20.2.12
Prof. Dr. Colin Renfrew: Ein Kritiker versöhnt
sich mit dem Badischen Landesmuseum
Hintergründe einer wechselvollen
Beziehung
Die Koryphäe der Kykladenforschung zu Gast im Badischen
Landesmuseum
Vortrag zur Kykladenkultur am 23. Februar 2012, 19 Uhr, Schloss
(blm) Er ist der Stargast der Vortragsreihe
zur Sonderausstellung „Kykladen. Lebenswelten einer frühgriechischen
Kultur“: Prof. Dr. Colin Renfrew, vielfach ausgezeichneter
britischer Archäologe, emeritierter Professor für Archäologie
der Universität Cambridge und eine Koryphäe auf dem Gebiet
der Kykladen-Forschung. Aufgrund seiner herausragenden Leistungen
wurde er in den Adelsstand erhoben und heißt mit vollem Namen
Lord Renfrew of Kaimsthron.
Die Kykladen
Colin Renfrew gilt als „Nestor“ der Kykladenforschung,
seine Forschungen – von den 60er-Jahren bis zu den jüngst
spektakulären Funden und Erkenntnissen – verdienen höchste
Anerkennung. Als 1963 auf der kleinen Kykladeninsel Keros durch
Raubgrabungen hunderte von zerbrochenen Idolfiguren zu Tage kamen
und durch den Kunsthandel bekannt wurden, war Renfrew zusammen
mit seinem Kollegen Christos Doumas der Erste, der die geplünderte
Stelle begutachtete. Seitdem lässt ihn sowohl die Erforschung
der Kultur der Kykladen als auch die Sorge um deren unrechtmäßigen
Handel nicht mehr los.
Renfrews Kritik am BLM
1976 präsentierte das Badische Landesmuseum Karlsruhe die
große Sonderausstellung „Kunst der Kykladen“.
Renfrew unterstütze diese Ausstellung damals durch Beratung
und einen wichtigen Katalogaufsatz. Doch als er nach der Eröffnung
feststellte, dass viele der ausgestellten Objekte noch in Besitz
von Kunsthändlern waren, ohne Provenienzangaben und illegal über
die Grenzen gebracht, entwickelte sich Renfrew zu einem der größten
Kritiker des Badischen Landesmuseums.
Seine Kritik an der Erwerbungspolitik manifestierte er fast jährlich
in neuen wissenschaftlichen Publikationen und Reden auf Fachtagungen.
Bis er schließlich im vergangenen Mai in einem öffentlichen
Vortrag in Athen den griechischen Behörden vorschlug, zwei
prominente Kykladenobjekte des Badischen Landesmuseums zurückzufordern.
Dieser Aufforderung kam das griechische Ministerium im September
nach.
Colin Renfrew ließ sich jedoch im Juni überzeugen,
dass Direktor und Mitarbeiter des Badischen Landesmuseums nicht
die Ankaufpolitik der 70er- und 80er-Jahre fortgesetzt haben, sondern
den Konventionen der UNESCO zum Schutze der Kulturgüter folgen.
Als sog. „Wiedergutmachung“ für die entstandene
Rufschädigung half Lord Renfrew dem BLM, die neue Erwerbungspolitik
zu formulieren und bat das griechische Kulturministerium, die neue
Kykladenausstellung in Karlsruhe mit Leihgaben großzügig
zu unterstützen.
Dieser Bitte kamen die griechischen Behörden leider nicht
nach. Im letzten Augenblick vor der aktuellen Kykladen-Schau hat
der griechische Staat seine Leihgaben verweigert und an die Rückgabe
zweier in den siebziger Jahren gekauften Kykladen-Kunstwerke geknüpft.
Zu Gast 2012
Als Zeichen seiner neuen Zuneigung zum BLM hat Renfrew seine neusten
wissenschaftlichen Ergebnisse, die erst im Laufe des Jahres in
einer Gesamtpublikation der Universität Cambridge erscheinen
werden, im Ausstellungskatalog Karlsruhe zusammenfassend zum ersten
Mal veröffentlicht. Zudem hat er einen Vortrag am 23. Februar
um 19 Uhr zugesagt, der von sehr vielen Fach- und Museumsleuten
mit großer Spannung erwartet wird.
Der Vortrag gilt schon jetzt als „Event“. Interessierte
sollten sich nicht zu lange Zeit lassen. Der Vorverkauf hat bereits
begonnen, es sind nur noch wenige Karten erhältlich.
Vortrag von Prof. Dr. Colin Renfrew über die Kykladenkultur
In
englischer Sprache mit deutscher Simultanübersetzung über
Kopfhörer
Veranstaltungsort: Badisches Landesmuseum – Gartensaal,
Schloss Karlsruhe
Do, 23. Februar 2012, 19 Uhr
Eintritt: 4,- € / erm. 3,- €
Kartenreservierung unter:
0721 / 926 2828
Abholung: Kasse im Foyer
Platzreservierung: keine Sitzplatzreservierung / 260 Sitzplätze
in und vor dem Gartensaal (Bild- und Tonübertragung ins Obere
Foyer) / 40 Stehplätze
Bild: Kykladenidol, frühkykladisch
II (2700-2400). Spuren der einstigen Bemalung sind als Verwitterungsrelief
noch
zu erkennen. Gut zu sehen ist ein Auge mit Braue. Eines der beiden
Objekte, die von Griechenland zurückgefordert werden.
Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Bild: Thomas Goldschmidt) |