31.12.11
Nachlese:
Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege
in Baden-Württemberg
Denkmaleigentümer und Handwerker im Haus der Wirtschaft
in Stuttgart geehrt (dsd) Mit dem "Bundespreis
für Handwerk in der Denkmalpflege" wurden am Dienstag,
den 8. November 2011 fünf Denkmaleigentümer und 20
Handwerker unterschiedlicher Gewerke aus Baden-Württemberg
ausgezeichnet. Der von der Stiftung gemeinsam mit
dem Zentralverband gestiftete Preis wird jährlich in zwei
Bundesländern an private Eigentümer verliehen, die
bei der Bewahrung ihres Denkmals in Zusammenarbeit mit dem örtlichen
Handwerk Herausragendes geleistet haben. Die an den Restaurierungsmaßnahmen
beteiligten Handwerksbetriebe werden mit Ehrenurkunden ausgezeichnet,
für die privaten Denkmaleigentümer ist der Bundespreis
für Handwerk in der Denkmalpflege pro Bundesland mit jeweils
15.000 Euro dotiert. Im Jahr 2011 wurde der Preis in den Bundesländern
Baden-Württemberg und Bremen ausgeschrieben, 2012 stehen
Niedersachsen und das Saarland an.
Die aus Vertretern des Landesamtes für Denkmalpflege,
des Staatsministeriums, der Architektenkammer Baden-Württemberg
und der Handwerkskammern in Stuttgart, Freiburg, Heilbronn,
Karlsruhe, Konstanz, Mannheim, Reutlingen und Ulm, des Handwerkskammertags
sowie des Wirtschaftsministeriums als Oberster Denkmalschutzbehörde,
des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks und der Deutschen
Stiftung Denkmalschutz bestehende Jury betonte die allgemeine
Qualität der eingereichten Projekte sowie der beteiligten
Handwerker und Architekten.
Die Preisträger:
Nach langer Vernachlässigung und Leerstand übernahm
Dieter Schmeh 2005 das Stadthaus am Münsterplatz 3 in Überlingen,
um es als Wohn- und Geschäftshaus wiederherzustellen.
Mit Hilfe qualifizierter und engagierter Handwerksbetriebe
und der für ein Denkmal, das im Kern bis ins 14. Jahrhundert
zurückgeht, notwendigen Behutsamkeit wurde die Statik
geschickt ertüchtigt und eine Vielzahl historischer Details
herausgearbeitet und wieder sichtbar gemacht. Die Bereitschaft,
die oft lange verborgenen Spuren der Baugeschichte in die aktuelle
Nutzung einzubeziehen und in hoher Qualität wieder erlebbar
zu machen, ist in diesem für die Stadt und die Region
typischen Denkmal vorbildlich umgesetzt worden. Dafür
wird Dieter Schmeh mit einem ersten Preis in Höhe von
5.000 Euro ausgezeichnet.
Von der ursprünglichen Dreiflügelanlage an der Seestraße
in Langenargen ist das barocke Hauptgebäude von 1730,
heute ein Wohn- und Geschäftshaus mit der Hausnummer 23
erhalten. Bei der gründlichen Sanierung des Denkmals 2005
legte der neue Eigentümer Josef Müller großen
Wert auf Qualität, Material- und Denkmalgerechtigkeit.
In guter und vertrauensvoller Zusammenarbeit von Eigentümer,
Architekt und qualifiziertem Handwerk wurde das Denkmal unter
Beibehaltung der historischen Gebäudestruktur mit großer
Sensibilität zu einem modern nutzbaren Geschäftshaus.
Die Verlagerung der kompletten Haustechnik in ein Nebengebäude
erlaubte die Umnutzung bei minimalen Eingriffen in die Substanz.
Die hohe handwerkliche Qualität ist vorbildlich für
die gelungene Rettung des Barockbaus, für die der Eigentümer
mit einem ersten Preis in Höhe von 5.000 Euro ausgezeichnet
wird.
Barockes Wohnhaus in Langenargen © ML Preiss
Nahezu unverändert war das 1921 entstandene Getreidesilo
in Geislingen an der Steige bis 1989 in Nutzung. Nach 20 Jahren
Leerstand und unterschiedlichsten Planungen bis hin zum Abriss
konnte die Genossenschaft als neuer Eigentümer das Industriedenkmal
2009 als Büroturm mit ergänzendem Erschließungsbau
in Nutzung nehmen. In hoher handwerklicher Qualität und
mit innovativen Lösungen wurde das schwer umnutzbare Denkmal
unter größtmöglicher Erhaltung der Originalsubstanz
sowie der städtebaulichen Wirkung saniert und mit moderner
Technik als Niedrigenergiehaus instand gesetzt. Für die
mutige Rettung dieses ungewöhnlichen Baudenkmals werden
die Eigentümer mit einem dritten Preis in Höhe von
2.500 Euro ausgezeichnet.
Büro im ehemaligen Getreiseilo in Geislingen © ML Preis
Der nach seinem letzten Besitzer benannte Morlokhof
in Baiersbronn-Mitteltal entstand mit zahlreichen Nebengebäuden um 1789 und zählt
zu den ältesten Bauernhöfen im Nordschwarzwald. Hermann
Bareiss ließ ihn nach dem Kauf 2004 nach umfangreichen
Voruntersuchungen schrittweise zu einem außergewöhnlichen
Ort der ländlichen Kultur und der Gastronomie umbauen.
In der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der engagierten
Architektin und mit in der Denkmalpflege erfahrenen und kompetenten
Handwerkern wurde das für die Region bedeutende Denkmalensemble
in vorbildlicher Weise wiederhergestellt und erlebbar gemacht.
Der ungewöhnliche Erhaltungszustand von Oberflächen
und Details wurde sensibel und qualitätvoll bewahrt und
ist nun einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich.
Für diese außergewöhnliche Vorgehensweise wird
der Eigentümer mit einem dritten Preis in Höhe von
2.500 Euro ausgezeichnet.
Das auf einer Bergkuppe mit spektakulärem Blick auf Tübingen gelegene Ensemble „Ob dem Himmelreich“ umfasst
einen Gutshof, die Villa „Sonnhalde“ und die von
dem Maler Georg Friedrich Zundel 1921 errichtete Villa „Zundel“ mit
Ateliergebäude. Für die kontinuierliche und unprätentiöse
Pflege dieses für die Geschichte Württembergs bedeutenden
Anwesens wird die Familie Zundel mit einem Sonderpreis ausgezeichnet.
Die aus der kulturellen Verantwortung der Eigentümerfamilie
rührende selbstverständliche Art der dauerhaften
Pflege und qualitätvollen Reparatur, in der vertrauensvollen
Zusammenarbeit mit einem im Denkmalschutz erfahrenen Architekten,
führt zu eindrucksvollen Ergebnissen. Die Jury wünscht
mehr Denkmalen solche Eigentümer und solch beispielhaftes
Vorgehen.
Arkaden am Ateliergebäude "Ob dem Himmelreich" in Tübingen
© DSD
Die
vollständige Liste der Eigentümer und Handwerker bei
der Dt. Stiftung Denkmalschutz |