5.2.13
Archäologische Denkmalpflege - Archäologischer Stadtkataster
Mosbach (Neckar-Odenwald-Kreis)
Neues Instrument für Denkmalpflege und Stadtplanung |
Zielgruppe auch stadt- und landesgeschichtlich Interessierte
(rpk) Regierungspräsidentin Nicolette Kressl und Abteilungspräsident
Prof. Dr. Claus Wolf vom Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium
Stuttgart haben am Montag, den 4. Februar 2013, im historischen
Rathaus Mosbach vor zahlreichen Gästen den neu erschienenen
Archäologischen Stadtkataster für die Stadt Mosbach an
Oberbürgermeister Michael Jann übergeben. Auf 160 Textseiten
mit über 60 Abbildungen sowie auf fünf farbigen Fachplänen
fasst das Werk die bisherige archäologische und stadtgeschichtliche
Forschung in all ihren Facetten zusammen und bewertet auf dieser
Grundlage die archäologisch relevanten Bereiche innerhalb
der Mosbacher Altstadt. Somit ermöglicht der Stadtkataster
künftig eine qualifizierte Abstimmung zwischen den Belangen
der archäologischen Denkmalpflege und der Stadtentwicklungsplanung.
Darüber hinaus dürfte dieser Band auch zu weiteren historischen
Forschungen anregen.
„Das bis heute überlieferte reiche, aber bisher nur
sporadisch erfasste Bodenarchiv der Stadt Mosbach kann so bei Bauvorhaben,
die in den Boden eingreifen, rechtzeitig bei den Planungen berücksichtigt
werden und den seiner historischen Bedeutung entsprechenden Schutz
durch die Denkmalpflege erhalten“, erläuterte Regierungspräsidentin
Nicolette Kressl die Funktion des Stadtkatasters als überaus
nützliches Instrument der Denkmalpflege. Sie verwies gleichzeitig
darauf, dass der Stadtkataster ein Beleg sei für die vertrauensvolle
Zusammenarbeit der Stadt Mosbach und der Denkmalpflege, die auf
diesem Fundament erfolgreich fortgesetzt werden könne. Die
geplante Bebauung am „Käfertörle“ werde das
sicher ebenfalls unter Beweis stellen. Prof. Dr. Claus Wolf, Abteilungspräsident
des Landesamtes für Denkmalpflege in Esslingen, erläuterte
das Projekt Archäologischer Stadtkataster, das in enger Zusammenarbeit
zwischen dem Landesamt für Denkmalpflege, den Denkmalreferaten
der einzelnen Regierungspräsidien und den jeweiligen Städten
landesweit durchgeführt wird. Er betonte: „Der Archäologische
Stadtkataster will notwendige städtebauliche Veränderungen
nicht blockieren. Er möchte vielmehr aufzeigen, welche Chancen
es in einem tief im Mittelalter wurzelnden Siedlungsgefüge
gibt, das jeweils einmalige und Identität stiftende Ensemble
aus alter Bausubstanz und geschichtlicher Überlieferung im
Boden als Erbe unserer Nachwelt weiter zu geben.“
Der Band Mosbach erscheint als Nr. 37 in der vom Landesamt für
Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart herausgegebenen
Schriftenreihe Archäologischer Stadtkataster Baden-Württemberg
und kann bei der Stadt Mosbach, beim örtlichen Buchhandel
oder beim Landesamt für Denkmalpflege in Esslingen zu einem
Preis von 9,60 Euro erworben werden. Verfasst wurde der Band von
Dr. Wolfgang Seidenspinner vom Referat Denkmalpflege im Regierungspräsidium
Karlsruhe unter der Mitarbeit seiner Kollegin Dr. Antje Gillich.
Die Druckkosten für die 400 Bände der Auflage werden
von der Stadt Mosbach und dem Landesamt für Denkmalpflege
im Regierungspräsidium Stuttgart gemeinsam getragen. Nachdem
für die anderen mittelalterlichen Städte im Neckar-Odenwald-Kreis
schon in den Jahren zuvor ein Stadtkataster erstellt wurde, bildet
die Große Kreisstadt selbst den Schlusspunkt in dieser Reihe.
