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21.9.12

Überraschende Funde in der römischen Kastellsiedlung von Bad Cannstatt

Grabung der Archäologischen Denkmalpflege legt unter anderem Holzboden aus der Römerzeit frei

Die Archäologische Denkmalpflege des Regierungspräsidiums Stuttgart führt seit Mai 2012 in Stuttgart - Bad Cannstatt auf einem Grundstück gegenüber dem historischen Steigfriedhof auf dem Hallschlag eine Rettungsgrabung im Vorfeld einer Baumaßnahme durch. Hier, wo bald ein Mehrfamilien-Wohnhaus mit Tiefgarage entstehen wird, befand sich ab ca. 100 n. Chr. das Zentrum des römischen Cannstatt. Bekannt ist etwa, dass der heutige Sparrhärmlingweg dem Verlauf der einstigen römischen Straße vom Neckar über die Prag in Richtung Pforzheim und weiter an den Rhein entspricht. Untersuchungen der Zeit um 1900 und der 1950er Jahre belegten zudem bereits Reste römischer Steingebäude nördlich dieses Straßenzuges. Die Ausgrabungen auf dem Baugrundstück Sparrhärmlingweg 6 zielten darauf ab, die Berichte dieser alten Ausgrabungen zu bestätigen und noch vorhandene Bodenzeugnisse der Römerzeit zu dokumentieren und zu bergen.

In den vergangenen Wochen wurden so massive, zum Teil bis zu zwei Meter hohe Mauerreste der antiken Ansiedlung freigelegt. Als mächtige, mindestens sechs Meter breite und knapp einen Meter starke Steinpackung ließ sich auch noch der ehemalige römische Straßenkörper gut feststellen. Eine besondere Überraschung und nicht nur für Stuttgart – Bad Cannstatt absolut außergewöhnlichen Befund stellt jedoch ein mindestes 30 Quadratmeter großer Holzboden dar, auf den die Ausgräber am Dienstag dieser Woche stießen. Dank dessen Bettung in luftdicht abschließenden Tonschichten, haben sich die hölzernen Bestandteile dieses Bodens hervorragend erhalten. Auf einer Unterkonstruktion auf etwa 30 cm breiten Brettern ruhen quer liegende, massive Balken. Beides, Bretter und Balken sind auch nach über 1900 Jahren im Erdreich so gut erhalten, dass sie vermutlich einzeln herausgenommen und geborgen werden können. Die Funktion dieses Bodens ist zum momentanen Zeitpunkt noch rätselhaft. Es könnte sich um Teile eines größeren Holzgebäudes der römischen Ansiedlung handeln. Denkbar ist aber auch, dass die römischen Soldaten, die in Cannstatt den Neckarlimes schützten, an diesem Platz vor den Toren des Reiterkastells ein Wasserbecken als Zisterne errichteten, da die Versorgung mit Frischwasser auf der Hochterrasse über dem Fluss Schwierigkeiten bereitete. Diese Frage dürfte sich in den folgenden Wochen mit dem Fortgang der Ausgrabungen lösen lassen.

Die Fundstelle ist Teil der ausgedehnten römischen Zivilsiedlung von Bad Cannstatt. Erste Hinweise auf die römische Vergangenheit der Stadt gibt es bereits seit dem 16. Jahrhundert. Aus dem Bereich rings um die ehemaligen Reiterkasernen sind insbesondere zu Beginn des 20. Jahrhunderts Funde bekannt geworden. Dennoch sind bis heute viele Fragen zur Frühgeschichte Cannstatts offen, da weite Bereiche des antiken Siedlungsgebietes bereits im Mittelalter überbaut wurden und für die archäologische Erforschung nicht mehr zur Verfügung stehen. So sind neben Fragen zur Ausdehnung und Entwicklung der römischen Siedlung insbesondere ihr Schicksal am Ende der Limeszeit und die frühmittelalterliche Besiedlung nahezu völlig unbekannt. Umso wichtiger ist daher die Möglichkeit, die wenigen verbliebenen Restflächen zu untersuchen wie im Rahmen der gegenwärtigen Baumaßnahme geschehen. Die Ausgrabungen werden Ende September abgeschlossen sein, so dass das Bauvorhaben ohne Einschränkungen weitergeführt werden kann. Die Archäologische Denkmalpflege beim Regierungspräsidium Stuttgart bedankt sich schon jetzt sehr herzlich für die Hilfsbereitschaft und Unterstützung seitens Bauleitung und Bauträger bei der Durchführung der Untersuchungen.

 
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