7.9.11
Landesarchäologie
Sensationelle Bronzeschätze in Welzheim entdeckt
- Römische Göttin aus Brunnen geborgen
(rps) Bei aktuellen Grabungen des Landesamts für Denkmalpflege
anlässlich eines privaten Bauvorhabens im südlichen
Stadtgebiet von Welzheim sind die Archäologen auf Überreste
der römerzeitlichen Kastellansiedlung aus dem 2. und 3.
Jahrhundert n. Chr. gestoßen. Zwei nebeneinander liegende
Brunnen bargen Teile einer sogenannten Paradeausrüstung,
die bei Turnieren römischer Reitersoldaten benutzt wurden
sowie Bronzegeschirr wie es ehemals die Tafel wohlhabender Römer
schmückte.
Prof. Dr. Claus Wolf, Abteilungspräsident des Landesamts
für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart,
dazu: „Sicherlich das bedeutendste Stück und in Baden-Württemberg
bislang ohne Parallele ist ein aus Bronzeblech getriebenes ca.
22 cm großes Medaillon, das einst die Brust eines Kavalleriepferdes
schmückte. Es zeigt die römische Göttin Minerva
in ihrer Rolle als Beschützerin in der Schlacht und Beherrscherin
der Kriegskunst.“
Aus dem Schlamm des benachbarten Brunnens stammt auch ein aufwendig
gearbeiteter über 35 cm hoher Eimer, der bei privaten Banketten
zum Mischen von Wein gedient haben dürfte. Unter den übrigen
Funden sind ein Bronzeteller sowie eine vollständig erhaltene
Beinschiene mit Knieschutzkappe hervorzuheben.
Bronzeeimer, Beinschiene und Minervaschild aus Welzheim
Bronzeschild mit Bild der Göttin Minerva von einem Pferdegeschirr.
Welzheim
Beide Bilder © RP Stuttgart
„Diese und weitere Funde“, so Dr. Andreas Thiel,
Oberkonservator und wissenschaftlicher Leiter der Ausgrabung, „sind
Dank ihrer Lagerung in dem ständig durchfeuchteten Milieu
des Brunnensediments so hervorragend konserviert, dass sie großteils
sogar noch ihre glänzenden Oberflächen bewahrt haben.“ Die
Auswertung habe laut Dr. Thiel jedoch gerade erst begonnen, so
dass über die Umstände wie die Stücke in den Brunnen
gelangten, vorläufig nur Vermutungen möglich sind.
Am ehesten dürften die Deponierungen jedoch im Zusammenhang
mit dem Ende des Limes und der römischen Limeskastelle von
Welzheim in der Mitte des 3. Jh. n. Chr. stehen.
Welzheims Bürgermeister Thomas Bernlöhr zeigte sich
hoch erfreut über den Sensationsfund: „Die römischen
Brunnen Welzheims sind wieder einmal für eine Sensation
gut und die Römerstadt Welzheim ist um einen weiteren archäologischen
Schatz reicher.“ Bürgermeister Bernlöhr bat zugleich
das Land nachdrücklich, diese aktuellen Funde leihweise
der Stadt Welzheim zu überlassen und nicht andernorts oder
in irgendwelchen Asservatenkammern aufzubewahren. „Die
Funde hätten zu keinem besseren Zeitpunkt geborgen werden
können, nachdem wir gerade jetzt dabei sind, die römische
Abteilung unseres Städtischen Museums neu zu konzipieren“,
so der Welzheimer Schultes. Welzheim ist die zentrale Vermittlungsstelle
für den Limes und das römische Erbe Baden-Württembergs
für die gesamte Region Stuttgart. In einem regionalen Infozentrum
zum UNESCO-Welterbe Limes sollen zukünftig auch das Gewicht
und die Rolle des römischen Welzheims dargestellt werden.
Die Stadt Welzheim plant, diese Maßnahme mit einem Volumen
von rund 250.000 Euro im Jahr 2012 umzusetzen und darin auch
die aktuellen Funde zu präsentieren.
Die anwesenden Vertreter des Landesamts für Denkmalpflege
und der Stadt dankten in diesem Zusammenhang auch den Grundstückseigentümern
für ihre Kooperationsbereitschaft bei den Grabungsarbeiten,
die in Bälde abgeschlossen sein sollen. |