte
zu streichen“, erinnerte der Leiter des Hauses der Geschichte,
Dr. Thomas Schnabel. „Mit dem Haus am jüdischen Friedhof
wird in Laupheim wieder ein Stück der gemeinsamen Geschichte
ins Blickfeld gerückt.“
„Die Eröffnung soll ein Auftakt sein für eine
intensive Erinnerungsarbeit vor Ort“, wünscht sich Prof.
Dr. Paula Lutum-Lenger, die Ausstellungsleiterin des Hauses der
Geschichte. „Das Haus macht im einstigen jüdischen Stadtviertel
die jüdische Geschichte Laupheims zugänglich.“ Wie
das Leichenhaus seit seiner Errichtung 1907 genutzt und verändert
wurde, ist nun im Erdgeschoss des Gebäudes zu sehen. Dort
schildert ein kurzer Film den Ablauf eines jüdischen Begräbnisses
und die Geschichte des Hauses. Bei dessen Sanierung wurde darauf
Wert gelegt, die ehemalige Nutzung – als Ort der Leichenwäsche,
Totenwache und Aufbahrung – architektonisch sichtbar zu lassen
und bauliche Spuren zu erhalten. Die Ausstellung im Obergeschoss
widmet sich dem jüdischen Friedhof sowie den Persönlichkeiten,
die sich für dessen Pflege eingesetzt haben: John Bergmann,
Ernst Schäll und Helmut Steiner. Sie halfen in einer Zeit
der Verdrängung und des Schweigens nach dem Zweiten Weltkrieg
maßgeblich dabei mit, dass die Stadt ihre jüdische Prägung
als Teil ihrer Identität annehmen konnte. Tafeln informieren über
die rund 1000 Gräber und erklären die Symbolik auf den
Grabsteinen.
„Eine vergleichbare Präsentation dieser Thematik in
einem ehemaligen Leichenhaus ist in Deutschland nicht bekannt“,
berichtete Dr. Michael Niemetz, der Leiter des Museums zur Geschichte
von Christen und Juden in Laupheim. Das Haus am jüdischen
Friedhof solle als authentischer Lernort dabei helfen, Vorurteile
abzubauen, die im Unwissen über die Religion liegen. In den
Besucherräumen werden religiöse Rituale und Symbole vermittelt,
die Christen, Muslimen und Konfessionslosen fremd sind. Zugleich
lernt man, wie verwandt die Religionen dennoch in ihren Ritualen
sind.
Der Friedhof, das ehemalige Leichenhaus sowie das ebenfalls vom
Haus der Geschichte eingerichtete Museum zur Geschichte von Christen
und Juden im benachbarten Schloss bilden nun ein bemerkenswertes
Ensemble, das die jüdische Vergangenheit wieder in die Gegenwart
holt. Das Haus am Friedhof ist eine Außenstelle des Museums
im Schloss, wie dieses in Trägerschaft der Stadt Laupheim.
Es kann nach Vereinbarung besichtigt werden.
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