18.1.08
Schloss Bruchsal: Wiederherstellung der Beletage
Ein Kommentar von Landeskunde online
Natürlich wird man hellhörig, angesichts der Rekonstruktionseuphorie
um den Heidelberger Hortus Palatinus, wenn hier Verlorenes rekonstruiert
werden soll. Und die Stimmen, die uns fragten "Wo wart ihr,
als das Bruchsaler Schloss wieder aufgebaut wurde?", die
waren da.
Der Fall um Bruchsal liegt völlig anders. Das Schloss, Herzstück
der Stadt Bruchsal und Bezugspunkt der Bruchsal-Speyerer Geschichte,
wurde 1945 zerstört und 1960 - 1975 wieder aufgebaut. Treppenhaus,
Marmor- und Fürstensaal erstanden neu, Schlosskirche und
Seitentrakte wurden nur in den äußeren Formen, inden
Fassaden rekonstruiert.
Zu einem Barockschloss gehört aber zwingenderweise mehr
als der Festsaal. Das zeigt bereits das wieder erstandene Mannheimer
Schloss, dessen Bel Etage seit der Wiedereröffnung ein wahrer
Besuchermagnet geworden ist. Das Herz eines Barockschlosses schlug
eben nicht nur im Festsaal, sondern auch in den anschließenden
Appartements. Und die wurden nach 1960 für einen damals absehbaren
Ausstellungsbetrieb hergerichtet - groß, kahl, ohne Rücksicht
auf die historische Vorlage.
Bruchsal ist vollständig dokumentiert. Noch in den letzen
Tagen seiner Existenz ging der Fotograf durch die Räume und
nahm Bilder auf vom damaligen Zustand, ehe das Schloss aus Sicherheitsgründen
leergeräumt wurde. Sogar Farbaufnahmen - technische Errungenschaft
ihrer Zeit - sind dabei. Und die gesamte Einrichtung ist erhalten
und ruht im Karlsruher Depot. Angefangen mit 34 Tapisserien (Mannheim
hatte "nur" 21), die zum Feinsten gehören, was
Deutschland zu bieten hat.
So wäre also die Rekonstruktion der historischen Raumstruktur
nichts anderes als die Errichtung der historischen Hülle
für die museale Präsentation der authentischen Einrichtung.
Das ist auf alle Fälle wünschenswert.
In Mannheim wurde auf die Rekonstruktion der sogenannten "wandfesten"
Ausstattung verzichtet. Graues Holz, moderne Türklinken -
so mancher stört sich daran. Aber es ist korrekt. In Bruchsal
soll indessen in einem weiteren Bauabschnitt auch der Stuck und
der übrige Wandschmuck der Räume rekonstruiert werden.
Wir geben zu, dass uns das ein wenig Bauchschmerzen bereitet.
Aber es gibt der authentisch erhaltenen Ausstattung einen durchaus
angemessenen Rahmen. Und die Wiederherstellung beruht auf einer
geradezu optimalen Dokumentation.
Also bitte - keine Parallele zum Hortus Palatinus.
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