Dr. Wolfgang Seidenspinner erinnerte bei der Vorstellung des Bandes
daran, dass bereits im 19. Jahrhundert als früheste Spuren
des Menschen auf Mosbacher Gemarkung jungsteinzeitliche Siedlungsreste
zu Tage kamen. Seit den 1950er-Jahren erfuhr die archäologische
Forschung durch das Engagement heimatgeschichtlich ambitionierter
Bürger einen neuen Schub. Aufgrund dieser Aktivitäten,
aber auch durch punktuelle Untersuchungen der Archäologischen
Denkmalpflege in der Altstadt, sind es inzwischen etwa 40 Fundstellen,
die Dr. Antje Gillich im Untersuchungsgebiet erfassen und kartieren
konnte. In einem zweiten ausführlichen Katalog sind in dem
Band unter der Überschrift Historische Topographie fast 90
Objekte beschrieben, die im Kontext der mittelalterlich-frühneuzeitlichen
Stadt neben der spätmittelalterlichen Stadtbefestigung eine
herrschaftliche, administrative, kirchliche oder wirtschaftliche
Rolle gespielt haben. Auch diese Objekte sind, nach ihren Funktionen
unterschieden, kartiert. Unter den Kartenbeilagen finden sich auch
eine Überlagerung der Bebauung zu Beginn des 20. Jahrhunderts
mit der heutigen Katasterkarte sowie eine nach unterschiedlichen
Tiefenstufen gegliederte Kartierung der Keller und Tiefgaragen.
In seinem Vortrag skizzierte der Autor auch die den Katalogen
vorausgehenden Textkapitel, von denen sich das erste, eingeleitet
von einem Überblick über die Vor- und Frühgeschichte,
mit den Grundzügen der Mosbacher Stadtgeschichte vom frühen
Mittelalter bis in das 19. Jahrhundert beschäftigt. Nachfolgend
beschreibt der Band Stationen der Siedlungsentwicklung Mosbachs:
Vom Klosterort des 8. Jahrhunderts über die Stadtgründung
in spätstaufischer Zeit, sein bauliches Wachstum als Residenzstadt
im Fürstentum Pfalz-Mosbach während des 15. Jahrhunderts,
seine danach eher verhaltene Entwicklung als kurpfälzische
Amtsstadt in der frühen Neuzeit bis hin zu den ersten deutlichen
Eingriffen in die tradierten Strukturen des Siedlungsgefüges
im 19. Jahrhundert. Auch nach der seit 1974 durchgeführten
Stadtsanierung, die abschließend noch knapp umrissen wird,
ist in den betroffenen Quartieren trotz einiger Verluste Vieles
an historischer Substanz erhalten geblieben.
Das Kapitel Stadtbewertung unter archäologischen Gesichtspunkten
stellt das Ergebnis der Untersuchung dar. Charakterisiert sind
die archäologisch relevanten Zonen für die künftige
denkmalpflegerische Betreuung in der Altstadt Mosbachs und bis
hinaus zur Anlage des Gutleuthauses samt dem Friedhof. Die einzelnen
Bereiche sind auf einem eigenen Plan deutlich signiert. Trotz aller
modernen Veränderungen hat die alte Fachwerkstadt Mosbach,
so das Resümee von Dr. Wolfgang Seidenspinner, noch großenteils
seine im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit
grundgelegte Straßen- und Quartiersstruktur, zahlreiche Dokumente
seiner nach einem angeblichen Brand von 1723 neu aufgeführten
Bebauung sowie auf den Grundstücken der Altstadt insgesamt
ein dichtes archäologisches Erbe bewahren können.
Alle drei Redner zeigten sich daher überzeugt: „Auch
dieser Archäologische Stadtkataster wird für die künftige
fachliche Diskussion bei dem Bemühen, den historischen Quellenwert
der innerstädtischen Flächen zu würdigen und die
sichtbaren wie auch die im Boden tradierten Geschichtsdokumente
an die Nachwelt zu vererben, qualifizierte Wegweisungen geben.“ Überdies
werde der Band in den Händen der heimat-, aber auch der landeskundlichen
Forschung ein Forum für die weitere Beschäftigung mit
der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichte von
Mosbach bilden. |