13.5.08
Kloster Wiblingen und ein 200 -jähriges Jubiläum
(ssm) Das einstige Benediktinerkloster vor den Toren der alten
Reichsstadt Ulm feiert in diesem Jahr ein ganz besonderes Jubiläum.
Vor genau 200 Jahren wurde es vom Kloster zum Schloss: Im Mai
1808 zog der jüngste Bruder des württembergischen Königs, Herzog
Heinrich von Württemberg, in das einstige Kloster. Und der Bevölkerung
war es ab da unter Strafe verboten, das Schloss weiterhin Kloster
zu nennen!
Herzog Heinrich Friedrich Karl von Württemberg, 1772 in Mömpelgard
geboren, war der jüngste Bruder des württembergischen Königs Friedrich.
Nach einer militärischen Karriere in Preußen heiratete Heinrich
überhaupt nicht standesgemäß: eine Schauspielerin und Sängerin,
Caroline Christine Alexei. Er musste darauf hin den preußischen
Militärdienst verlassen, lebte zuerst in Berlin, dann in Treptow.
Als 1807 sein Bruder zum König von Württemberg ernannt wurde,
musste Herzog Heinrich für sich und seine Kinder auf die Thronfolge
verzichten. Weil er einen allzu aufwendigen Lebensstil pflegte,
geriet er in Abhängigkeit von seinem eher strengen Bruder; der
beorderte ihn schließlich zu sich ins Land, machte ihn zum Chef
eines Reiterregiments und wies ihm im Mai 1808 das aufgelöste
Kloster Wiblingen als Wohnsitz an, für sich und seine Familie,
aber auch als Kaserne für die Soldaten. Aufgabe war es, von hier
aus den neuwürttembergischen Landsteil zu sichern.
Vor seinem Umzug in das einstige Kloster waren über 100 Handwerker
damit beschäftigt, den Benediktinerkonvent Wiblingen in eine angemessene
Residenz für den kleinen Bruder des Württembergischen Königs zu
verwandeln. Im ersten Obergeschoss erhielt die herzogliche Familie
ihre Zimmer; im Erdgeschoss wohnten die Soldaten. Die Mönche des
in der Säkularisation aufgelösten Klosters, die noch bis 1807
hier lebten, mussten die Gebäude nun verlassen. Nur einem Mönch,
Pater Petrus Willer, war es gestattet bis zu seinem Tod 1814 im
Schloss zu bleiben. Er bezog eine Wohnung in der "untersten Etage,
nächst der Stiege". Im zweiten Obergeschoss wurde eine Wohnung
für den Dekan der Basilika eingerichtet. Nach dem Umbau war es
der Bevölkerung unter Strafe verboten, das Schloss weiterhin Kloster
zu nennen.
Herzog Heinrich war ein leidenschaftlicher Jäger und Forscher.
Bereits in Treptow besaß er eine umfangreiche Gewehrsammlung,
die er mit nach Wiblingen brachte. Die 223 Gewehre, darunter als
Kuriosität ein Gewehr mit eingebautem Musikwerk, wurden in einem
großem Raum im ersten Obergeschoss untergebracht. Daneben besaß
Herzog Heinrich auch 1.200 Rehgeweihe, Jagd- und Forstkalender
sowie Kupferstiche mit Darstellungen von jagdbaren Tieren, gestochen
von dem berühmten Johann Elias Ridinger. Jedem Jagdliebhaber war
diese Sammlung zugänglich, der sich über Techniken und Methoden
der Jagd informieren wollte. Herzog Heinrich veröffentlichte auch
verschiedene Artikel in Forst- und Jagdzeitschriften und entwickelte
sogar eine verbesserte Gewehrtechnik.
Das Verhältnis zu seinem königlichen Bruder verschlechterte sich
zunehmend. Der König verbot die Freimaurerloge, in der Heinrich
Mitglied war, und im Gegenzug kritisierte der Herzog Heinrich
öffentlich die Politik des Landesherrn. Er wurde daraufhin vom
Hof und der Gegenwart seiner Majestät ausgeschlossen. Im Laufe
der Jahre beschwerte sich der Herzog immer mehr über den Zustand
der Möbel in Wiblingen und äußerte den Wunsch das Schloss verlassen
zu dürfen. 1822 zog er mit seiner Familie in die Ulmer Innenstadt:
in das Haus Grüner Hof 9 gegenüber der Dreifaltigkeitskirche.
Hier lebte er bis zu seinem Tod 1838. Er wurde unter großer Anteilnahme
der Ulmer Bevölkerung in der Stuttgarter Stiftskirche beigesetzt.
Die Staatlichen Schlösser und Gärten bereiten derzeit eine kleine
Ausstellung vor, die anlässlich des 200-jährigen Jubiläums in
den Museumsräumen von Kloster Wiblingen zu sehen sein wird. Sie
wird das Leben des ungewöhnlichen Herzogs Heinrich präsentieren.
Die Eröffnung ist für Ende Juli 2008 vorgesehen.
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