10.1.11
Landschaft und Lebensräume erhalten
Regierungspräsidium Karlsruhe
zieht positive Bilanz für die Naturschutzgebiete in Baden-Baden
und im Landkreis Rastatt
Auch im Jahr 2010 führte das Regierungspräsidium Karlsruhe,
Referat für Naturschutz und Landschaftspflege, im Stadtkreis
Baden-Baden und im Landkreis Rastatt wieder zahlreiche Landschaftspflegemaßnahmen
in Zusammenarbeit mit ortsansässigen Landwirten und Pflegeunternehmern
durch. Die Arbeiten wurden durch das Forst- und Umweltamt der
Stadt Baden-Baden bzw. durch die Gemeinden des Landkreises unterstützt
und begleitet. Die Erhaltung der Artenvielfalt und Förderung
von Lebensräumen zahlreicher seltener Tier- und Pflanzenarten
war dabei das Ziel. „Wer sich für die Lebensräume
für den Moorfrosch, Goldenem Scheckenfalter und Bekassine
einsetzt, trägt auch zur Erhaltung des Landschaftsbildes
bei und erhält so ein Stück Heimat“, ist sich
der für den Stadtkreis Baden-Baden zuständige Referent
Reinhold Treiber sicher. Der Arbeitsbereich reicht in beiden
Bereichen von artenreichen Wiesen der Schwarzwald-Täler über
besonders nassen Sumpf- und Feuchtwiesen im Naturschutzgebiet
Bruchgraben bis hin zu Sandheiden und Dünen bei Sandweier.
Im Jahr der Artenvielfalt 2010 fanden in Baden-Baden insgesamt
zehn, im Landkreis Rastatt 35 Naturschutzprojekte statt. Dabei
wurden Wiesen wieder hergestellt, Gehölze an Amphibiengewässern
entfernt, verbuschte Röhrichte wieder geöffnet, Magerrasen
gemäht, Sandflächen mit Ziegen beweidet und Schilfried
gepflegt. Die Arbeiten erfolgen in enger Zusammenarbeit mit den örtlichen
Jagdpächtern, Flächeneigentümern und Forstbehörden.
Die Gesamtkosten aller Arbeiten belaufen sich auf rund 283.000
Euro, wobei die Hälfte durch die Europäische Union
kofinanziert wird.
Zu den größten Maßnahmen zählt die Wiederherstellung
offener Riedflächen und Gräben in den Naturschutzgebieten
Bruchgraben zwischen Sandweier und Kartung und Federbachbruch
bei Muggensturm. Hier wurden Gebüsche entfernt, um das große
Feuchtgebiet für Amphibien, Libellen und seltene Vögel
wie Bekassine, Rohrweihe und Schilfrohrsänger ebenso wie
für Rohrdommel, Graugans und Wasserralle wieder attraktiver
zu gestalten. Auch der landesweit vom Aussterben bedrohte Moorfrosch
profitiert von den Arbeiten, findet er doch nun wieder offene
Wasserflächen, die ehemals von Grauweiden überwuchert
waren. Die Stiftung Naturschutzfonds in Stuttgart unterstützt
diese Biotopaufwertung mit rund 30.000 Euro. „Alles anfallende
Astwerk wird als Holzhackschnitzel einer thermischen Verwertung
zugeführt und hilft, dass weniger fossile Brennstoffe benötigt
werden“, erläutert Treiber.
Im geplanten Naturschutzgebiet „Sandheiden und Dünen“ bei
Sandweier werden entsiegelte Flächen nun mit Ziegen beweidet
und Magerrasen gemäht. Es handelt sich um die größte
zusammenhängende Silbergras-Sandrasenfläche in der
gesamten Oberrheinebene Baden-Württembergs. Ein großes
Problem stellt hier die aus Nordamerika eingeschleppte Späte
Traubenkirsche dar. Als Neophyt hat sie keine natürlichen
Feinde und kann sich ungehindert ausbreiten. Sie ist nur schwer
durch Pflegemaßnahmen in den Griff zu bekommen.
