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5.9.14

Tafelkultur im Lauf der Zeit

Die AnticaNamur 2014

(crc) Die Tafelkultur beginnt ... im Bett. Die Römer haben in ihren Villen dreiliegige Speisesofas, sogenannte Triclinia. Dort empfängt man seine Gäste, trinkt und speist. Dazu verwendet man selbstverständlich die Finger, Besteck wird erst viel später erfunden. Die Römer führen hingegen bereits Tongeschirr und die ersten Glasbecher ein, um ihre Bankette besonders festlich und luxuriös zu gestalten.

Der Untergang des Römischen Reiches bedeutet jedoch das Ende für diese im Liegen gepflogene Speisekultur. Von nun an isst man im Sitzen, auf einer Bank, an einem aus einfachen Brettern auf Böcken aufgebauten Tisch. Das Tischtuch dient auch als Serviette und die gesamte Tischgesellschaft benutzt es als solche. Es gibt vorerst noch wenige Utensilien auf dem Tisch, die Reichen benutzen Messer aus Gold, die Armen Löffel und Näpfe aus Holz. Beim Adel stehen auf dem Tisch Salz und Gewürze (ein Zeichen des Reichtums). Man isst immer noch mit den Fingern, die Reste wirft man auf den Boden, wo sie sofort von den Hunden gefressen werden.

Gute Tischmanieren pflegt man erst in der Renaissance, beim Adel des 16. Jahrhunderts. Die Regeln dazu hat Erasmus von Rotterdam in seiner Schrift "De civilitate morum puerilium" festgehalten. Caterina de Medici (1519-1589) führt die zweizinkige Gabel, Fayence und Geschirr aus Glas ein. Der Gebrauch von Stühlen kommt auf und löst die Bänke ab. Zum Abwischen benutzt man nicht mehr das Tischtuch, sondern eine große Serviette, mit der man auch seine Halskrause schützt. Die Mahlzeit läuft in einer bestimmten Reihenfolge ab: Zunächst isst man Früchte, danach Brei, Braten oder Gegrilltes, und schließlich Dessert. Jedes Mahl beginnt mit einer rituellen Händewaschung, zu der man eine Aiguière (Wasserkanne) und die dazugehörige Schale verwendet.

Im 17. und 18. Jahrhundert wird die Tafelkultur immer vornehmer. Jeder Tischgast verfügt nun über sein eigenes Gedeck: einen Teller, rechts davon einen Löffel, ein Messer und eine (dreizinkige) Gabel, alles von einer Serviette bedeckt. Das Goldschmiedehandwerk floriert. Was das Servieren der Speisen betrifft, richtet man sich nach dem Hof von Versailles. Festliche Mahlzeiten werden in Form üppiger Buffets arrangiert, prunkvoll dekoriert und perfekt komponiert - ganz wie die französischen Gärten. Die Gerichte werden perfekt symmetrisch angeordnet. Diese Art des Servierens, das sogenannte "französische Savoir-recevoir", wird vom Adel in ganz Europa nachgeahmt. Neue, exotische Produkte (wie Kaffee, Tee oder Schokolade) tauchen auf den Tischen auf. Die Gewürze werden allgemein zugänglich. Das Servieren dieser Neuheiten erfordert besondere Behälter und Utensilien. Die Fayence wird vom Porzellan verdrängt. Die größten und berühmtesten Porzellanmanufakturen gibt es in Sèvres und Chantilly in Frankreich, in Meißen in Deutschland, in Chelsea in England und in Tournai (18. Jahrhundert) und Brüssel (19. Jahrhundert) in Belgien.

Nach der Französischen Revolution tauchen in Paris die ersten Restaurants auf. Paris, die "Stadt der Lichter", wird zur gastronomischen Hauptstadt Europas. Das Servieren im französischen Stil muss jedoch, da es mittlerweile unzeitgemäß ist, dem russischen Stil Platz machen, bei dem die Gerichte nacheinander aufgetragen werden. Der Fisch wird zum vollwertigen Gericht und vor den Fleischgerichten serviert. Folglich wird das Fischbesteck erfunden. Die Kristallmanufaktur Saint-Louis-lès-Bitche bringt Kristallgläser und das komplette Weinservice (bestehend aus einem großen Glas für Wasser und Tischwein, einem mittleren Glas für edle und ausländische Weine, einem Champagnerglas und kleinen Gläsern für Spirituosen und Liköre) auf den Markt. Im 19. Jahrhundert nimmt man drei Mahlzeiten am Tag ein: das Déjeuner gegen 11 Uhr, das Dîner (die wichtigste Mahlzeit des Tages) gegen 18 Uhr und das Souper gegen 22 Uhr, nach der Vorstellung (Letztgenanntes wird gegen Ende des Jahrhunderts immer seltener).

Das 19. Jahrhundert ist auch die Zeit der Gastronomiekritiker. Besonders berühmt ist Brillat-Savarin: Seine "Physiologie des Geschmacks" wird zum Maßstab.

Im Laufe des 20. Jahrhunderts wird die Tafelkultur demokratisiert und industrialisiert. Die dieser Kunst gewidmeten Bücher und Führer sind für alle zugänglich. Die Entwicklung der Gastronomie verdankt viel der Tatsache, dass zahlreiche Frauen arbeiten. Die Mentalität entwickelt sich hin zu größerer Einfachheit. Aber die Tradition der großen Tafel besteht weiter. Auch die Begeisterung für feines Porzellan, Kristallgläser und teures Tafelsilber bleibt erhalten.


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Die Kunstmesse Antica Namur steht dieses Jahr unter dem Motto der Gastronomie. Gerald Watelet, der für das Menü des Restaurants auf der Messe verantwortlich zeichnet, wird dieses Motto in seinen Tiefen ausloten. Er wird sein Talent als Dekorateur an einem Stand mit völlig neuem Ambiente präsentieren. Um diesen Bereich herum werden die verschiedenen Antiquitätenhändler das Thema ?Gastronomie in der Kunst" anhand von Gemälden und Kupferstichen, von Sammlerstücken und Objekten der Tafelkultur wie Möbeln, Porzellan, Glas, Tafelsilber und Textilkollektionen illustrieren. Die Stadt Namur wird einen Raum einer Auswahl herausragender Stücke aus den Sammlungen der städtischen Museen widmen. Vorträge ergänzen das Programm der Messe.

Antica Namur
38. Ausgabe - 2014
"GASTRONOMIE"
8. bis 16. November 2014
Namur Expo
Avenue Sergent Vrithoff 2
5000 Namur (Belgien)

 
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