24.8.12
Archäologische Denkmalpflege übergibt
Hüfinger Bürgermeister Anton Knapp Replik frühmittelalterlicher
Silberscheibe aus Grabungsfund
Original war jahrzehntelang verschwunden
Jetzt ist das Trio komplett: Am vergangenen Dienstag hat die Fachgebietsleiterin
der Archäologischen Denkmalpflege des Regierungspräsidiums
Freiburg, Dr. Andrea Bräuning, dem Hüfinger Bürgermeister
Anton Knapp die originalgetreue Replik einer Silberscheibe überreicht:
Das Original war 1966 bei Bauarbeiten hoch über der Altstadt
von Hüfingen als Teil reichhaltiger Grabbeigaben eines Adelsgrab
aus dem Frühmittelalter entdeckt worden; es verschwand jedoch
kurz darauf und fand erst 42 Jahre später anonym den Weg zurück
in die Hände des rechtmäßigen Eigentümers – das
Land Baden-Württemberg. Es handelte sich um so genannte Phalerae,
silberne Zierscheiben eines Pferdegeschirres, zu denen in jener
Zeit immer 3 Scheiben gehörten. Anton Knapp wird die Nachbildung
nach der Sommerpause dem Stadtmuseum für Kunst und Geschichte
zur Präsentation zusammen mit den beiden bereits vorhandenen
Silberscheiben übergeben.
Prof. Dr. Gerhard Fingerlin war in den 1960er Jahren als junger
Archäologe zuständig für den Bereich Hüfingen.
Was er über die Bedeutung der Silberscheiben weiß, hat
er in mehreren Fachaufsätzen publiziert – und was er über
das Verschwinden und Wiederauftauchen der einen Scheibe weiß,
gäbe vermutlich Stoff für eine eigene Story. „Da
bin ich aber an ein archäologisches Beichtgeheimnis gebunden“,
schmunzelt Fingerlin, den Bräuning zur Übergabe der Rarität
an Bürgermeister Knapp eigens eingeladen hatte 1966, so erinnert
er sich, erlebte Hüfingen unerwartet eine archäologische
Sternstunde, als auf der „Gierhalde“ bei Bauarbeiten
das Grab eines alamannischen Adligen zum Vorschein kam. „Wie
oft bei zufälligen Entdeckungen lief zunächst einmal
einiges schief. Es machten sich auch Unbefugte ans Werk, ein Teil
der Funde geriet in private Hände. Einiges wurde zurück
gegeben, darunter auch zwei große, figürlich verzierte
Silberblechscheiben mit außergewöhnlichen, bislang nicht
bekannten Motiven“, so Fingerlin. Nach vergleichbaren Grabfunden
aus dem Elsass und aus Hessen erkannte man, dass eigentlich drei
solcher „phalerae“ vorhanden sein müssten. Manches
sprach dafür, die eine fehlende noch am Ort zu vermuten.
„
Bei einer Veranstaltung des Alemannischen Institut in Donaueschingen
haben wir daran appelliert, die verschwundene archäologische
Rarität zurückzugeben. Und das hat über Umwege gewirkt;
vor ein paar Jahren wurde die Scheibe dann tatsächlich zurück
gegeben – anonym.“
Wie das Zaumzeug über die Alpen kam bleibt ebenfalls der
Spekulation überlassen. Es kann sich um ein Beutestück
handeln, vielleicht gehörte es auch zu einer Tributzahlung.
Fest steht, dass es eine byzantinische, also oströmische Arbeit vermutlich aus dem 6. Jahrhundert war und zum Zaumzeug eines
Offizierspferdes gehörte. „Ungewöhnlich und bis
dahin bei uns nicht bekannt war die christliche Ikonographie auf
den Scheiben: Die Dreiergruppe der Schreiben zeigt in der Mitte
die thronende Mutter Gottes mit Jesuskind, links ein kämpfender,
rechts ein siegender Reiter – alles spricht dafür, dass
auch damit Christus gemeint ist. Das aus einem militärischen
Arsenal stammende Hüfinger Pferdegeschirr, so Fingerlin, zeigt
damit in verkürzter Form, bezogen auf die Menschwerdung des
Gottessohnes, dessen Sieg über „Hölle, Tod und
Teufel“.
Bürgermeister Knapp bedankte sich bei Andrea Bräuning
und Gerhard Fingerlin für deren Einsatz. „Wir sind glücklich,
diesen wertvollen Fund jetzt im öffentlichen Besitz zu wissen.
Offensichtlich hat hier jemanden nach Jahrzehnten dann doch das
schlechte Gewissen geplagt.
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