Im Naturschutzgebiet „Seitel“ bei Elchesheim-Illingen
im Landkreis Rastatt wurden Feuchtwiesen mit Orchideen als Lebensraum
des seltenen Wiesenknopf-Ameisen-Bläulings wieder hergestellt,
im „Rastatter Bruch“ südlich Rastatt wurden
Gräben für die leuchtend blaue Helm-Azurjungfer von
Gehölzen befreit und zugänglich gemacht. Im Schutzgebiet „Stollhofener
Platte“ südlich des Baden-Airpark und am „Scheibenberg“ in
Gaggenau-Hörden waren Schafe und Ziegen als vierbeinige
Landschaftspfleger unterwegs. In Stollhofen wird so die größte
zusammenhängende Heidefläche in der gesamten Oberrheinebene
Baden-Württembergs erhalten. Der seltene Ginsterbläuling
wird so ebenfalls erhalten. Ein großes Problem stellt hier
die aus Nordamerika zu uns eingeschleppte Späte Traubenkirsche
dar. Als Neophyt hat die Art keine natürlichen Gegner und
kann sich ungehindert vermehren. Sie ist durch Pflegemaßnahmen
kaum in den Griff zu bekommen. Im Naturschutzgebiet „Lautenfelsen“ bei
Gernsbach im Schwarzwald ist ein ehemals stark zugewachsenes
Wiesental wieder offen und bietet einen freien Blick in die Landschaft.
In der „Rastatter Rheinaue“ wurden Kopfweiden gepflegt
und Wiesen neu angelegt. Strukturreiche Auenlandschaften wurden
so erhalten und vor der Verbuschung bewahrt.
Auch im Rahmen des Artenschutzprogramms (ASP) des Landes Baden-Württemberg
wird das Naturschutzreferat aktiv. Dabei handelt es sich um eine
Art „Feuerwehrprogramm“, mit dem das landesweite Überleben
der am stärksten bedrohten Arten gesichert werden soll.
Im Sauersboschtal bei Oberbeuern werden die Arbeiten schon seit
vielen Jahren durch das städtische Forstamt fachlich und
durch Abschlüsse von Pflegeverträgen aktiv unterstützt.
Orchideen und dicke Grashüpfer wie der so genannte Warzenbeißer
profitieren davon. Gleichzeitig werden besonders artenreiche
Wiesen erhalten, die zu den europaweit geschützten Lebensräumen
in FFH-Gebieten zählen. Bei Ötigheim zeigt die nun
mehrjährige Pflege von Feuchtwiesen durch lokale Fachleute
Wirkung: Der in Baden-Württemberg fast nur noch hier vorkommende
Langblättrige Ehrenpreis vermehrt sich und konnte so vor
dem Aussterben gerettet werden. Bei Rheinmünster wurden
die Biotope für eine seltene Libelle, die Südliche
Mosaikjungfer, erweitert, die in Baden-Württemberg vom Aussterben
bedroht ist.
Neben den vom Naturschutzreferat direkt durchgeführten
Landschaftspflegemaßnahmen unterstützt das Regierungspräsidium
auch Landschaftspflegearbeiten der Vereine und Gemeinden im Landkreis.
Die Gemeinden und die Vereine erhalten auf Antrag bis zu 70 Prozent
der Kosten für die Pflegemaßnahmen als Zuschuss erstattet.
Die Anträge können bei der Unteren Naturschutzbehörde
(UNB) des Landratsamtes Rastatt gestellt werden. Nachdem die
UNB die Förderfähigkeit in enger Abstimmung mit dem
Regierungspräsidium geprüft hat, werden die Pflegeprojekte
ausgewählt. So pflegt der Verein für Umwelt und Landschaftspflege
(VUL) in Ötigheim Wiesen im Naturschutzgebiet und die Fischergilde
Plittersdorf mäht in der Rastatter Rheinaue wertvolle Pfeifengraswiesen.
In vielen Gebieten wird durch Themenpfade und Infotafeln auf
die Besonderheiten der Natur aufmerksam gemacht. Das Regierungspräsidium
lädt hier zur Naturbeobachtung ein. Bei Sandweier können
Familien die Rätselstationen auf dem Pfad „Mit Ziege
Lisa zu den Sandrasen“ entdecken. Faltblätter informieren über
das Naturschutzgebiet Bruchgraben und die Sandheiden und Dünen
und sind über die Ortschaftsverwaltung und das Regierungspräsidium
erhältlich.
Für 2011 sind wieder viele Maßnahmen zur Förderung
der Naturvielfalt geplant. Die Beispiele zeigen, dass durch die
Zusammenarbeit vieler Akteure wertvolle Flächen für
die Natur erhalten und entwickelt werden können.
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