11.7.11
Spektakuläre Neuerwerbung für die Stadtresidenz
Landshut: Ein Meisterwerk der Renaissance kehrt zurück
Älteste bekannte Ansicht der Altstadt
Eine spektakuläre Neuerwerbung für die Stadtresidenz
Landshut ist der Bayerischen Schlösserverwaltung gelungen:
Das "Monatsbild mit Ritterturnier in der Landshuter Altstadt" von
Hans Wertinger. Bei dem Renaissance-Gemälde handelt es sich
wohl um die früheste bisher bekannte Stadtansicht Landshuts
und die einzige Darstellung eines Ritterturniers in der altbayerischen
Residenzstadt. Der Erwerb des kostbaren Tafelbildes glückte
der Bayerischen Schlösserverwaltung dank der Unterstützung
dreier namhafter Sponsoren: der Kulturstiftung der Länder,
der Ernst von Siemens Kunststiftung und des Bayerischen Sparkassenverbandes.
Das Bild hat eine bewegte Geschichte hinter sich: Über Wien
gelangte es an den spanischen Königshof und schließlich
in eine Privatsammlung nach Schottland. Durch den Ankauf ist
jetzt zum ersten Mal ein Gemälde Wertingers wieder am authentischen
Ursprungsort zu sehen.

Bild: Gemälde "Monatsbild mit Ritterturnier in
der Landshuter Altstadt". © BSV [Bild
im Großformat]
Das "Monatsbild mit Ritterturnier in der Landshuter Altstadt" schuf
der Landshuter Maler Hans Wertinger (um 1465/70–1533) zwischen
1516 und 1525 für den in Landshut residierenden Herzog Ludwig
X. von Bayern (reg. 1514–1545). Als die wohl früheste
bisher bekannte Stadtansicht Landshuts und die einzige Darstellung
eines Ritterturniers in der altbayerischen Residenzstadt ist
das Bild singulär. Nach behutsamer Restaurierung ist es
ab sofort in der Stadtresidenz Landshut dauerhaft ausgestellt.
Singuläre Darstellung: Ritterturnier in der Landshuter
Altstadt
Das kleinformatige, malerisch höchst reizvolle Gemälde
stellt ein höfisches Ritterturnier in spätmittelalterlicher
Stadtkulisse dar. Trotz der für Hans Wertinger typischen
Vermischung von realen und komponierten Elementen erkennt man
sofort den charakteristischen langgestreckten Straßenzug
der Landshuter Altstadt, gesäumt von den typischen Giebelhäusern
mit Lauben und hölzernen Vordächern wie sie das Stadtmodell
Landshuts von Jakob Sandtner aus dem Jahr 1571 überliefert.
Am Ende des Straßenzugs erscheinen die markanten Bauten
der Heiliggeistkirche und des einstigen Spitaltors. Links hat
der Maler in künstlerischer Freiheit Sankt Martin als Wahrzeichen
Landshuts hinzukomponiert. Das Stechen der Turnierreiter beobachtet
im Vordergrund eine fürstlich gekleidete Person mit Pelzkragen
und Barett, in der unschwer der Auftraggeber, Herzog Ludwig X.,
zu erkennen ist. In der Verbindung von höfischer Aktivität
mit städtischer Topographie ist das Gemälde einzigartig.
In der liebevollen Schilderung zahlloser Details und der malerischen
Qualität hat es allerersten Rang.
Kulturhistorische Bedeutung: Ein herzoglicher Auftrag für
Landshut
Das Landshuter Turnierbild gehört zu einer Serie gleichformatiger
Bilder von Hans Wertinger mit Darstellungen der Monate, die zerstreut
in Museumsbesitz sowie in spanischem und deutschem Privatbesitz
erhalten ist. Die Turnierdarstellung steht traditionell für
den Monat Februar. Ein Schlitten und der nach der Restaurierung
wieder sichtbar gewordene Schnee auf der Straße deuten
auf dem Bild die winterliche Jahreszeit an. Manches weist daraufhin,
dass der Monatszyklus einmal als Wanddekoration in die Vertäfelung
eines Raums eingelassen war – möglicherweise in einem
Kabinett auf der Burg Trausnitz, Ludwigs Herrschaftssitz in Landshut.
Da bisher ein Beleg für die Auftraggeberschaft des bayerischen
Herzogs fehlte, kommt diesem Bild eine Schlüsselstellung
zu: Erstmals stellt es mit einem Motiv in Ludwigs Residenzstadt
einen unmittelbar anschaulichen Bezug zum Auftraggeber her.
Erstklassige Provenienz
Seit Generationen befand sich das bis 2009 unbekannte Bild in
Familienbesitz in einer der bedeutendsten Privatsammlungen Alter
Meister Schottlands, die im 19. Jahrhundert durch den britischen
Kunsthistoriker Sir William Stirling-Maxwell (1818–1878)
begründet wurde. Stirling-Maxwell hatte ein besonderes Interesse
an spanischer Malerei und auf einer seiner Spanienreisen hat
er vermutlich auch dieses Meisterwerk der süddeutschen Renaissancemalerei
erstanden. Auf die Herkunft aus dem spanischen Königshaus
verweist der geschnitzte Barockrahmen des Bildes, den das spanische
Königswappen der Bourbonen aus der ersten Hälfte des
18. Jahrhunderts bekrönt. Durch die vielfältigen dynastischen
Beziehungen zwischen den bayerischen Wittelsbachern, dem Haus
Habsburg und dem spanischen Königshaus ist das Bild wahrscheinlich
schon relativ früh aus Landshut vermutlich zunächst
durch eine eheliche Verbindung an den Kaiserhof in Wien und von
dort dann nach Spanien gelangt. Eine Option wäre beispielsweise
die Vermählung der Maria Anna von Bayern (1574–1616),
Tochter Herzog Wilhelms V., mit Kaiser Ferdinand II. Ihre Enkelin
Maria Anna wurde die Gemahlin von König Philipp IV. von
Spanien.
Ein Werk nationalen Kulturguts kehrt nach Bayern zurück
Mit dem Erwerb des zauberhaften Gemäldes kehrt ein historisch
und künstlerisch bedeutendes Werk aus dem weltweit zerstreuten
Kunstbesitz Herzog Ludwigs X. wieder an seinen Ursprungsort zurück.
Zuletzt war ein solcher Rückkauf 1987 mit dem Erwerb des
Gemäldes "Die Mäßigung" von Herman
Posthumus gelungen. In der Stadtresidenz, dem spektakulären
Stadtpalast Herzog Ludwigs X. und frühestem Beispiel vollendeter
italienischer Renaissancearchitektur nördlich der Alpen,
wird es nun in unmittelbarer Nähe zum Schauplatz des Geschehens
ausgestellt und vom Rang des bayerischen Herzogs als bedeutendem
Kunstmäzen und Auftraggeber zeugen. Erstmals ist damit wieder
ein Werk seines Landshuter Hofmalers Hans Wertinger, einem bedeutenden
Meister der süddeutschen Renaissancemalerei und Porträtisten
der Wittelsbacher Herzöge, am authentischen Ort zu sehen.
Zu besichtigen ist das Gemälde in der Stadtresidenz Landshut
im Rahmen der Residenzführung von April bis September von
9 bis 18 Uhr und von Oktober bis März von 10 bis 16 Uhr.
Jeden 3. Samstag im Monat (das nächste Mal am 16. Juli)
bietet sich die Möglichkeit der individuellen Besichtigung
ohne Führung. Ausführlichere Führungen gibt es
Dienstag, Donnerstag und Sonntag, um 14 Uhr.
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