6.11.12
Gedenktafeln der evangelischen Bebenhäuser Äbte
restauriert
Schatz
aus der protestantischen Geschichte des Klosters ist wieder sichtbar
Jetzt glänzen sie wieder: Die acht Gedenktafeln der evangelischen Äbte
von Bebenhausen gehören eindeutig zum eindrucksvollsten, was
sich in der ehrwürdigen Klosterkirche vor den Toren der Universitätsstadt
Tübingen an Kunstwerken erhalten hat. Die kostbaren Stücke
des 16. bis 18. Jahrhunderts sind frisch restauriert und wieder
in der Klosterkirche zu sehen.
Sie fallen ins Auge: In der Klosterkirche von Bebenhausen sind
sie farbenprächtiger Schmuck der Wände der Seitenschiffe
und Querhäuser. Die Gedenktafeln, sogenannte Epitaphe, erinnern
an Leben und Taten der protestantischen Klostervorsteher. Die Konservierung
der hölzernen Tafeln und Schnitzereien war dringend nötig,
so Dr. Felix Muhle, als Restaurator der Staatlichen Schlösser
und Gärten Baden-Württemberg für die Betreuung zuständig: „Das
feuchte Klima in der Kirche, frühere Eingriffe – und
der natürliche Alterungsprozess der Tafeln“, so Muhle,
seien verantwortlich gewesen, dass d ie Kunstwerke Betreuung brauchten.
Seit 2010 hatten mehrere freiberufliche Restauratorinnen und Restauratoren
im Auftrag der Staatlichen Schlösser und Gärten daran
gearbeitet.
Epitaphe sind Denkmäler, die an Verstorbene erinnern, meist
in unmittelbarer Nähe zum Grab. In Bebenhausen sind es die
Monumente der acht einander folgenden evangelischen Äbte ab
dem 16. Jahrhundert. Die Leiter der Klosterschule wurden meist
in der Kirche bestattet. Im Kirchenschiff erinnerte dann ein solcher
prächtiger Epitaph an den Toten und seine Verdienste. Die
Bebenhäuser Gedenkmonumente sind wichtige Zeugnisse der protestantischen
Geschichte des einstigen Klosters. Und für die mittelalterliche
Klosterkirche, die ihre Ausstattung aus der Zeit vor der Reformation
fast ganz verloren hat, sind sie, was den Raumeindruck angeht,
von kaum zu überschätzender Bedeutung. Obendrein lässt
sich an den acht Monumenten die Entwicklung des Totengedenkens
von der Zeit der Reformation bis ins Ba rock verfolgen. Wie Restaurator
Muhle als Fachmann der Staatlichen Schlösser und Gärten
berichtet, hingen diese Epitaphe noch im 19. Jahrhundert an den
Pfeilern des Mittelschiffs der Klosterkirche. Aus welchem Grund
sie später in die Seitenschiffe und das nördliche Querschiff
versetzt wurden – das wurde noch nicht erforscht.
Die Restaurierung. Was gab bei den Staatlichen Schlössern
und Gärten den Anlass für die aufwendigen restauratorischen
Maßnahmen? Felix Muhle zählt die Schäden auf: Stellenweise
drohten Partikel der Malschicht abzufallen, weil sich die Farbfassung
gelöst hat. Eine ganz banale Beeinträchtigung: Die Oberflächen
sammeln über die Jahre hin Schmutz, an manchen Stellen ließ sich
sogar Schimmelbefall feststellen. Das Hauptaugenmerk der Restauratoren
habe daher auf der Festigung der Farbschicht und auf der Reinigung
gelegen. Immer wieder geht es auch darum, die Holzpartien zu konsolidieren,
die in früheren Zeiten durch Insektenfraß – d
as, was umgangssprachlich als Holzwurm bekannt ist – beschädigt
worden seien. Aktuelle Schäden gibt es hier allerdings nicht
mehr: Diese Schädlinge sind bei den Epitaphen von Bebenhausen
bereits 1984 bekämpft worden. Damals waren auch brüchige
Holzpartien gesichert worden. Ältere Überarbeitungen,
etwa problematische Ergänzungen im Holz oder farbliche Überarbeitungen,
beeinträchtigten das Erscheinungsbild der Epitaphe teilweise.
Wenn noch ursprüngliche Farben darunter vorhanden waren, haben
die Restauratoren diese älteren Übermalungen jetzt entfernen
können. Kleine Ausbrüche in der Farbschicht haben die
heutigen Restauratoren vorsichtig retuschiert und ältere störende
Ergänzungen durch vorsichtige farbliche Anpassung in das Gesamtbild
integriert.
Kunstgeschichtlicher Hintergrund. Die Gedenktafeln beeindrucken
schon durch ihre Größe: Es handelt sich um bis zu vier
Meter hohe Holzkonstruktionen mit Säulen, Gesimsen, Skulpturen
und Gemäldetafeln. Auf den ersten Blick sehen die Epitaphe
aus wie Altäre. Allen gemeinsam sind Schrifttafeln, die wortreich
von Leben und Taten der Kloster- und Schulvorstände erzählen.
Ebenfalls immer präsent: ein Portrait des Toten im reich geschmückten
Aufsatz über dem Hauptbild.
Die acht Monumente sind nicht nur als historische Zeugen der Klostergeschichte
interessant, sie bieten auch eine Reise durch die Kunst von der
Renaissance bis zum eleganten Spätbarock. Vier der Epitaphe
stammen aus dem 16. und 17.Jahrhundert und orientieren sich daher
noch im klaren Aufbau und den Ornamenten an der Kunst der Renaissance.
Biblische Erzählungen bestimmen die Motivwahl der großen
Mitteltafeln. Und zeittypisch findet man hier auch, streng aufgereiht
und mit gefalteten Händen, die Familie des Toten: Die Äbte
des evangelischen Klosters waren verheiratet und hatten Kinder.
Zwei Epitaphe stammen von 1683 und 1720. Zu erkennen sind sie
an den reich bewegen barocken Ornamenten und daran, dass sie sich
auf die feierlichen Farben Schwarz und Gold beschränken.
Zwei weitere Monumente stammen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.
Sie tragen im Zentrum Inschriften, keine Gemälde. Die Eleganz
der Figuren und des architektonischen Rahmens zeigt die zeittypischen
Formen des späten Barock. Anfragen zu Führungen und Besichtigungen im Kloster: Tel.
07071.6028-02 (Klosterkasse)
Internet: www.kloster-bebenhausen.de |