28.5.13
Erste Konferenz „Kulturvermittlung und Kulturelle Bildung
im (Massen-)Tourismus"
„Museumsbesuche und Kulturveranstaltungen werden immer
häufiger zum Bestandteil der Urlaubs- und Städtereise – auch
bei Touristen, die nicht besonders kulturinteressiert sind",
sagt Birgit Mandel, Professorin für Kulturvermittlung und
Kulturmanagement an der Uni Hildesheim. Nur ca. 5% aller Touristen
gehören zu den spezifisch Kulturinteressierten.
Auf einer Tagung in Wolfenbüttel am 27. und 28. Juni 2013
werden erstmals empirische Ergebnisse vorgestellt; Experten aus
der Tourismuswirtschaft diskutieren mit Vertretern aus Kulturinstitutionen
und Wissenschaftlern aus dem Bereich Kulturelle Bildung.
„Museumsbesuche und Kulturveranstaltungen werden immer
häufiger zum Bestandteil der Urlaubs- und Städtereise – auch
bei Touristen, die nicht besonders kulturinteressiert sind",
sagt Birgit Mandel, Professorin für Kulturvermittlung und
Kulturmanagement an der Universität Hildesheim. Obwohl nur
ca. 5% aller Touristen zu den spezifisch Kulturinteressierten
gehören, besuchen ca. 80% aller Urlaubsreisenden gelegentlich
kulturelle Sehenswürdigkeiten und Kulturveranstaltungen.
Neben Architekturbesichtigungen gehört der Museumsbesuch
zur Urlaubsgestaltung vieler Touristen dazu – und sei es
nur, um einen Regentag zu überbrücken.
Über die Urlaubsreise lassen sich viele Menschen für
Kunst und Kultur interessieren, die in ihrem Alltag keinen Zugang
dazu finden, verdeutlicht Mandel. So zeigte etwa eine Befragung
von Touristen im Schloss Charlottenburg, dass ein Großteil
der touristischen Besucher kaum Vorwissen über und keine
Fragen an das dort zu Erfahrene hatte. Das Gesamtambiente und
die Markierung „Must See" im Reiseführer trieb
sie dort hin. Bei jenen, die an einer Führung teilnahmen,
konnte signifikant stärker eigenes Interesse an den Themen
geweckt werden. Sie verließen den Ort mit dem Vorsatz,
sich daheim weiter damit zu beschäftigen.
Welche Potentiale bieten Urlaubsreisen für kulturelle und
interkulturelle Bildung? Auf einer zweitägigen Tagung an
der Bundesakademie Wolfenbüttel werden empirische Erkenntnisse über
kulturtouristische Motive und Aneignungsprozesse sowie über
kulturelle Bildung mit konkreten Beispielen und Anliegen der
Tourismuswirtschaft und der Kulturinstitutionen zusammen gebracht.
Wie gehen Tourismusunternehmen mit Erlebnisreisen, Cluburlauben
und Kreuzfahrten auf das potentielle Interesse von Touristen
ein, sich im Urlaub auch mit Kunst zu beschäftigen?
Erstmalig diskutieren Experten aus der Tourismuswirtschaft mit
Vertretern von touristisch nachgefragten Kulturinstitutionen
und mit Wissenschaftlern aus dem Bereich der Kulturellen Bildung.
Unter anderem sprechen Marion Glasmeyer, Leiterin des Bereichs
Entertainment der TUI AG, dem Marktführer im Tourismus,
sowie Angelika Müller, verantwortlich für die Reiseleiterqualifizierung
bei Studiosus, dem europäischen Marktführer bei den
Studien- und Kulturreisen.
Yvonnne Pröbstle von der Hochschule Ludwigsburg stellt Ergebnisse
ihrer empirischen Studie zu verschiedenen Motiven für Kulturbesuche
im Urlaub und Aneigungsweisen von Touristen vor. Dr. Dieter Brinkmann
von der Hochschule Bremen präsentiert Ergebnisse einer empirischen
Studie, die zeigt, dass und wie in populären touristischen
Erlebniswelten wie etwa dem Europapark Rust „emotionales
Lernen" stattfindet.
Wie gehen Kulturinstitutionen auf die wachsende Anzahl von Touristen
ein, die nicht als Fachbesucher sondern während einer Urlaubsreise
kulturelle Angebote erleben wollen? Welche neuen Marketing- und
Vermittlungskonzepte entstehen? Silke Hollaender, die bei der
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin
Brandenburg für Tourismusmarketing zuständig ist, stellt
Vermittlungsprogramme für touristisch sehr stark frequentierte
Museen vor – wie sie etwa für Schloss Sanssouci in
Potsdam entwickelt wurden. Sie erklärt, wie es gelingt,
für weniger bekannte Kultur-Orte Interesse zu schaffen.
Dr. Michael Prieß, Leiter des Bereichs „Inszenierte
Bildung" der Autostadt Wolfsburg – ein beliebtes „Kurzurlaubsziel" und
meistbesuchtes Museum Norddeutschlands – spricht über
die Vermittlungskonzepte der Autostadt, um Menschen unterschiedlicher
Bildungsmilieus und Altersgruppen zu erreichen. Am Ende der Tagung
können die Teilnehmer dies vor Ort überprüfen.
In den letzten Jahren entstanden neue „interkulturelle
Tourismusformen" wie das informelle Couch-Surfing, wo vor
allem junge Reisende über private Kontakte und Wohnen in
privatem Umfeld eine Stadt oder ein Land kennenlernen. In sogenannten
Dritte Welt Ländern wurden „Slum-Touren“ oder „Town-Ship-Führungen“ als
non-profit-Projekte entwickelt. Touristen werden von einheimischen
Besuchern durch ihre Lebens-Orte geführt. Was lässt
sich aus diesen Trends für die Zukunft von kulturtouristischen
Anbietern, ebenso wie für die Vermittlung von touristisch
relevanten Kultureinrichtungen lernen?
Prof. Dr. Christian Antz, Wirtschaftsministerium Sachsen-Anhalt,
formuliert zum Abschluss der Tagung Kriterien für Kultur-Marketing
und Vermittlung, mit denen man Regionen wirtschaftlich und kulturell
positionieren und für verschiedene Gruppen kulturtouristisch
attraktiv aufbereiten kann.
Isa Lange,
Stiftung Universität Hildesheim |