22.12.08
Warum die Christen Weihnachten feiern - neue
Erkenntnisse zu einem alten Thema
Das Weihnachtfest entstand erst mehr als 300 Jahre nach der
Geburt Jesu - warum, ist bis heute nicht endgültig geklärt.
Ein Theologe der Universität Bonn hat nun neue Erkenntnisse
zu dieser alten Frage vorgelegt.
Im frühen Christentum war es nicht üblich, dass man
Geburtstage feierte, galten sie doch als Beginn des sündigen
Erdenlebens. Und selbst wenn man die Geburt Jesu hätte feiern
wollen: Wann hätte man das tun sollen? "Wir wissen
bis heute nicht genau, wann Jesus zur Welt kam", erklärt
Professor Dr. Wolfram Kinzig. Sogar zum Geburtsjahr gebe es widersprüchliche
Informationen, sagt der Bonner Kirchenhistoriker: "Laut
Lukasevangelium ist Jesus zur Zeit Herodes' des Großen
geboren. Damals sei Quirinius Statthalter in Syrien gewesen.
Herodes starb aber nachweislich im Jahr 4 vor Christus, und Quirinius
trat sein Amt erst 6 nach Christus an. Es klafft also eine Lücke
von zehn Jahren!"
Ohnehin kennen andere Großreligionen kein ähnliches
Fest: Das Judentum begeht weder die Geburt Moses noch den Tag,
als Abraham das Licht der Welt erblickte. Viele Muslime feiern
zwar die Geburt des Propheten, doch ist dieser Brauch hoch umstritten.
Und auch die Christen begannen erstaunlicherweise erst um die
Mitte des vierten Jahrhunderts, der Menschwerdung Gottes mit
einem Fest zu gedenken - wieso? "Zum Einen standen dahinter
sicher politische Gründe", erläutert Kinzig. "Das
Weihnachtsfest dürfte in Rom während der Herrschaft
Konstantins des Großen entstanden sein. Von dort 'exportierte'
man es später in alle Welt, um den Einfluss des römischen
Bischofs auszudehnen." Andererseits sei Weihnachten aber
auch Teil des Versuchs, den Inhalt des Glaubensbekenntnisses
im Kirchenjahr durch wichtige Feste abzubilden. Nicht von ungefähr
hätten sich Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten in ihrer heutigen
Form etwa parallel zum Weihnachtsfest entwickelt.
Und warum wird Weihnachten gerade am 25.12. gefeiert? Das dürfte
unter anderem mit dem Sonnenkult zusammen hängen, der im
Römischen Reich im dritten Jahrhundert nach Christus zum
Staatskult aufstieg. Damals begann man auch, die Wintersonnenwende
in Rom mit einem großen Fest zu feiern - und zwar am 25.12
(heute fällt die Wintersonnenwende übrigens auf den
21. oder 22.12.; die Datumsverschiebung ist auf Kalenderungenauigkeiten
zurück zu führen). Schon vor gut 100 Jahren hatte der
Bonner Philologe Hermann Usener daher die These aufgestellt,
die Kirche habe das Weihnachtsfest bewusst auf diesen Termin
gelegt, um das heidnische Fest zu verdrängen.
"Ob es wirklich so war, ist bis heute umstritten",
erklärt Professor Kinzig. "Klar ist aber, dass sich
seit dem vierten Jahrhundert die Sonnensymbolik auch in christlichen
Quellen wiederfindet: Die Kirchenväter verglichen die Geburt
Jesu in ihren Weihnachtspredigten beispielsweise mit der Geburt
der neuen, wieder zunehmenden Sonne. Ein Zusammenhang mit den
heidnischen Feiern zur Wintersonnenwende scheint also zumindest
sehr plausibel."
Frank Luerweg,
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn |