30.8.12
„In einer knappen Stunde ein grauer glimmender
Schutthaufen“
70. Jahrestag der Zerstörung der Badischen Landesbibliothek
am 3. September 1942
„Als die Sonne des 2. September
1942 in fast sommerlicher Heiterkeit hinter den Pfälzer Bergen
versank“, so beginnt ein Bericht des Karlsruher Bibliothekars
Dr. Richard Valentin Knab, da habe sich niemand das entsetzliche
Chaos vorzustellen vermögen, das dieselbe Sonne in der bleichen
Frühe des folgenden Tages in den Straßen Karlsruhes
bescheinen werde.
In der Nacht zum 3. September 1942 wurde die Badische Landesbibliothek,
die damals gemeinsam mit dem Naturkundemuseum im Sammlungsgebäude
am Friedrichsplatz residierte, durch den ersten schweren Fliegerangriff
auf Karlsruhe vollständig zerstört. Abgeworfen wurden
Bomben mit einem Gesamtgewicht von 400 Tonnen. Betroffen war vor
allem die Innenstadt.
Das Sammlungsgebäude mit der Badischen Landesbibliothek brannte
in dieser Nacht bis auf die Außenmauern nieder. Der gesamte
Buchbestand, damals 367.000 Bände, wurde mit Ausnahme der
bereits zu Kriegsbeginn ausgelagerten mittelalterlichen Handschriften
und Frühdrucke vernichtet. Viele unersetzliche Kostbarkeiten,
insbesondere auch Landkarten und Atlanten, Musikalien und Theatermaterialien,
Nachlässe, Grafikbestände und Sondersammlungen waren
verloren. Nur der 1872 begonnene Katalog wurde gerettet; mit ihm
blieb das Wissen um das Verlorene erhalten.
Augenzeugen berichten noch heute, dass der Feuersturm Reste verkohlter
Bücher über das ganze Stadtgebiet verteilte. Richard
Valentin Knab notierte: „Noch nach Tagen brachten uns entsetzte
Entleiher aus Schloßgarten und Hardtwald Fetzen von Büchern
und angesengte Einbände.“
Ihren Wiederaufbau stützte die Badische Landesbibliothek
auf die 2.500 Bände, die zum Zeitpunkt des Angriffs entliehen
waren und von ihren Benutzern zurückgebracht wurden. Direktor
Dr. Friedrich Lautenschlager versandte zahlreiche Bittschreiben
um Überlassung von Doppelstücken oder entbehrlichem Bibliotheksgut;
unmittelbar nach der Zerstörung erhielt die Bibliothek außerplanmäßig
staatliche Wiederaufbaumittel in Höhe von 100.000 Reichsmark
für die Ersatzbeschaffung, 1944 noch einen Aufbaukredit von
50.000 Reichsmark. Bis Kriegsende war bereits wieder ein Bestand
von 65.000 Bänden zusammengetragen, im wesentlichen aktuelle,
voraussichtlich gebrauchsintensive Literatur. An eine umfassende
Wiederbeschaffung des verlorenen historischen Druckschriftenbestandes
war nicht zu denken.
In den siebzig Jahren seit diesem Verlust hat die Badische Landesbibliothek
durch antiquarische Ankäufe, durch Stiftungen und staatliches
Engagement wieder ein reichhaltiges Spektrum historischer Buchkultur
angesammelt. Die bedeutendsten Zuwächse stammen aus der Erwerbung
ganzer Bibliotheken, Nachlässe und Sammlungen. Heute ist die
Badische Landesbibliothek eine der bedeutendsten Altbestandsbibliotheken
in Deutschland. |