19.4.08
Kloster Hirsau: 500 Jahre Marienkapelle
Bei der Sanierung der Marienkapelle werden historische Bibliotheksschränke
zurückgeführt
(sta) Kloster Hirsau, die berühmte Klosterruine bei Calw im Schwarzwald,
kann in diesem Jahr ein rundes Jubiläum feiern: Die gotische Marienkapelle
wird 500 Jahre alt. Derzeit laufen die Sanierungsarbeiten auf
Hochtouren. Diese Aktivitäten des zuständigen Amts Pforzheim mit
seiner Bauabteilung boten eine günstige Gelegenheit, die einmaligen
historischen Bücherschränke in die ehemalige Klosterbibliothek
zurückzuführen. In Hirsau steuert man mit diesen Sanierungs- und
Bautätigkeiten auf das Jubiläum der Marienkapelle hin, das im
Juni startet. Das Publikum kann sich auf ein Programm freuen,
das sich um die Geschichte der Kapelle und des mächtigen und bedeutenden
mittelalterlichen Klosters dreht.
Die Bibliothekschränke stammen vom Anfang des 16. Jahrhunderts.
Damals wurden zwölf Schränke für die Hirsauer Bibliothek angefertigt,
die ihren Ort fand in einem geräumigen Saal über den Gewölben
der Marienkapelle. Die Möbel sind absolute Raritäten: An kaum
einem Ort haben sich Bibliotheksschränke aus dieser Zeit erhalten!
1896 wurden Teile der Schränke überarbeitet. In den 1950er-Jahren
brachte man zwei Schränke zur Restaurierung zuerst ins Württembergische
Landesmuseum, 1992 ins Badische Generaldepot. Dabei wurden Teile
des Maßwerks und der Flachschnitzerei ergänzt. Jetzt für die Wiederaufstellung
dieser Möbel unterzogen die Restauratoren der Staatlichen Schlösser
und Gärten die kostbaren Stücke einer vorsichtigen Reinigung,
festigten und verleimten Risse und Bruchstellen und ergänzten
zurückhaltend die Fehlstellen, um das Gesamtbild zu wahren.
Für die Marienkapelle lassen sich die Spuren bis ins 11. Jahrhundert,
bis zur Weihe des Klosters 1091 zurückführen: Schon damals wurde
auch der Vorgängerbaus der Marienkapelle an gleicher Stelle geweiht.
1508, vor 500 Jahren, konnte der Grundstein für die neue Marienkapelle
gelegt werden. Der spätgotische Kapellenbau mit der Klosterbibliothek
im Obergeschoss wurde 1516 fertig gestellt - kurz bevor das Kloster
in der Reformation aufgelöst wurde. Seit den Zerstörungen im Pfälzischen
Erbfolgekrieg des 17. Jahrhunderts ist das ganze Kloster eine
romantische Ruine - nur die Marienkapelle steht noch als stolzes
gotisches Kirchengebäude.
Seit Juli 2007 läuft eine große restauratorische Sanierung der
Natursteinfassaden und Dachinstandsetzung an der Kapelle. "Diese
Gelegenheit ist jetzt absolut einmalig und auf lange Zeit die
einzige Möglichkeit" erklärt Rudolf Weisz, Projektleiter für die
Sanierung der Marienkapelle bei der Bauleitung Calw von Vermögen
und Bau Baden-Württemberg. Die ehrwürdigen Schränke wurden durch
eines der Fenster an der Südfassade gehoben. Das Zeitfenster war
eng: Denn nur für einen Tag stand ein schwerer Autokran vor der
Kapelle, mit dem die Bauleitung größere Steine an der Südfassade
versetzte. Die Aktivität der Bauverwaltung war für die Staatlichen
Schlösser und Gärten eine einmalige Gelegenheit, die großformatigen
Schränke an ihren angestammten Platz zurückzubringen - rechtzeitig
zum Jubiläum. Und bis zur Feier des 500-jährigen Jubiläums in
einem Festakt am 29.Juni wird auch der Bibliotheksraum noch vorsichtig
denkmalpflegerisch gerichtet, verspricht die Calwer Bauleitung.
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