5.2.10
Die Badische Landesbibliothek im Zweiten
Weltkrieg.
Auslagerungen und Verluste
Spuren. Zur Geschichte der Badischen Landesbibliothek. 1
Vortrag von Nicola Schneider, Zürich
Dienstag, 9. Februar 2010, 19.30 Uhr
Vortragssaal der Badischen
Landesbibliothek
Die Badische Landesbibliothek
in Karlsruhe hat in den letzten Jahren dank ihrer Neuerwerbungen
wertvollster Text- und Musikhandschriften sowie durch die öffentliche
Diskussion über das Schicksal der Bestände aus ehemaligem
Hofbesitz internationales Aufsehen erregt. Zuletzt erfuhr die
historische Quellensammlung der Bibliothek mit der Aufnahme der
Nibelungenlied-Handschrift C in das UNESCO-Weltdokumentenerbe
eine ganz besondere Auszeichnung.
Doch sollte nicht vergessen werden, dass der ursprüngliche,
historisch gewachsene Buchbestand der Badischen Landesbibliothek
während der britischen Luftangriffe auf Karlsruhe am 3.
September 1942 zum größten Teil verbrannt ist. Karlsruher
Bürger berichten, dass sich in der Brandnacht Reste versengter
Blätter von Büchern der Landesbibliothek über
die ganze Stadt verteilten.
Durch den Brand oder in seiner Folge gingen auch unersetzliche
Handschriften, insbesondere Musikalien, verloren. Nach der Zerstörung
der Universitätsbibliothek Kiel und der Landesbibliothek
Kassel war die Badische Landesbibliothek die erste deutsche Großbibliothek,
die nicht nur neuere Druckwerke, sondern auch seltene Kostbarkeiten
verlor.
Aussagen über die Verluste und deren Ursachen ermöglichen
drei Hauptquellen. Der Alphabetische Zettelkatalog, der die Bibliotheksbestände
bis zum Sommer 1942 verzeichnet und durch den Krieg gerettet
werden konnte, dokumentiert, was vernichtet wurde. Die Geschäftsakten,
die sofort nach der Bombardierung neu angelegt wurden, sind fast
vollständig im Badischen General- Landesarchiv vorhanden.
Dort befinden sich auch die Auslagerungslisten, die exakte Nachweise über
die bereits ausgelagerten und damit erhaltenen Bestandsgruppen
bieten. Sie machen deutlich, welche Objekte den damals Verantwortlichen
als vordringlich schutzwürdig erschienen.
Nicola Schneider, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Musikwissenschaftlichen
Institut der Universität Zürich, forscht über
die Kriegsverluste der Musiksammlungen deutscher Bibliotheken
zwischen 1942 und 1945. Er nähert sich der Zerstörung
und den Verlusten der Badischen Landesbibliothek nicht aus rein
lokalhistorischer Perspektive. Er stellt das schmerzvollste Kapitel
in der Geschichte der Bibliothek in einen Zusammenhang mit den
anderen im Zweiten Weltkrieg zerstörten deutschen Bibliotheken
und bezieht den administrativen Hintergrund auf Reichsebene mit
ein, um historisch adäquate Erklärungen für die
Karlsruher Katastrophe zu finden.
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