10.1.13
Das Ehrenamt stärken, nicht beschädigen
(lnok) Das Land Baden-Württemberg beabsichtigt, die Vereinsregister
künftig elektronisch zu führen und bei nur noch vier
Amtsgerichten landesweit zu zentralisieren. Damit entfiele die
bisherige Zuständigkeit in Mosbach, Buchen und Adelsheim.
Für den Neckar-Odenwald-Kreis wäre dann das Registergericht
Mannheim zuständig.
Dr. Achim Brötel, Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises, hatte
sich schon unmittelbar nach Bekanntwerden der Pläne direkt
an Justizminister Rainer Stickelberger gewandt und sich für
einen Verbleib des Vereinsregisters bei den Amtsgerichten vor Ort
eingesetzt. In seinem
Antwortschreiben
an den Landrat verteidigt der Minister die Reform allerdings nachdrücklich.
Eine elektronische Registerführung erleichtere nicht nur die
Handhabung in den Gerichten deutlich, sondern ermögliche auch
eine kundenfreundliche und zügige Sachbearbeitung. Die Beratung
der Ehrenamtlichen könne zudem weiterhin durch die Rechtsantragsstelle
bei den örtlichen Amtsgerichten erfolgen.
Mit dieser Antwort gibt sich Landrat Dr. Brötel jedoch nicht
zufrieden und hat deshalb jetzt in einem weiteren Schreiben an
Justizminister Stickelberger seine Position noch einmal im Einzelnen
erläutert. In der Theorie könne er die Argumentation
für eine elektronische Führung und eine damit einhergehende
starke Zentralisierung des Vereinsregisters durchaus nachvollziehen.
Die Praxis sehe allerdings völlig anders aus, so der Landrat.
Insbesondere könne man ein elektronisches Register jederzeit
auch ohne Zentralisierung der Vereinsregister insgesamt einführen,
indem man nur die Dateneingabe als solche auf wenige Gerichte konzentriere,
die eigentliche Sachbearbeitung aber vor Ort belasse.
Die Erfahrung zeige einfach, dass der Beratungsbedarf bei Vereinsvorständen
in aller Regel sehr hoch sei. Dabei gehe es neben Formalien auch
um so praktische Fragen wie die, was passiert, wenn sich beispielsweise
keine Person mehr als Vorstand zur Verfügung stellt. Bei einer
Trennung von Beratung und Entscheidung sei die Gefahr divergierende
Auffassungen aber nicht von der Hand zu weisen. Hinzu komme, dass
die zentralen Registergerichte wohl eher nicht auf eine bürger-
und ehrenamtsfreundliche Auskunfts- und Beratungsmöglichkeit
eingerichtet seien. So habe das Amtsgericht Mannheim derzeit nur
telefonische Sprechzeiten von 9.30 Uhr bis 11.30 Uhr. Dem Ehrenamt
gebe so etwas Steine statt Brot. Von einer Verbesserung könne
man dabei jedenfalls ganz sicher nicht reden. Auch die Erfahrungen
aus dem Nachbarland Bayern, wo man den Zentralisierungsweg bereits
gegangen sei, sprächen dafür, die Fehler anderer nicht
unbedingt zu wiederholen.
Das alles entscheidende Argument sei, so Dr. Brötel, aus
seiner Sicht aber ein ganz anderes: All dem stehe nämlich
ein ohnehin nur rechnerisches und deshalb faktisch wohl überhaupt
nicht zu realisierendes Einsparpotential von landesweit gerade
einmal fünf Stellen gegenüber. Dafür ausgerechnet
im Land des Ehrenamtes dann aber so viel Bürgernähe und
Bürgerfreundlichkeit opfern zu wollen, erschließe sich
ihm nicht, es sei denn, es gehe wirklich um eine Zentralisierung
um der Zentralisierung willen. Dafür habe er dann aber erst
recht kein Verständnis, so der Landrat, der den Justizminister
abschließend noch einmal eindringlich bittet, seine Entscheidung
selbstkritisch zu hinterfragen, zu überdenken und zu revidieren. "Die
vielen ehrenamtlich Tätigen im Neckar-Odenwald-Kreis werden
es Ihnen ganz sicher danken". |