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19.12.11

Historischer Moment an der Murg: Nach 86 Jahren wurde wieder ein Atlantischer Lachs gefangen

Lachse laichen in der Murg
Regierungspräsidium Karlsruhe sieht große Fortschritte beim Wanderfischprogramm

(rpk) Da staunten die Vertreter des Landesfischereiverbandes Baden-Württemberg und der Umweltgruppe Mäander nicht schlecht, als sie Anfang Dezember bei Rotenfels eine große helle Stelle auf dem Gewässergrund der Murg entdeckten. Die Fischereibehörde des Regierungspräsidiums Karlsruhe wurde zur Hilfe gerufen und diese konnte, wie bereits eine Woche zuvor in der Alb mitten in Karlsruhe, den Verdacht bestätigen: Aus der über drei Quadratmeter großen Kiesaufhäufung bargen die Fischereibiologen vorsichtig einige, rund acht Millimeter große Lachseier. Die orangegefärbten Eier belegen, dass Atlantische Lachse sich dieses Kiesbett in der Murg eingerichtet und darin abgelaicht haben. Mit diesem Laichplatz wird die zunehmend besser werdende Qualität der Murg als Gewässerlebensraum und der gute Fortschritt beim Lachsprogramm bestätigt.

Der Lebenszyklus des Lachses, der zwischen dem Atlantik und den Süßwasserflüssen, wie etwa der Murg verläuft, ist mit dem Ablaichen geschlossen. Nach der genauen Untersuchung und Vermessung des Kieslaichplatzes wollte die Fischereibehörde prüfen, ob sich möglicherweise noch Lachse in der Nähe aufhalten. Mit Hilfe der Elektrofischerei, einer schonenden Methode, welche Fische an ein Fangnetz „anzieht“, wurde dann tatsächlich auch ein Atlantischer Lachs gefangen. Die Freude beim Wanderfischbeauftragten der Murg, Rainer Leutsch, war groß: „Unsere Arbeit zeigt jetzt die wohlverdienten Früchte und nun steht fest, dass der Atlantische Lachs in der Murg wieder eine Heimat gefunden hat“. Auch Udo Schmalbach und Gerd Brückel von Mäander e.V. waren sichtlich ergriffen. Seit vielen Jahren arbeiten Sie ehrenamtlich mit viel Engagement an der ökologischen Verbesserung der Murg zwischen Rastatt und Baiersbronn. „Eine mühsame Arbeit, denn es gibt an der Murg viele Baustellen und trotz der großen Sympathien für den Lachs noch zu wenig Unterstützung“, meint Udo Schmalbach. Aber die Anstrengungen sind heute erst einmal vergessen. Der exakt 81 Zentimeter lange Lachs schwimmt ruhig in der Wanne und kann bestaunt werden. Es ist ein prächtig gefärbtes Männchen mit dem typischen Laichhaken, welchen die männlichen Tiere während der Laichzeit am Unterkiefer ausbilden. Der Fisch ist makellos, vielleicht etwas mager, meinen die Beteiligten. Doch für den Fischereireferenten des Regierungspräsidiums, der den Lachs gefangen hat, ist dies nicht ungewöhnlich. „Immerhin hat der Fisch eine stramme Strecke vom Nordatlantik hinter sich“, meint Frank Hartmann. „Es ist immer wieder ein Wunder, wenn ein Lachs nach Hause kommt.“ Vor einigen Jahren hat der Lachs genau von hier aus, als kleines Fischlein, seine große und gefährliche Reise in Richtung Nordatlantik angetreten. Im Winter kehrt er zurück, um für Nachwuchs zu sorgen. Das Weibchen, welches die Eier abgelegt hat, hält sich wohl an anderer Stelle in der Murg auf. Es bleibt den Fängern verborgen. Da die Wasserführung in der Murg wieder zugelegt hat, rechnen die Fischereiexperten mit weiteren Rückkehrern. Abschließend wird der gefangene Lachs wieder behutsam in die Murg zurückgesetzt und schwimmt mit gewohnt kräftigen Zügen davon.

Nach Ende der Lachsfischerei vor fast 90 Jahren an der Murg ist der aktuelle Fang eines Atlantischen Lachses ein bedeutender historischer Moment für die Murg. Vor 100 Jahren zogen noch hunderte Lachse die Murg hinauf, teilweise bis nach Baiersbronn, um zu laichen. Viele tausend Kilometer sind es, welche die Lachse zurücklegen, um in die heimischen Laichgewässer des Schwarzwaldes zu gelangen. Die Murg wird durch viele kleine Schritte zunehmend zu dem bedeutenden badischen Lachsfluss, der er einst mal war. Nach vorliegenden historischen Aufzeichnungen wurde im Jahr 1925 der letzte Lachs in der Murg gefangen. Damals begann die Industrialisierung im Murgtal und für den Lachs war – wie in allen anderen Rheinzuflüssen – kein Platz mehr. Gewässerverschmutzung, technischer Ausbau und Wanderbarrieren waren schließlich die Gründe für das Aussterben des Atlantischen Lachses am Rhein und seinen Nebenflüssen. Jetzt ist er wieder zurück und es sollen noch viel mehr werden. Nach den Plänen der Europäischen Wasserrahmenrichtline wird die Murg nach fast einem Jahrhundert wieder ein für Lachse von der Rheinmündung bis nach Baiersbronn durchgängiger und lebendiger Fluss werden. Entlang der gesamten Murg laufen derzeit nach Vorgabe eines abgestimmten Gesamtkonzepts die Planungen und Arbeiten, welche dazu führen werden, die ökologische Qualität und die Wassergüte der Murg in einen guten Zustand zu bringen. Dabei geht es nicht nur um die Überwindung der Wasserkraftanlagen flussaufwärts zu den Laichplätzen, sondern auch um einen Schutz für die abwärtsstrebenden Fische vor dem Eindringen in die schnell drehenden Turbinen der Wasserkraftanlagen. Hierfür gibt es bereits einen Stand der Technik, der es den jungen Lachsen und anderen Fischen ermöglicht, unversehrt murgabwärts in Richtung Rhein zu wandern. Alleine in den vergangenen vier Wochen wurden an der Murg im Landkreis Rastatt drei solcher Schutzanlagen in Betrieb genommen. „Alleine mit der Durchgängigkeit ist es allerdings nicht getan“, bekräftigt Hartmann. „Die Wanderung der Wanderfische hat schließlich auch ein Ziel, nämlich vorwiegend die Murg zwischen Weisenbach und Schönmünz, welche in historischen Zeiten verstärkt von Lachsen als Laichplätze und Jungfischlebensräume genutzt wurden“. Diese Murgabschnitte sind derzeit noch nicht erschlossen und müssen zudem erst durch die Abgabe von Mindestabflüssen der Wasserkraftanlagen revitalisiert werden. Nahezu 14 Kilometer der Murg zwischen Weisenbach und Schönmünz sind noch überhaupt nicht mit Wasser versorgt, das heißt sämtliches Wasser wird in die Kanäle und Stollen der Wasserkraftanlagen abgeleitet. Aus diesem Grund läuft das Wanderfischprogramm an der Murg aktuell auf Sparflamme. Nur maximal etwa fünf Prozent des Lebensraumpotenzials der Murg können aktuell von Lachsen genutzt werden. Dies ist noch zu wenig, um einen Lachsaufstieg in ausreichendem Umfang zu erwarten und umso erfreulicher ist dieser erste Fang. Um den Lachs in den wenigen Zuflüssen des Rheins erfolgreich zu etablieren bedarf es der Ausnutzung sämtlicher Potenziale. „An der Kinzig und in Frankreich ist man da schon viel weiter“, bestätigt der Wanderfischbeauftragte Leutsch. Das muss kein Nachteil sein, da die Akteure an der Murg von den Erfahrungen aus anderen Landesteilen profitieren. Derzeit werden überall am Oberrhein Laichplätze und rückkehrende Lachse gemeldet. Sowohl auf der rechten Rheinseite in der Kinzig und der Alb als auch linksrheinisch, in der elsässischen Ill, Bruche und Fecht. Das Wanderfischprogramm am Oberrhein wird unter der Koordination der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) international mit den französischen und schweizer Partnern abgestimmt. Unter dem Schirm „Lachs 2020“ wurden in den vergangenen Rheinministerkonferenzen wiederholt die Bestrebungen zur Wiedereinbürgerung der Wanderfische bekräftigt.

In Baden-Württemberg wird die Wiederansiedlung des Lachses an nur sechs Rheinzuflüssen angestrebt. Historisch waren es bedeutend mehr Rheinzuflüsse sowie Gewässer im Neckarsystem, die von Lachsen aufgesucht wurden. Neben der Murg zählen heute die Alb, die Kinzig und die Rench zu den ausgewählten und der Kommission gemeldeten Programmgewässern mit ausreichend Potenzial für den Atlantischen Lachs. Wegen der erhöhten ökologischen Anforderungen an ein Lachsgewässer werden die Verbesserungen an der Murg nicht nur den Lachsen zu Gute kommen. Die für den Fischartenschutz verantwortliche Fischereibehörde des Regierungspräsidiums benennt über 30 Fischarten in der Murg sowie darüber hinaus alle anderen Lebensgemeinschaften in und an der Murg, die von den Maßnahmen profitieren werden. Bereits heute sind die positiven Veränderungen an der Murg für die Bewohner im Murgtal sichtbar, wenn Gewässerabschnitte nicht mehr trocken fallen und das Gewässer abschnittsweise naturnäher gestaltet und zugänglich ist.

 

 

 

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