18.11.08
Archäologische Denkmalpfleger des Regierungspräsidiums
sicherten wichtigen Mosaikstein zur Stuttgarter Frühgeschichte
nördlich des „Römerkastells“
Vergangene Woche präsentierten
Archäologische Denkmalpfleger des Regierungspräsidiums
Stuttgart und der Unteren Denkmalschutzbehörde wichtige
Ergebnisse aus laufenden archäologischen Untersuchungen
in Stuttgart. Beim Bau einer Tiefgarage im Sanierungsgebiet Hallschlag
fanden sich mehrere Meter unter dem Straßenniveau Überreste
einer vor den Toren des ehemaligen Reiterkastells gelegenen römischen
Zivilsiedlung aus dem 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. Dank des
Entgegenkommens des Bauträgers und der guten Zusammenarbeit
mit der Bauleitung bzw. den ausführenden Baufirmen können
die Archäologen seit Ende Oktober Mauerzüge, Brunnen
und Zisternen einer der bedeutendsten, aber gleichzeitig auch
am wenigsten bekannten Ansiedlungen der Römerzeit im Land
dokumentieren.
Im Sanierungsgebiet auf dem Hallschlag in Stuttgart - Bad Cannstatt
laufen gegenwärtig Baumaßnahmen zur Errichtung eines
Wohngebäudes mit Tiefgarage an der Ecke Essener Straße
und Düsseldorfer Straße. Im Rahmen der vorbereitenden
Erdarbeiten stieß ein Baggerführer der ausführenden
Baufirma am Dienstag, den 28. Oktober 2008, mehrere Meter unter
dem heutigen Straßenniveau auf archäologische Funde.
Daraufhin benachrichtigte die Bauleitung umgehend die zuständigen
Denkmalschutzbehörden. Dem raschen und entgegenkommenden
Handeln ist es zu verdanken, dass ein Großteil der angetroffenen
Bodenfunde vor seiner unwiederbringlichen Zerstörung durch
die Baumaschinen dokumentiert und geborgen werden konnte.
Die noch laufenden Ausgrabungen an der Essener Straße
erbrachten bislang den Nachweis ziviler Wohn- und Wirtschaftsgebäude
aus dem 2. und 3. Jahrhundert. Vermutlich handelt es sich dabei
um die Reste von sogenannten Streifenhäusern, also langrechteckigen
und giebelständigen Fachwerkbauten, die entlang der rückwärtigen
Ausfallstraße aus dem Reiterkastell nach Walheim standen.
Die hier ansässigen Händler und kleinen Handwerksbetriebe
lebten vermutlich von den Soldaten der Garnison und den Reisenden
entlang der Fernstraße. Bislang konnten Ofenanlagen, Brunnen
und Zisternen dokumentiert werden, aus denen große Mengen
römischer Keramik geborgen werden konnten.
Die Fundstelle ist Teil der ausgedehnten römischen Zivilsiedlung
von Bad Cannstatt. Nach der Anlage eines über 3,5 Hektar
großen Reiterkastells zur Überwachung des Neckarlimes
entwickelte sich das römische Cannstatt etwa ab dem Jahr
100 n.Chr. zu einem der wichtigsten Straßenknoten in Süddeutschland.
Während der römischen Epoche unseres Landes lief durch
Cannstatt nahezu der gesamte Fernverkehr vom Rhein an die Donau.
Auch die reichen Mineralwasserquellen dürften während
der knapp zweihundert Jahre nachweisbaren antiken Besiedlung
bereits genutzt worden sein.
Erste Hinweise auf die römische Vergangenheit der Stadt
gibt es bereits seit dem 16. Jahrhundert. Auch aus dem Bereich
rings um die ehemaligen Reiterkasernen sind insbesondere zu Beginn
des 20. Jahrhunderts Funde bekannt geworden. Dennoch sind bis
heute viele Fragen zur Frühgeschichte Cannstatts offen,
da weite Bereiche des antiken Siedlungsgebietes bereits im Mittelalter überbaut
wurden und für die archäologische Erforschung nicht
mehr zur Verfügung stehen. So ist neben Fragen zur Ausdehnung
und Entwicklung der römischen Siedlung insbesondere ihr
Schicksal am Ende der Limeszeit und die frühmittelalterliche
Besiedlung nahezu völlig unbekannt. Umso wichtiger ist daher
die Möglichkeit, die wenigen verbliebenen Restflächen
zu untersuchen. Dies konnte im Rahmen der gegenwärtigen
Baumaßnahme geschehen.
Die Grabungen können in den nächsten Tagen erfolgreich
abgeschlossen werden, so dass das Bauvorhaben ohne Einschränkungen
weitergeführt werden kann. Die Archäologische Denkmalpflege
beim Regierungspräsidium Stuttgart bedankt sich schon jetzt
sehr herzlich für die Hilfsbereitschaft und Unterstützung
seitens Bauleitung und Bauträger bei der Durchführung
der Untersuchungen. |