18.11.08
Aus der Vergangenheit in die Zukunft - Neue Wege für Denkmalschutz
und Denkmalpflege: 150 Jahre staatliche Denkmalpflege in Württemberg
(rps) Am Sonntag, den 16. November 2008, veranstaltete das Landesamt
für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart
einen Festakt zum Jubiläum „150 Jahre staatliche Denkmalpflege
in Württemberg“. In diesem Rahmen führte die
Denkmalstiftung Baden-Württemberg eine Preisverleihung durch,
in der sie vorbildliche private Initiativen auf dem Gebiet der
Denkmalpflege auszeichnete. Daran schloss sich der Festvortrag über
den ersten staatlichen Denkmalpfleger Württembergs Konrad
Hassler sowie Vorträge zu aktuellen Schwerpunkten und Perspektiven
der Landesdenkmalpflege an. Fachkundige Führungen zu interessanten
Stätten in und um das Ulmer Münster ermöglichten
einen Einblick in die praktische Seite der Denkmalpflege.
Zentraler Auftrag und Ziel der staatlichen Denkmalpflege sind
die Erforschung, Erhaltung und Vermittlung von Kulturdenkmalen
als Teil unseres Kulturerbes in Baden-Württemberg. Wie sich
dies in der Vergangenheit gestaltet hat und vor welchen aktuellen
Herausforderungen sich die Denkmalpflege gestellt sieht, stand
im Mittelpunkt der ganztägigen Veranstaltung.
Der Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege im
Regierungspräsidium Stuttgart, Prof. Dr. Dieter Planck,
eröffnete den Festakt zur 150-Jahr-Feier der staatlichen
Denkmalpflege in Württemberg. In seiner Begrüßungsansprache
betonte er die landespolitische Bedeutung der Denkmalpflege und
appellierte an die Landesregierung, die finanziellen Rahmenbedingungen
der Denkmalpflege auch in naher Zukunft zu erhalten.
Nach der Festansprache von Richard Drautz, Staatssekretär
im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, zeichnete die
Denkmalstiftung Baden-Württemberg drei vorbildliche private
Initiativen auf dem Gebiet der Denkmalpflege aus:
- den Justinus-Kerner-Verein und Frauenverein e.V. aus Weinsberg
für sein Engagement für das Kernerhaus, das sog. Alexanderhäusle,
das Justinus-Kerner-Denkmal und vor allem die Burgruine „Weibertreu“,
- den Bürgerverein Kelter Linsenhofen e.V. aus Frickenhausen-Linsenhofen
für die Instandsetzung der Kelter in Linsenhofen und
- den Verein zur Erhaltung der Hofanlage Milz e.V. für die
Instandsetzung der Hofanlage Milz in Kressbronn-Retterschen.
Mit der Einsetzung von Konrad Dietrich Haßler am 14. Mai
1858 als erster staatlicher Konservator Württembergs wurde
die staatliche Denkmalpflege als Institution begründet.
Dr. Frank Raberg aus Neresheim stellte in seinem Festvortrag
die Person Konrad Dietrich Haßlers und deren Bedeutung
für die Entwicklung der frühen Denkmalpflege vor. Haßler
hatte bereits vor seiner Ernennung zum Konservator durch die
Entdeckung und Ausgrabung eines alemannischen Gräberfeldes
im Bahnhofsgelände von Ulm Erfahrungen mit der Denkmalpflege
sammeln können. Maßgeblich wirkte er außerdem
an der Planung und Vollendung des Ulmer Münsters mit, in
der sich die Wiederentdeckung und Neubewertung der mittelalterlichen
Baukunst manifestierte.
Es folgten drei Vorträge aus den Fachbereichen Inventarisation,
Bau- und Kunstdenkmalpflege und Archäologische Denkmalpflege
der jeweiligen Referatsleiter des Landesamtes für Denkmalpflege.
„Das Erfassen, Erforschen und Dokumentieren der Denkmale
ist Grundlage jeder Denkmalpflege“, erläuterte Dr.
Ulrike Plate, „die Veröffentlichung dieses Wissens
ist zentraler Auftrag für die Vermittlung der Anliegen der
Denkmalpflege.“ War dies 1858 noch selbstverständlicher
Bestandteil des gesetzlichen Auftrags, ist dies heute nur noch
schwer als zentrale Aufgabe von Denkmalschutz und Denkmalpflege
zu vermitteln. In ihrem Vortrag beleuchtete sie die Ursachen
hierfür, zeigte die Konsequenzen für die Wahrnehmung
und das Selbstverständnis von Denkmalpflege auf und entwickelte
Perspektiven für die Zukunft.
Die staatliche Denkmalpflege steht im Verhältnis zu gesamtgesellschaftlichen
Prozessen. Die Bau- und Kunstdenkmalpflege wurde durch den Strukturwandel
der letzten zwei Jahrzehnte inhaltlich, strukturell und finanziell
zunehmend in Bedrängnis gebracht. Prof. Dr. Michael Goer
erläuterte, wie zukünftig der gesellschaftliche Auftrag,
Kulturdenkmale zu pflegen und zu erhalten, wahrgenommen werden
könnte.
Die archäologische Denkmalpflege kann in Baden-Württemberg
auf eine sehr lange und erfolgreiche Tradition zurückblicken.
Einige der bedeutendsten archäologischen Fundstätten
Mitteleuropas, etwa die altsteinzeitlichen Höhlen im Aach-
und Lonetal, die Pfahlbausiedlungen am Bodensee, die weltberühmten
frühkeltischen Fundstätten Heuneburg und Hochdorf,
römische Monumente des obergermanisch-rätischen Limes
oder so bedeutende frühmittelalterliche Fundkomplexe wie
Oberflacht, Trossingen oder Lauchheim liegen im Ländle.
Dr. Dirk Krauße vermittelte einen Einblick in die Konzepte,
Schwerpunkte und Ergebnisse der Landesarchäologie während
der zurückliegenden Jahrzehnte, die den herausragenden Ruf
der württembergischen Archäologie im In- und Ausland
begründeten. Anschließend wies er Wege aus der Krise
auf, in der sich die Archäologische Denkmalpflege in Baden-Württemberg
seit einigen Jahren befindet.
Zum Abschluss bestand die Möglichkeit zur Teilnahme an
vier fachkundigen Führungen zur Baudenkmalpflege an Ulmer
Bürgerhäusern, in die Münsterbauhütte, zur
Instandsetzung und Restaurierung am Ulmer Münster sowie
zur Stadtarchäologie Ulm. |